Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

Es hat mir immer sehr an Euren Bildern
gefallen, daß Ihr manchmal die neuern
Trachten auch in alten Geschichten abkopirt,
oder daß Ihr Euch ganze neue wunderliche
Kleidungen ersinnt. Ich habe es ebenfalls
nachgeahmt, weil es mir sehr artlich dünkte.

Albrecht antwortete: Ich habe derglei¬
chen immer mit überlegtem Vorsatze gethan,
weil mir dieser Weg kürzer und besser schien,
als die antikischen Trachten eines jeden Lan¬
des und eines jeden Zeitalters zu studiren.
Ich will ja den, der meine Bilder ansieht,
nicht mit längstvergessenen Kleidungsstücken
bekannt machen, sondern er soll die darge¬
stellte Geschichte empfinden; die Bekleidung
ist gleichsam nur ein nothwendiges Übel.
Ich rücke also die biblische oder heidnische
Geschichte manchmal meinen Zuschauern da¬
durch recht dicht vor die Augen, daß ich die
Figuren in den Gewändern auftreten lasse¬

Es hat mir immer ſehr an Euren Bildern
gefallen, daß Ihr manchmal die neuern
Trachten auch in alten Geſchichten abkopirt,
oder daß Ihr Euch ganze neue wunderliche
Kleidungen erſinnt. Ich habe es ebenfalls
nachgeahmt, weil es mir ſehr artlich dünkte.

Albrecht antwortete: Ich habe derglei¬
chen immer mit überlegtem Vorſatze gethan,
weil mir dieſer Weg kürzer und beſſer ſchien,
als die antikiſchen Trachten eines jeden Lan¬
des und eines jeden Zeitalters zu ſtudiren.
Ich will ja den, der meine Bilder anſieht,
nicht mit längſtvergeſſenen Kleidungsſtücken
bekannt machen, ſondern er ſoll die darge¬
ſtellte Geſchichte empfinden; die Bekleidung
iſt gleichſam nur ein nothwendiges Übel.
Ich rücke alſo die bibliſche oder heidniſche
Geſchichte manchmal meinen Zuſchauern da¬
durch recht dicht vor die Augen, daß ich die
Figuren in den Gewändern auftreten laſſe¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0239" n="228"/>
Es hat mir immer &#x017F;ehr an Euren Bildern<lb/>
gefallen, daß Ihr manchmal die neuern<lb/>
Trachten auch in alten Ge&#x017F;chichten abkopirt,<lb/>
oder daß Ihr Euch ganze neue wunderliche<lb/>
Kleidungen er&#x017F;innt. Ich habe es ebenfalls<lb/>
nachgeahmt, weil es mir &#x017F;ehr artlich dünkte.</p><lb/>
            <p>Albrecht antwortete: Ich habe derglei¬<lb/>
chen immer mit überlegtem Vor&#x017F;atze gethan,<lb/>
weil mir die&#x017F;er Weg kürzer und be&#x017F;&#x017F;er &#x017F;chien,<lb/>
als die antiki&#x017F;chen Trachten eines jeden Lan¬<lb/>
des und eines jeden Zeitalters zu &#x017F;tudiren.<lb/>
Ich will ja den, der meine Bilder an&#x017F;ieht,<lb/>
nicht mit läng&#x017F;tverge&#x017F;&#x017F;enen Kleidungs&#x017F;tücken<lb/>
bekannt machen, &#x017F;ondern er &#x017F;oll die darge¬<lb/>
&#x017F;tellte Ge&#x017F;chichte empfinden; die Bekleidung<lb/>
i&#x017F;t gleich&#x017F;am nur ein nothwendiges Übel.<lb/>
Ich rücke al&#x017F;o die bibli&#x017F;che oder heidni&#x017F;che<lb/>
Ge&#x017F;chichte manchmal meinen Zu&#x017F;chauern da¬<lb/>
durch recht dicht vor die Augen, daß ich die<lb/>
Figuren in den Gewändern auftreten la&#x017F;&#x017F;<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[228/0239] Es hat mir immer ſehr an Euren Bildern gefallen, daß Ihr manchmal die neuern Trachten auch in alten Geſchichten abkopirt, oder daß Ihr Euch ganze neue wunderliche Kleidungen erſinnt. Ich habe es ebenfalls nachgeahmt, weil es mir ſehr artlich dünkte. Albrecht antwortete: Ich habe derglei¬ chen immer mit überlegtem Vorſatze gethan, weil mir dieſer Weg kürzer und beſſer ſchien, als die antikiſchen Trachten eines jeden Lan¬ des und eines jeden Zeitalters zu ſtudiren. Ich will ja den, der meine Bilder anſieht, nicht mit längſtvergeſſenen Kleidungsſtücken bekannt machen, ſondern er ſoll die darge¬ ſtellte Geſchichte empfinden; die Bekleidung iſt gleichſam nur ein nothwendiges Übel. Ich rücke alſo die bibliſche oder heidniſche Geſchichte manchmal meinen Zuſchauern da¬ durch recht dicht vor die Augen, daß ich die Figuren in den Gewändern auftreten laſſe¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/239
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/239>, abgerufen am 21.11.2024.