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Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798.

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und küßte; die Wandrer gingen vorbei ohne
nach ihm umzusehn. Franz fühlte sein Herz
heftig schlagen, der Schweiß floß ihm die
Stirn hinab, er war so froh als wenn er
die Tafel erst jetzt zum erstenmahl gefunden
hätte; es rührte ihn innig, daß sie beinah
für ihn verlohren gewesen sey. Die beiden
Wandrer waren ihm jetzt beinahe schon aus
den Augen verschwunden, er beschloß nun
unter diesem Baume, der ihm so lieb ge¬
worden war, zu ruhen, bis die Mittagshitze
vorüber seyn würde.

Ohne daß er bemerkte schlief er nach
und nach ein; die Stille, das liebliche Ge¬
räusch der Blätter, ein Gewässer in der
Entfernung, luden ihn dazu. Er hörte
alles noch leise in seinen Schlummer hinein,
und ihm dünkte als wenn er über eine Wie¬
se ginge auf der fremde Blumen standen, die
er bis dahin noch nie gesehn hatte. Unter

und küßte; die Wandrer gingen vorbei ohne
nach ihm umzuſehn. Franz fühlte ſein Herz
heftig ſchlagen, der Schweiß floß ihm die
Stirn hinab, er war ſo froh als wenn er
die Tafel erſt jetzt zum erſtenmahl gefunden
hätte; es rührte ihn innig, daß ſie beinah
für ihn verlohren geweſen ſey. Die beiden
Wandrer waren ihm jetzt beinahe ſchon aus
den Augen verſchwunden, er beſchloß nun
unter dieſem Baume, der ihm ſo lieb ge¬
worden war, zu ruhen, bis die Mittagshitze
vorüber ſeyn würde.

Ohne daß er bemerkte ſchlief er nach
und nach ein; die Stille, das liebliche Ge¬
räuſch der Blätter, ein Gewäſſer in der
Entfernung, luden ihn dazu. Er hörte
alles noch leiſe in ſeinen Schlummer hinein,
und ihm dünkte als wenn er über eine Wie¬
ſe ginge auf der fremde Blumen ſtanden, die
er bis dahin noch nie geſehn hatte. Unter

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[169/0180] und küßte; die Wandrer gingen vorbei ohne nach ihm umzuſehn. Franz fühlte ſein Herz heftig ſchlagen, der Schweiß floß ihm die Stirn hinab, er war ſo froh als wenn er die Tafel erſt jetzt zum erſtenmahl gefunden hätte; es rührte ihn innig, daß ſie beinah für ihn verlohren geweſen ſey. Die beiden Wandrer waren ihm jetzt beinahe ſchon aus den Augen verſchwunden, er beſchloß nun unter dieſem Baume, der ihm ſo lieb ge¬ worden war, zu ruhen, bis die Mittagshitze vorüber ſeyn würde. Ohne daß er bemerkte ſchlief er nach und nach ein; die Stille, das liebliche Ge¬ räuſch der Blätter, ein Gewäſſer in der Entfernung, luden ihn dazu. Er hörte alles noch leiſe in ſeinen Schlummer hinein, und ihm dünkte als wenn er über eine Wie¬ ſe ginge auf der fremde Blumen ſtanden, die er bis dahin noch nie geſehn hatte. Unter

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/180>, abgerufen am 18.12.2024.