Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

Franz war immer gerührt, wenn von sei¬
nem Lehrer die Rede war; aber das Lob,
diese Verehrung seines Meisters aus dem
Munde eines andern großen Künstlers setz¬
te sein Herz in die gewalsamste Bewegung.
Er drückte Lukas Hand, und sagte mit
Thränen: Glaubt mir, Meister, ich habe
mich vom ersten Tage glücklich geschätzt, da
ich Dürers Haus betrat.

Es ist eine seltsame Sache mit dem Flei¬
ße, fuhr Lukas fort, so treibt es auch mich
Tag und Nacht zur Arbeit, so daß mich
manchmal jede Stunde, ja jede Minute ge¬
reut, die ich nicht in dieser Stube zubringen
darf. Von Jugend auf ist es so mit mir
gewesen, und ich habe auch nie an Spielen,
Erzählungen, oder dergleichen zeitvertreiben¬
den Dingen Gefallen gefunden. Ein neues
Bild liegt mir manchmal so sehr im Sinne,
daß ich davor nicht schlafen kann. Ich

Franz war immer gerührt, wenn von ſei¬
nem Lehrer die Rede war; aber das Lob,
dieſe Verehrung ſeines Meiſters aus dem
Munde eines andern großen Künſtlers ſetz¬
te ſein Herz in die gewalſamſte Bewegung.
Er drückte Lukas Hand, und ſagte mit
Thränen: Glaubt mir, Meiſter, ich habe
mich vom erſten Tage glücklich geſchätzt, da
ich Dürers Haus betrat.

Es iſt eine ſeltſame Sache mit dem Flei¬
ße, fuhr Lukas fort, ſo treibt es auch mich
Tag und Nacht zur Arbeit, ſo daß mich
manchmal jede Stunde, ja jede Minute ge¬
reut, die ich nicht in dieſer Stube zubringen
darf. Von Jugend auf iſt es ſo mit mir
geweſen, und ich habe auch nie an Spielen,
Erzählungen, oder dergleichen zeitvertreiben¬
den Dingen Gefallen gefunden. Ein neues
Bild liegt mir manchmal ſo ſehr im Sinne,
daß ich davor nicht ſchlafen kann. Ich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0193" n="182"/>
            <p>Franz war immer gerührt, wenn von &#x017F;ei¬<lb/>
nem Lehrer die Rede war; aber das Lob,<lb/>
die&#x017F;e Verehrung &#x017F;eines Mei&#x017F;ters aus dem<lb/>
Munde eines andern großen Kün&#x017F;tlers &#x017F;etz¬<lb/>
te &#x017F;ein Herz in die gewal&#x017F;am&#x017F;te Bewegung.<lb/>
Er drückte Lukas Hand, und &#x017F;agte mit<lb/>
Thränen: Glaubt mir, Mei&#x017F;ter, ich habe<lb/>
mich vom er&#x017F;ten Tage glücklich ge&#x017F;chätzt, da<lb/>
ich Dürers Haus betrat.</p><lb/>
            <p>Es i&#x017F;t eine &#x017F;elt&#x017F;ame Sache mit dem Flei¬<lb/>
ße, fuhr Lukas fort, &#x017F;o treibt es auch mich<lb/>
Tag und Nacht zur Arbeit, &#x017F;o daß mich<lb/>
manchmal jede Stunde, ja jede Minute ge¬<lb/>
reut, die ich nicht in die&#x017F;er Stube zubringen<lb/>
darf. Von Jugend auf i&#x017F;t es &#x017F;o mit mir<lb/>
gewe&#x017F;en, und ich habe auch nie an Spielen,<lb/>
Erzählungen, oder dergleichen zeitvertreiben¬<lb/>
den Dingen Gefallen gefunden. Ein neues<lb/>
Bild liegt mir manchmal &#x017F;o &#x017F;ehr im Sinne,<lb/>
daß ich davor nicht &#x017F;chlafen kann. Ich<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[182/0193] Franz war immer gerührt, wenn von ſei¬ nem Lehrer die Rede war; aber das Lob, dieſe Verehrung ſeines Meiſters aus dem Munde eines andern großen Künſtlers ſetz¬ te ſein Herz in die gewalſamſte Bewegung. Er drückte Lukas Hand, und ſagte mit Thränen: Glaubt mir, Meiſter, ich habe mich vom erſten Tage glücklich geſchätzt, da ich Dürers Haus betrat. Es iſt eine ſeltſame Sache mit dem Flei¬ ße, fuhr Lukas fort, ſo treibt es auch mich Tag und Nacht zur Arbeit, ſo daß mich manchmal jede Stunde, ja jede Minute ge¬ reut, die ich nicht in dieſer Stube zubringen darf. Von Jugend auf iſt es ſo mit mir geweſen, und ich habe auch nie an Spielen, Erzählungen, oder dergleichen zeitvertreiben¬ den Dingen Gefallen gefunden. Ein neues Bild liegt mir manchmal ſo ſehr im Sinne, daß ich davor nicht ſchlafen kann. Ich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/193
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/193>, abgerufen am 21.11.2024.