Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

er nahe vor dem Thore, und sah die Leute
aus und eingehn, als er das fremde Ta¬
schenbuch vermißte, und merkte, daß er es
beim Aufstehn unter dem Baume hatte lie¬
gen lassen; er erschrak heftig, und ging
mit noch schnellern Schritten zurück. Der
Baum war so weit entfernt, daß er ihn
jetzt nicht mit den Augen wiederfinden konn¬
te, er lief sich ausser Athem. Endlich ent¬
deckte er ihn wieder ganz in der Ferne,
aber zugleich bemerkte er zwei Wandersleu¬
te die nach derselben Stelle zu gehen schie¬
nen. Seine Angst, daß sie den Baum frü¬
her als er erreichen möchten, ist nicht zu be¬
schreiben, er war überzeugt daß sie ihm das
Taschenbuch nimmermehr zurückgeben wür¬
den wenn sie es finden sollten. Endlich kam
er an; die Schreibtafel lag noch im Grase,
er hob sie eilig auf, und warf sich nieder
unter den Baum, indem er sie betrachtete

er nahe vor dem Thore, und ſah die Leute
aus und eingehn, als er das fremde Ta¬
ſchenbuch vermißte, und merkte, daß er es
beim Aufſtehn unter dem Baume hatte lie¬
gen laſſen; er erſchrak heftig, und ging
mit noch ſchnellern Schritten zurück. Der
Baum war ſo weit entfernt, daß er ihn
jetzt nicht mit den Augen wiederfinden konn¬
te, er lief ſich auſſer Athem. Endlich ent¬
deckte er ihn wieder ganz in der Ferne,
aber zugleich bemerkte er zwei Wandersleu¬
te die nach derſelben Stelle zu gehen ſchie¬
nen. Seine Angſt, daß ſie den Baum frü¬
her als er erreichen möchten, iſt nicht zu be¬
ſchreiben, er war überzeugt daß ſie ihm das
Taſchenbuch nimmermehr zurückgeben wür¬
den wenn ſie es finden ſollten. Endlich kam
er an; die Schreibtafel lag noch im Graſe,
er hob ſie eilig auf, und warf ſich nieder
unter den Baum, indem er ſie betrachtete

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0179" n="168"/>
er nahe vor dem Thore, und &#x017F;ah die Leute<lb/>
aus und eingehn, als er das fremde Ta¬<lb/>
&#x017F;chenbuch vermißte, und merkte, daß er es<lb/>
beim Auf&#x017F;tehn unter dem Baume hatte lie¬<lb/>
gen la&#x017F;&#x017F;en; er er&#x017F;chrak heftig, und ging<lb/>
mit noch &#x017F;chnellern Schritten zurück. Der<lb/>
Baum war &#x017F;o weit entfernt, daß er ihn<lb/>
jetzt nicht mit den Augen wiederfinden konn¬<lb/>
te, er lief &#x017F;ich au&#x017F;&#x017F;er Athem. Endlich ent¬<lb/>
deckte er ihn wieder ganz in der Ferne,<lb/>
aber zugleich bemerkte er zwei Wandersleu¬<lb/>
te die nach der&#x017F;elben Stelle zu gehen &#x017F;chie¬<lb/>
nen. Seine Ang&#x017F;t, daß &#x017F;ie den Baum frü¬<lb/>
her als er erreichen möchten, i&#x017F;t nicht zu be¬<lb/>
&#x017F;chreiben, er war überzeugt daß &#x017F;ie ihm das<lb/>
Ta&#x017F;chenbuch nimmermehr zurückgeben wür¬<lb/>
den wenn &#x017F;ie es finden &#x017F;ollten. Endlich kam<lb/>
er an; die Schreibtafel lag noch im Gra&#x017F;e,<lb/>
er hob &#x017F;ie eilig auf, und warf &#x017F;ich nieder<lb/>
unter den Baum, indem er &#x017F;ie betrachtete<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[168/0179] er nahe vor dem Thore, und ſah die Leute aus und eingehn, als er das fremde Ta¬ ſchenbuch vermißte, und merkte, daß er es beim Aufſtehn unter dem Baume hatte lie¬ gen laſſen; er erſchrak heftig, und ging mit noch ſchnellern Schritten zurück. Der Baum war ſo weit entfernt, daß er ihn jetzt nicht mit den Augen wiederfinden konn¬ te, er lief ſich auſſer Athem. Endlich ent¬ deckte er ihn wieder ganz in der Ferne, aber zugleich bemerkte er zwei Wandersleu¬ te die nach derſelben Stelle zu gehen ſchie¬ nen. Seine Angſt, daß ſie den Baum frü¬ her als er erreichen möchten, iſt nicht zu be¬ ſchreiben, er war überzeugt daß ſie ihm das Taſchenbuch nimmermehr zurückgeben wür¬ den wenn ſie es finden ſollten. Endlich kam er an; die Schreibtafel lag noch im Graſe, er hob ſie eilig auf, und warf ſich nieder unter den Baum, indem er ſie betrachtete

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/179
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/179>, abgerufen am 15.05.2024.