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Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798.

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zu sehn. Aber auch dieses Schlimme rührt
bloß vom bessern Zustande unsrer Kunst her,
und darum müssen wir uns darüber nicht
erzürnen. Und also sehe ich es im Gegen¬
theil gerne, daß mein lieber Franz Stern¬
bald Italien besucht, und alle seine denk¬
würdigen Kunstsachen recht genau betrach¬
tet, eben weil ich viel Anlage zur Mahle¬
rei bei ihm bemerkt habe. Aus wem ein
guter Mahler werden soll, der wird es ge¬
wiß, er mag in Deutschland bleiben oder
nicht. Aber ich glaube, daß es Kunstgeister
giebt, denen der Anblick des Mannichfaltigen
ungemein zu Statten kömmt, in denen im¬
mer neue Bildungen entstehn, wenn sie das
Neue sehn, die eben dadurch vielleicht ganz
andre Wege auffinden, die wir noch nicht
betreten haben, und ich glaube fast, daß
Sternbald zu diesen gehört. Laßt ihn also
immer reisen, denn so viel älter ich bin,

zu ſehn. Aber auch dieſes Schlimme rührt
bloß vom beſſern Zuſtande unſrer Kunſt her,
und darum müſſen wir uns darüber nicht
erzürnen. Und alſo ſehe ich es im Gegen¬
theil gerne, daß mein lieber Franz Stern¬
bald Italien beſucht, und alle ſeine denk¬
würdigen Kunſtſachen recht genau betrach¬
tet, eben weil ich viel Anlage zur Mahle¬
rei bei ihm bemerkt habe. Aus wem ein
guter Mahler werden ſoll, der wird es ge¬
wiß, er mag in Deutſchland bleiben oder
nicht. Aber ich glaube, daß es Kunſtgeiſter
giebt, denen der Anblick des Mannichfaltigen
ungemein zu Statten kömmt, in denen im¬
mer neue Bildungen entſtehn, wenn ſie das
Neue ſehn, die eben dadurch vielleicht ganz
andre Wege auffinden, die wir noch nicht
betreten haben, und ich glaube faſt, daß
Sternbald zu dieſen gehört. Laßt ihn alſo
immer reiſen, denn ſo viel älter ich bin,

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[237/0248] zu ſehn. Aber auch dieſes Schlimme rührt bloß vom beſſern Zuſtande unſrer Kunſt her, und darum müſſen wir uns darüber nicht erzürnen. Und alſo ſehe ich es im Gegen¬ theil gerne, daß mein lieber Franz Stern¬ bald Italien beſucht, und alle ſeine denk¬ würdigen Kunſtſachen recht genau betrach¬ tet, eben weil ich viel Anlage zur Mahle¬ rei bei ihm bemerkt habe. Aus wem ein guter Mahler werden ſoll, der wird es ge¬ wiß, er mag in Deutſchland bleiben oder nicht. Aber ich glaube, daß es Kunſtgeiſter giebt, denen der Anblick des Mannichfaltigen ungemein zu Statten kömmt, in denen im¬ mer neue Bildungen entſtehn, wenn ſie das Neue ſehn, die eben dadurch vielleicht ganz andre Wege auffinden, die wir noch nicht betreten haben, und ich glaube faſt, daß Sternbald zu dieſen gehört. Laßt ihn alſo immer reiſen, denn ſo viel älter ich bin,

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/248>, abgerufen am 21.11.2024.