fühlte ich das Treiben der Welt, nun lernte ich die Noth kennen, die meine armen Brü¬ der mit mir theilten. Vorher hatte ich die menschliche Thätigkeit, diese mitleidswürdige Arbeitseligkeit verachtet, mit Thränen in den Augen verehrte ich sie jetzt, ich schämte mich vor dem zerlumpten Tagelöhner, der im Schweiße seines Angesichts sein tägliches Brod erwirbt, und nicht höher hinausdenkt, als wie er morgen von neuem beginnen will. Vorher hatte ich in der Welt die schö¬ nen Formen mit lachenden Augen aufgesucht und mir eingeprägt, jetzt sah ich im ange¬ spannten Pferde und Ochsen nur die Skla¬ verei, die Dienstbarkeit, die den Landmann ernährte, ich sah neidisch in die kleinen schmutzigen Fenster der Hütten hinein, nicht mehr um seltsame poetische Ideen anzutref¬ fen, sondern um den Hausstand und das Glück dieser Familien zu berechnen. O, ich
fühlte ich das Treiben der Welt, nun lernte ich die Noth kennen, die meine armen Brü¬ der mit mir theilten. Vorher hatte ich die menſchliche Thätigkeit, dieſe mitleidswürdige Arbeitſeligkeit verachtet, mit Thränen in den Augen verehrte ich ſie jetzt, ich ſchämte mich vor dem zerlumpten Tagelöhner, der im Schweiße ſeines Angeſichts ſein tägliches Brod erwirbt, und nicht höher hinausdenkt, als wie er morgen von neuem beginnen will. Vorher hatte ich in der Welt die ſchö¬ nen Formen mit lachenden Augen aufgeſucht und mir eingeprägt, jetzt ſah ich im ange¬ ſpannten Pferde und Ochſen nur die Skla¬ verei, die Dienſtbarkeit, die den Landmann ernährte, ich ſah neidiſch in die kleinen ſchmutzigen Fenſter der Hütten hinein, nicht mehr um ſeltſame poetiſche Ideen anzutref¬ fen, ſondern um den Hausſtand und das Glück dieſer Familien zu berechnen. O, ich
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fühlte ich das Treiben der Welt, nun lernte
ich die Noth kennen, die meine armen Brü¬
der mit mir theilten. Vorher hatte ich die
menſchliche Thätigkeit, dieſe mitleidswürdige
Arbeitſeligkeit verachtet, mit Thränen in den
Augen verehrte ich ſie jetzt, ich ſchämte mich
vor dem zerlumpten Tagelöhner, der im
Schweiße ſeines Angeſichts ſein tägliches
Brod erwirbt, und nicht höher hinausdenkt,
als wie er morgen von neuem beginnen
will. Vorher hatte ich in der Welt die ſchö¬
nen Formen mit lachenden Augen aufgeſucht
und mir eingeprägt, jetzt ſah ich im ange¬
ſpannten Pferde und Ochſen nur die Skla¬
verei, die Dienſtbarkeit, die den Landmann
ernährte, ich ſah neidiſch in die kleinen
ſchmutzigen Fenſter der Hütten hinein, nicht
mehr um ſeltſame poetiſche Ideen anzutref¬
fen, ſondern um den Hausſtand und das
Glück dieſer Familien zu berechnen. O, ich
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Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/143>, abgerufen am 27.11.2024.
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