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Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798.

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Frau gingen nun auch zu Bette, der Hund
ward nach seiner Behausung auf den kleinen
Hof gebracht, Sternbald blieb bei den Schla¬
fenden allein.

Der Mond sah durch das Fenster, in
der Einsamkeit fiel des Bildhauers Gesicht
dem Wachenden auf, es war eine Physio¬
gnomie, die Heftigkeit und Ungestüm aus¬
drückte. Franz begriff es nicht, wie er sei¬
nen anfänglichen Widerwillen gegen diesen
Menschen so habe überwinden können, daß
er jetzt mit ihm umgehe, daß er sich ihm so¬
gar vertraue.

Bolz schien unruhig zu schlafen, er
warf sich oft umher, ein Traum ängstigte
ihn. Franz vergaß beinahe, wo er war,
denn alles umher erhielt eine sonderbare Be¬
deutung. Seine Phantasie ward erhitzt, und
es währte nicht lange, so glaubte er sich un¬
ter Räubern zu befinden, die es auf sein

(2r Th.) U

Frau gingen nun auch zu Bette, der Hund
ward nach ſeiner Behauſung auf den kleinen
Hof gebracht, Sternbald blieb bei den Schla¬
fenden allein.

Der Mond ſah durch das Fenſter, in
der Einſamkeit fiel des Bildhauers Geſicht
dem Wachenden auf, es war eine Phyſio¬
gnomie, die Heftigkeit und Ungeſtüm aus¬
drückte. Franz begriff es nicht, wie er ſei¬
nen anfänglichen Widerwillen gegen dieſen
Menſchen ſo habe überwinden können, daß
er jetzt mit ihm umgehe, daß er ſich ihm ſo¬
gar vertraue.

Bolz ſchien unruhig zu ſchlafen, er
warf ſich oft umher, ein Traum ängſtigte
ihn. Franz vergaß beinahe, wo er war,
denn alles umher erhielt eine ſonderbare Be¬
deutung. Seine Phantaſie ward erhitzt, und
es währte nicht lange, ſo glaubte er ſich un¬
ter Räubern zu befinden, die es auf ſein

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[305/0313] Frau gingen nun auch zu Bette, der Hund ward nach ſeiner Behauſung auf den kleinen Hof gebracht, Sternbald blieb bei den Schla¬ fenden allein. Der Mond ſah durch das Fenſter, in der Einſamkeit fiel des Bildhauers Geſicht dem Wachenden auf, es war eine Phyſio¬ gnomie, die Heftigkeit und Ungeſtüm aus¬ drückte. Franz begriff es nicht, wie er ſei¬ nen anfänglichen Widerwillen gegen dieſen Menſchen ſo habe überwinden können, daß er jetzt mit ihm umgehe, daß er ſich ihm ſo¬ gar vertraue. Bolz ſchien unruhig zu ſchlafen, er warf ſich oft umher, ein Traum ängſtigte ihn. Franz vergaß beinahe, wo er war, denn alles umher erhielt eine ſonderbare Be¬ deutung. Seine Phantaſie ward erhitzt, und es währte nicht lange, ſo glaubte er ſich un¬ ter Räubern zu befinden, die es auf ſein (2r Th.) U

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/313>, abgerufen am 28.11.2024.