Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

"drückte, und ihn auch bei andern wecken
"könnte. Ruhige fromme Heerden, alte
"Hirten im Glanz der Abendsonne und En¬
"gel die in der Ferne durch Kornfelder gehn,
"um ihnen die Geburt des Herrn, des Er¬
"lösers, des Friedefürsten zu verkündigen.
"Kein wildes Erstarren, keine erschreckten
"durcheinandergeworfenen Figuren, sondern
"mit freudiger Sehnsucht müsten sie nach
"den Himmlischen hinschauen, die Kinder
"müsten mit ihren zarten Händlein nach den
"goldnen Strahlen hindeuten, die von den
"Bothschaftern ausströmten. Jeder An¬
"schauer müste sich in das Bild hineinwün¬
"schen und seine Prozesse und Plane, seine
"Weisheit und seine politischen Konnexionen
"auf ein Viertelstündchen vergessen, und ihm
"würde dann vielleicht so seyn, wie mir jezt
"ist, indem ich dieses schreibe und denke.
"Laß Dich manchmal, lieber Sebastian, von

der

«drückte, und ihn auch bei andern wecken
«könnte. Ruhige fromme Heerden, alte
«Hirten im Glanz der Abendſonne und En¬
«gel die in der Ferne durch Kornfelder gehn,
«um ihnen die Geburt des Herrn, des Er¬
«löſers, des Friedefürſten zu verkündigen.
«Kein wildes Erſtarren, keine erſchreckten
«durcheinandergeworfenen Figuren, ſondern
«mit freudiger Sehnſucht müſten ſie nach
«den Himmliſchen hinſchauen, die Kinder
«müſten mit ihren zarten Händlein nach den
«goldnen Strahlen hindeuten, die von den
«Bothſchaftern ausſtrömten. Jeder An¬
«ſchauer müſte ſich in das Bild hineinwün¬
«ſchen und ſeine Prozeſſe und Plane, ſeine
«Weisheit und ſeine politiſchen Konnexionen
«auf ein Viertelſtündchen vergeſſen, und ihm
«würde dann vielleicht ſo ſeyn, wie mir jezt
«iſt, indem ich dieſes ſchreibe und denke.
«Laß Dich manchmal, lieber Sebaſtian, von

der
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0059" n="48"/>
«drückte, und ihn auch bei andern wecken<lb/>
«könnte. Ruhige fromme Heerden, alte<lb/>
«Hirten im Glanz der Abend&#x017F;onne und En¬<lb/>
«gel die in der Ferne durch Kornfelder gehn,<lb/>
«um ihnen die Geburt des Herrn, des Er¬<lb/>
«lö&#x017F;ers, des Friedefür&#x017F;ten zu verkündigen.<lb/>
«Kein wildes Er&#x017F;tarren, keine er&#x017F;chreckten<lb/>
«durcheinandergeworfenen Figuren, &#x017F;ondern<lb/>
«mit freudiger Sehn&#x017F;ucht mü&#x017F;ten &#x017F;ie nach<lb/>
«den Himmli&#x017F;chen hin&#x017F;chauen, die Kinder<lb/>
«mü&#x017F;ten mit ihren zarten Händlein nach den<lb/>
«goldnen Strahlen hindeuten, die von den<lb/>
«Both&#x017F;chaftern aus&#x017F;trömten. Jeder An¬<lb/>
«&#x017F;chauer mü&#x017F;te &#x017F;ich in das Bild hineinwün¬<lb/>
«&#x017F;chen und &#x017F;eine Proze&#x017F;&#x017F;e und Plane, &#x017F;eine<lb/>
«Weisheit und &#x017F;eine politi&#x017F;chen Konnexionen<lb/>
«auf ein Viertel&#x017F;tündchen verge&#x017F;&#x017F;en, und ihm<lb/>
«würde dann vielleicht &#x017F;o &#x017F;eyn, wie mir jezt<lb/>
«i&#x017F;t, indem ich die&#x017F;es &#x017F;chreibe und denke.<lb/>
«Laß Dich manchmal, lieber Seba&#x017F;tian, von<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">der<lb/></fw>
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[48/0059] «drückte, und ihn auch bei andern wecken «könnte. Ruhige fromme Heerden, alte «Hirten im Glanz der Abendſonne und En¬ «gel die in der Ferne durch Kornfelder gehn, «um ihnen die Geburt des Herrn, des Er¬ «löſers, des Friedefürſten zu verkündigen. «Kein wildes Erſtarren, keine erſchreckten «durcheinandergeworfenen Figuren, ſondern «mit freudiger Sehnſucht müſten ſie nach «den Himmliſchen hinſchauen, die Kinder «müſten mit ihren zarten Händlein nach den «goldnen Strahlen hindeuten, die von den «Bothſchaftern ausſtrömten. Jeder An¬ «ſchauer müſte ſich in das Bild hineinwün¬ «ſchen und ſeine Prozeſſe und Plane, ſeine «Weisheit und ſeine politiſchen Konnexionen «auf ein Viertelſtündchen vergeſſen, und ihm «würde dann vielleicht ſo ſeyn, wie mir jezt «iſt, indem ich dieſes ſchreibe und denke. «Laß Dich manchmal, lieber Sebaſtian, von der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/59
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/59>, abgerufen am 21.11.2024.