Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.Zweite Abtheilung. Ja einen einzigen Gedanken, ihmEntgegen doch zu denken und zu athmen! Stets sah' ich seine Lieb' und Sorg' um mich, Sein unbegränzt Vertraun; wenn Weisheit jezt Ihn treibt, mir diese Richtung vorzuschreiben, So zeig' ihm ohne Murren mein Ergeben Wie sehr ich ihn verehr' und mehr noch liebe. Alice. Nun ja, Ihr seyd das Muster einer Frau, Und er ein weiser, kluger Ehemann; Allein die Frau hat denn ihr Recht doch auch, Und das muß nicht der gnäd'ge Herr vergessen Daß er so viel in Jahren Euch voraus. Lady Old. Nicht einen Laut mehr, soll'n wir Freunde bleiben! Zu spät erfahr' ich, daß man jedes Wort Mit seiner Dienerschaft bewachen muß. Alice. O nur nicht zürnen, schönste gnäd'ge Frau, Ich bitt' Euch ab, ich habe Unrecht, ja, Bestraft mich auch, nur nicht mit Eurem Groll. -- Wo ist denn unser lieber gnäd'ger Herr? Lady Old. Ein Florentiner kam ihn abzuholen Zum Mittagsessen nach der Lombard-Straße, Der will ihm auch kostbare Steine zeigen, Die dann vielleicht der König an sich kauft, Den Schmuck noch zu verschönern, den mein Herr Nach Burgund bringen soll, wie Du es weißt. Zweite Abtheilung. Ja einen einzigen Gedanken, ihmEntgegen doch zu denken und zu athmen! Stets ſah' ich ſeine Lieb' und Sorg' um mich, Sein unbegraͤnzt Vertraun; wenn Weisheit jezt Ihn treibt, mir dieſe Richtung vorzuſchreiben, So zeig' ihm ohne Murren mein Ergeben Wie ſehr ich ihn verehr' und mehr noch liebe. Alice. Nun ja, Ihr ſeyd das Muſter einer Frau, Und er ein weiſer, kluger Ehemann; Allein die Frau hat denn ihr Recht doch auch, Und das muß nicht der gnaͤd'ge Herr vergeſſen Daß er ſo viel in Jahren Euch voraus. Lady Old. Nicht einen Laut mehr, ſoll'n wir Freunde bleiben! Zu ſpaͤt erfahr' ich, daß man jedes Wort Mit ſeiner Dienerſchaft bewachen muß. Alice. O nur nicht zuͤrnen, ſchoͤnſte gnaͤd'ge Frau, Ich bitt' Euch ab, ich habe Unrecht, ja, Beſtraft mich auch, nur nicht mit Eurem Groll. — Wo iſt denn unſer lieber gnaͤd'ger Herr? Lady Old. Ein Florentiner kam ihn abzuholen Zum Mittagseſſen nach der Lombard-Straße, Der will ihm auch koſtbare Steine zeigen, Die dann vielleicht der Koͤnig an ſich kauft, Den Schmuck noch zu verſchoͤnern, den mein Herr Nach Burgund bringen ſoll, wie Du es weißt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <sp who="#Lady Old"> <p><pb facs="#f0096" n="86"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweite Abtheilung</hi>.</fw><lb/> Ja einen einzigen Gedanken, ihm<lb/> Entgegen doch zu denken und zu athmen!<lb/> Stets ſah' ich ſeine Lieb' und Sorg' um mich,<lb/> Sein unbegraͤnzt Vertraun; wenn Weisheit jezt<lb/> Ihn treibt, mir dieſe Richtung vorzuſchreiben,<lb/> So zeig' ihm ohne Murren mein Ergeben<lb/> Wie ſehr ich ihn verehr' und mehr noch liebe.</p> </sp><lb/> <sp who="#Alice"> <speaker><hi rendition="#g">Alice</hi>.</speaker><lb/> <p>Nun ja, Ihr ſeyd das Muſter einer Frau,<lb/> Und er ein weiſer, kluger Ehemann;<lb/> Allein die Frau hat denn ihr Recht doch auch,<lb/> Und das muß nicht der gnaͤd'ge Herr vergeſſen<lb/> Daß er ſo viel in Jahren Euch voraus.</p> </sp><lb/> <sp who="#Lady Old"> <speaker><hi rendition="#g">Lady Old</hi>.</speaker><lb/> <p>Nicht einen Laut mehr, ſoll'n wir Freunde<lb/><hi rendition="#et">bleiben!</hi><lb/> Zu ſpaͤt erfahr' ich, daß man jedes Wort<lb/> Mit ſeiner Dienerſchaft bewachen muß.</p> </sp><lb/> <sp who="#Alice"> <speaker><hi rendition="#g">Alice</hi>.</speaker><lb/> <p>O nur nicht zuͤrnen, ſchoͤnſte gnaͤd'ge Frau,<lb/> Ich bitt' Euch ab, ich habe Unrecht, ja,<lb/> Beſtraft mich auch, nur nicht mit Eurem Groll. —<lb/> Wo iſt denn unſer lieber gnaͤd'ger Herr?</p> </sp><lb/> <sp who="#Lady Old"> <speaker><hi rendition="#g">Lady Old</hi>.</speaker><lb/> <p>Ein Florentiner kam ihn abzuholen<lb/> Zum Mittagseſſen nach der Lombard-Straße,<lb/> Der will ihm auch koſtbare Steine zeigen,<lb/> Die dann vielleicht der Koͤnig an ſich kauft,<lb/> Den Schmuck noch zu verſchoͤnern, den mein Herr<lb/> Nach Burgund bringen ſoll, wie Du es weißt.</p><lb/> </sp> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [86/0096]
Zweite Abtheilung.
Ja einen einzigen Gedanken, ihm
Entgegen doch zu denken und zu athmen!
Stets ſah' ich ſeine Lieb' und Sorg' um mich,
Sein unbegraͤnzt Vertraun; wenn Weisheit jezt
Ihn treibt, mir dieſe Richtung vorzuſchreiben,
So zeig' ihm ohne Murren mein Ergeben
Wie ſehr ich ihn verehr' und mehr noch liebe.
Alice.
Nun ja, Ihr ſeyd das Muſter einer Frau,
Und er ein weiſer, kluger Ehemann;
Allein die Frau hat denn ihr Recht doch auch,
Und das muß nicht der gnaͤd'ge Herr vergeſſen
Daß er ſo viel in Jahren Euch voraus.
Lady Old.
Nicht einen Laut mehr, ſoll'n wir Freunde
bleiben!
Zu ſpaͤt erfahr' ich, daß man jedes Wort
Mit ſeiner Dienerſchaft bewachen muß.
Alice.
O nur nicht zuͤrnen, ſchoͤnſte gnaͤd'ge Frau,
Ich bitt' Euch ab, ich habe Unrecht, ja,
Beſtraft mich auch, nur nicht mit Eurem Groll. —
Wo iſt denn unſer lieber gnaͤd'ger Herr?
Lady Old.
Ein Florentiner kam ihn abzuholen
Zum Mittagseſſen nach der Lombard-Straße,
Der will ihm auch koſtbare Steine zeigen,
Die dann vielleicht der Koͤnig an ſich kauft,
Den Schmuck noch zu verſchoͤnern, den mein Herr
Nach Burgund bringen ſoll, wie Du es weißt.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |