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Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798.

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Wenn ich dies erleben kann, und beständig
neue Bilder sehn, und lernen, und die
Meister hören; wenn ich durch ungekannte
Gegenden mit feilchem Herzen streifen kann,
so mag ich keines ruhigen Lebens genießen.
Tausend Stimmen rufen mir herzstärkend
aus der Ferne zu, die ziehenden Vögel die
über meinem Haupte wegfliegen, scheinen
mir Bothen aus der Ferne, alle Wolken er¬
innern mich an meine Reise, jeder Gedanke,
jeder Pulsschlag treibt mich vorwärts, wie
könnt' ich da wohl in meinen jungen Jah¬
ren ruhig hier sitzen und den Wachsthum
des Getraides abwarten, die Einzäunung
des Gartens besorgen und Rüben pflanzen!
Nein, laßt mir meinen Sinn, ich bitte Euch
darum und redet mir nicht weiter zu, denn
Ihr quält mich nur damit.

Nun so magst Du es haben, sagte Bri¬
gitte in halben Unwillen, aber ich weiß daß

Wenn ich dies erleben kann, und beſtändig
neue Bilder ſehn, und lernen, und die
Meiſter hören; wenn ich durch ungekannte
Gegenden mit feilchem Herzen ſtreifen kann,
ſo mag ich keines ruhigen Lebens genießen.
Tauſend Stimmen rufen mir herzſtärkend
aus der Ferne zu, die ziehenden Vögel die
über meinem Haupte wegfliegen, ſcheinen
mir Bothen aus der Ferne, alle Wolken er¬
innern mich an meine Reiſe, jeder Gedanke,
jeder Pulsſchlag treibt mich vorwärts, wie
könnt' ich da wohl in meinen jungen Jah¬
ren ruhig hier ſitzen und den Wachsthum
des Getraides abwarten, die Einzäunung
des Gartens beſorgen und Rüben pflanzen!
Nein, laßt mir meinen Sinn, ich bitte Euch
darum und redet mir nicht weiter zu, denn
Ihr quält mich nur damit.

Nun ſo magſt Du es haben, ſagte Bri¬
gitte in halben Unwillen, aber ich weiß daß

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[95/0106] Wenn ich dies erleben kann, und beſtändig neue Bilder ſehn, und lernen, und die Meiſter hören; wenn ich durch ungekannte Gegenden mit feilchem Herzen ſtreifen kann, ſo mag ich keines ruhigen Lebens genießen. Tauſend Stimmen rufen mir herzſtärkend aus der Ferne zu, die ziehenden Vögel die über meinem Haupte wegfliegen, ſcheinen mir Bothen aus der Ferne, alle Wolken er¬ innern mich an meine Reiſe, jeder Gedanke, jeder Pulsſchlag treibt mich vorwärts, wie könnt' ich da wohl in meinen jungen Jah¬ ren ruhig hier ſitzen und den Wachsthum des Getraides abwarten, die Einzäunung des Gartens beſorgen und Rüben pflanzen! Nein, laßt mir meinen Sinn, ich bitte Euch darum und redet mir nicht weiter zu, denn Ihr quält mich nur damit. Nun ſo magſt Du es haben, ſagte Bri¬ gitte in halben Unwillen, aber ich weiß daß

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/106>, abgerufen am 23.11.2024.