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Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798.

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die übrigen folgten langsam unter einer
fröhlichen Musik der Hörner.

Es war um die Mittagszeit, als der
Zug im Schlosse ankam, und die ganze Ge¬
sellschaft setzte sich bald darauf zur Tafel;
die schöne Jägerin war aber nicht zugegen.
Die Tischgesellschaft war desto lustiger, Ru¬
dolf war vom Reiten erhitzt, und da er
überdies noch vielen Wein trank, war er
beinahe ausgelassen. Desto mehr aber be¬
lustigte er die Gesellschaft, die es nicht müde
wurde, seine Einfälle zu belachen; Franz
fühlte sich gegen seine Leichtigkeit unbehol¬
fen und ohne alle Fähigkeit zum Umgange.
Ein ältlicher Mann, der im Hause aufbe¬
wahrt wurde, galt für einen Dichter; er
sagte Verse her, die ungemein gefielen, und
noch mehr deswegen, weil er sie ohne alle
Vorbereitung deklamirte. Unter dem lauten
Beifall der Gesellschaft sang er folgendes
Trinklied:

die übrigen folgten langſam unter einer
fröhlichen Muſik der Hörner.

Es war um die Mittagszeit, als der
Zug im Schloſſe ankam, und die ganze Ge¬
ſellſchaft ſetzte ſich bald darauf zur Tafel;
die ſchöne Jägerin war aber nicht zugegen.
Die Tiſchgeſellſchaft war deſto luſtiger, Ru¬
dolf war vom Reiten erhitzt, und da er
überdies noch vielen Wein trank, war er
beinahe ausgelaſſen. Deſto mehr aber be¬
luſtigte er die Geſellſchaft, die es nicht müde
wurde, ſeine Einfälle zu belachen; Franz
fühlte ſich gegen ſeine Leichtigkeit unbehol¬
fen und ohne alle Fähigkeit zum Umgange.
Ein ältlicher Mann, der im Hauſe aufbe¬
wahrt wurde, galt für einen Dichter; er
ſagte Verſe her, die ungemein gefielen, und
noch mehr deswegen, weil er ſie ohne alle
Vorbereitung deklamirte. Unter dem lauten
Beifall der Geſellſchaft ſang er folgendes
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[62/0070] die übrigen folgten langſam unter einer fröhlichen Muſik der Hörner. Es war um die Mittagszeit, als der Zug im Schloſſe ankam, und die ganze Ge¬ ſellſchaft ſetzte ſich bald darauf zur Tafel; die ſchöne Jägerin war aber nicht zugegen. Die Tiſchgeſellſchaft war deſto luſtiger, Ru¬ dolf war vom Reiten erhitzt, und da er überdies noch vielen Wein trank, war er beinahe ausgelaſſen. Deſto mehr aber be¬ luſtigte er die Geſellſchaft, die es nicht müde wurde, ſeine Einfälle zu belachen; Franz fühlte ſich gegen ſeine Leichtigkeit unbehol¬ fen und ohne alle Fähigkeit zum Umgange. Ein ältlicher Mann, der im Hauſe aufbe¬ wahrt wurde, galt für einen Dichter; er ſagte Verſe her, die ungemein gefielen, und noch mehr deswegen, weil er ſie ohne alle Vorbereitung deklamirte. Unter dem lauten Beifall der Geſellſchaft ſang er folgendes Trinklied:

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/70>, abgerufen am 24.11.2024.