Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.Zweite Abtheilung. Sagt dreist, du seyst nichts als ein Kaufmannssohn,Der Summen seinem Vater frech entwandte; Der spricht noch dreister, du seyst glücklicher Corsar, der, was er raubte, leicht verschwendet. Andalosia. Die Jämmerlichen! Niedrig erst zu schmeicheln, Und hinterrücks mit bösem Wort zu morden! Agrippina. Nein, zürne nicht, du bleibst doch der du bist, Und wollte dich die ganze Welt verkennen, Nur daß es mich im tiefsten Herzen kränkt Ist wohl begreiflich; liebt' ich dich denn sonst? Ich weiß, du bist aus niedrem Stamme nicht, Nicht Raub und Mord gab deine Schätze dir, Doch mir zu zeigen, daß du wahrhaft liebst, Daß ich und du im Herzen eins nur sind, Entdecke mir wahrhaftig, woher dir Des Goldes Fülle mehr als Köngen ward. Andalosia. Ich glaubte, größ're Prüfung zu bestehn: Doch wenn ich nun dir wahrhaft Antwort gebe -- Agrippina. Nimm diesen Kuß als stilles Unterpfand, Daß wenn du nicht mit mir argwöhnisch zauderst, Ich jeden Argwohn lasse: -- komm zu Nacht! Andalosia. Nie wird des Goldes Fülle mir ermangeln, So lang' ich diesen Zaubersäckel habe, Der sich von meinem Vater mir vererbte. Agrippina. Wie? diese Tasche, alt und unansehnlich? Gieb her, daß ich sie näher mir betrachte. Zweite Abtheilung. Sagt dreiſt, du ſeyſt nichts als ein Kaufmannsſohn,Der Summen ſeinem Vater frech entwandte; Der ſpricht noch dreiſter, du ſeyſt gluͤcklicher Corſar, der, was er raubte, leicht verſchwendet. Andaloſia. Die Jaͤmmerlichen! Niedrig erſt zu ſchmeicheln, Und hinterruͤcks mit boͤſem Wort zu morden! Agrippina. Nein, zuͤrne nicht, du bleibſt doch der du biſt, Und wollte dich die ganze Welt verkennen, Nur daß es mich im tiefſten Herzen kraͤnkt Iſt wohl begreiflich; liebt' ich dich denn ſonſt? Ich weiß, du biſt aus niedrem Stamme nicht, Nicht Raub und Mord gab deine Schaͤtze dir, Doch mir zu zeigen, daß du wahrhaft liebſt, Daß ich und du im Herzen eins nur ſind, Entdecke mir wahrhaftig, woher dir Des Goldes Fuͤlle mehr als Koͤngen ward. Andaloſia. Ich glaubte, groͤß're Pruͤfung zu beſtehn: Doch wenn ich nun dir wahrhaft Antwort gebe — Agrippina. Nimm dieſen Kuß als ſtilles Unterpfand, Daß wenn du nicht mit mir argwoͤhniſch zauderſt, Ich jeden Argwohn laſſe: — komm zu Nacht! Andaloſia. Nie wird des Goldes Fuͤlle mir ermangeln, So lang' ich dieſen Zauberſaͤckel habe, Der ſich von meinem Vater mir vererbte. Agrippina. Wie? dieſe Taſche, alt und unanſehnlich? Gieb her, daß ich ſie naͤher mir betrachte. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <sp who="#Agrippina"> <p><pb facs="#f0320" n="310"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweite Abtheilung</hi>.</fw><lb/> Sagt dreiſt, du ſeyſt nichts als ein Kaufmannsſohn,<lb/> Der Summen ſeinem Vater frech entwandte;<lb/> Der ſpricht noch dreiſter, du ſeyſt gluͤcklicher<lb/> Corſar, der, was er raubte, leicht verſchwendet.</p> </sp><lb/> <sp who="#Andaloſia"> <speaker><hi rendition="#g">Andaloſia</hi>.