schwärmte, und wie ein Herkules an den Gränzen seine Säulen setzte, um der Nach¬ welt zu sagen, wie weit sie gehen könne. Mir scheint es Barbarei und Hartherzig¬ keit, Entwürdigung des Künstlers selbst, den ich vergöttern möchte, wenn ich ihm ausschließlich alle Kunst beilegen will. Bis¬ her scheint mir Dürer der erste Mahler der Welt; aber ich kann es mir vorstellen, und er hat es selbst oft genug gesagt, wie viele Herrlichkeiten es außerdem noch giebt. Mi¬ chael Angelo ist wenig, wenn es nicht mög¬ lich seyn darf, daß es auch jenseit seinem Wege Größe und Erhabenheit giebt.
Kommt nur nach Italien, sagte Bolz, und Ihr werdet anders sprechen.
Nein, Augustin, fiel ihm der Mönch ein. So reich die Kunstwelt dort seyn mag, so wird dieser junge Mann doch nachher schwerlich anders sprechen. Ihr gefallt Euch
C 2
ſchwärmte, und wie ein Herkules an den Gränzen ſeine Säulen ſetzte, um der Nach¬ welt zu ſagen, wie weit ſie gehen könne. Mir ſcheint es Barbarei und Hartherzig¬ keit, Entwürdigung des Künſtlers ſelbſt, den ich vergöttern möchte, wenn ich ihm ausſchließlich alle Kunſt beilegen will. Bis¬ her ſcheint mir Dürer der erſte Mahler der Welt; aber ich kann es mir vorſtellen, und er hat es ſelbſt oft genug geſagt, wie viele Herrlichkeiten es außerdem noch giebt. Mi¬ chael Angelo iſt wenig, wenn es nicht mög¬ lich ſeyn darf, daß es auch jenſeit ſeinem Wege Größe und Erhabenheit giebt.
Kommt nur nach Italien, ſagte Bolz, und Ihr werdet anders ſprechen.
Nein, Auguſtin, fiel ihm der Mönch ein. So reich die Kunſtwelt dort ſeyn mag, ſo wird dieſer junge Mann doch nachher ſchwerlich anders ſprechen. Ihr gefallt Euch
C 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0043"n="35"/>ſchwärmte, und wie ein Herkules an den<lb/>
Gränzen ſeine Säulen ſetzte, um der Nach¬<lb/>
welt zu ſagen, wie weit ſie gehen könne.<lb/>
Mir ſcheint es Barbarei und Hartherzig¬<lb/>
keit, Entwürdigung des Künſtlers ſelbſt,<lb/>
den ich vergöttern möchte, wenn ich ihm<lb/>
ausſchließlich alle Kunſt beilegen will. Bis¬<lb/>
her ſcheint mir Dürer der erſte Mahler der<lb/>
Welt; aber ich kann es mir vorſtellen, und<lb/>
er hat es ſelbſt oft genug geſagt, wie viele<lb/>
Herrlichkeiten es außerdem noch giebt. Mi¬<lb/>
chael Angelo iſt wenig, wenn es nicht mög¬<lb/>
lich ſeyn darf, daß es auch jenſeit ſeinem<lb/>
Wege Größe und Erhabenheit giebt.</p><lb/><p>Kommt nur nach Italien, ſagte Bolz,<lb/>
und Ihr werdet anders ſprechen.</p><lb/><p>Nein, Auguſtin, fiel ihm der Mönch<lb/>
ein. So reich die Kunſtwelt dort ſeyn mag,<lb/>ſo wird dieſer junge Mann doch nachher<lb/>ſchwerlich anders ſprechen. Ihr gefallt Euch<lb/><fwplace="bottom"type="sig">C 2<lb/></fw></p></div></div></body></text></TEI>
[35/0043]
ſchwärmte, und wie ein Herkules an den
Gränzen ſeine Säulen ſetzte, um der Nach¬
welt zu ſagen, wie weit ſie gehen könne.
Mir ſcheint es Barbarei und Hartherzig¬
keit, Entwürdigung des Künſtlers ſelbſt,
den ich vergöttern möchte, wenn ich ihm
ausſchließlich alle Kunſt beilegen will. Bis¬
her ſcheint mir Dürer der erſte Mahler der
Welt; aber ich kann es mir vorſtellen, und
er hat es ſelbſt oft genug geſagt, wie viele
Herrlichkeiten es außerdem noch giebt. Mi¬
chael Angelo iſt wenig, wenn es nicht mög¬
lich ſeyn darf, daß es auch jenſeit ſeinem
Wege Größe und Erhabenheit giebt.
Kommt nur nach Italien, ſagte Bolz,
und Ihr werdet anders ſprechen.
Nein, Auguſtin, fiel ihm der Mönch
ein. So reich die Kunſtwelt dort ſeyn mag,
ſo wird dieſer junge Mann doch nachher
ſchwerlich anders ſprechen. Ihr gefallt Euch
C 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/43>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.