</speaker><lb/> <p>Die Jaͤmmerlichen! Niedrig erſt zu ſchmeicheln,<lb/> Und hinterruͤcks mit boͤſem Wort zu morden!</p> </sp><lb/> <sp who="#Agrippina"> <speaker><hi rendition="#g">Agrippina</hi>.</speaker><lb/> <p>Nein, zuͤrne nicht, du bleibſt doch der du biſt,<lb/> Und wollte dich die ganze Welt verkennen,<lb/> Nur daß es mich im tiefſten Herzen kraͤnkt<lb/> Iſt wohl begreiflich; liebt' ich dich denn ſonſt?<lb/> Ich weiß, du biſt aus niedrem Stamme nicht,<lb/> Nicht Raub und Mord gab deine Schaͤtze dir,<lb/> Doch mir zu zeigen, daß du wahrhaft liebſt,<lb/> Daß ich und du im Herzen eins nur ſind,<lb/> Entdecke mir wahrhaftig, woher dir<lb/> Des Goldes Fuͤlle mehr als Koͤngen ward.</p> </sp><lb/> <sp who="#Andaloſia"> <speaker><hi rendition="#g">Andaloſia</hi>.</speaker><lb/> <p>Ich glaubte, groͤß're Pruͤfung zu beſtehn:<lb/> Doch wenn ich nun dir wahrhaft Antwort gebe —</p> </sp><lb/> <sp who="#Agrippina"> <speaker><hi rendition="#g">Agrippina</hi>.</speaker><lb/> <p>Nimm dieſen Kuß als ſtilles Unterpfand,<lb/> Daß wenn du nicht mit mir argwoͤhniſch zauderſt,<lb/> Ich jeden Argwohn laſſe: — komm zu Nacht!</p> </sp><lb/> <sp who="#Andaloſia"> <speaker><hi rendition="#g">Andaloſia</hi>.</speaker><lb/> <p>Nie wird des Goldes Fuͤlle mir ermangeln,<lb/> So lang' ich dieſen Zauberſaͤckel habe,<lb/> Der ſich von meinem Vater mir vererbte.</p> </sp><lb/> <sp who="#Agrippina"> <speaker><hi rendition="#g">Agrippina</hi>.</speaker><lb/> <p>Wie? dieſe Taſche, alt und unanſehnlich?<lb/> Gieb her, daß ich ſie naͤher mir betrachte.</p> </sp><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [310/0320]
Zweite Abtheilung.
Sagt dreiſt, du ſeyſt nichts als ein Kaufmannsſohn,
Der Summen ſeinem Vater frech entwandte;
Der ſpricht noch dreiſter, du ſeyſt gluͤcklicher
Corſar, der, was er raubte, leicht verſchwendet.
Andaloſia.
Die Jaͤmmerlichen! Niedrig erſt zu ſchmeicheln,
Und hinterruͤcks mit boͤſem Wort zu morden!
Agrippina.
Nein, zuͤrne nicht, du bleibſt doch der du biſt,
Und wollte dich die ganze Welt verkennen,
Nur daß es mich im tiefſten Herzen kraͤnkt
Iſt wohl begreiflich; liebt' ich dich denn ſonſt?
Ich weiß, du biſt aus niedrem Stamme nicht,
Nicht Raub und Mord gab deine Schaͤtze dir,
Doch mir zu zeigen, daß du wahrhaft liebſt,
Daß ich und du im Herzen eins nur ſind,
Entdecke mir wahrhaftig, woher dir
Des Goldes Fuͤlle mehr als Koͤngen ward.
Andaloſia.
Ich glaubte, groͤß're Pruͤfung zu beſtehn:
Doch wenn ich nun dir wahrhaft Antwort gebe —
Agrippina.
Nimm dieſen Kuß als ſtilles Unterpfand,
Daß wenn du nicht mit mir argwoͤhniſch zauderſt,
Ich jeden Argwohn laſſe: — komm zu Nacht!
Andaloſia.
Nie wird des Goldes Fuͤlle mir ermangeln,
So lang' ich dieſen Zauberſaͤckel habe,
Der ſich von meinem Vater mir vererbte.
Agrippina.
Wie? dieſe Taſche, alt und unanſehnlich?
Gieb her, daß ich ſie naͤher mir betrachte.
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