Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798.Erd' und Himmel nun in Küssen Wie mit Liebesschaam entbrennt, Ach! ich muß den Frevel büßen, Lange noch die Holde missen Die mein ganzes Herze nennt. Morgenröthe kommt gegangen, Macht den Tag von Banden frei, Erd' und Himmel bräutlich prangen, Aber ach! ich bin gefangen, Einsam hier im süßen Mai. Lieb' und Mailust ist verschwunden, Ist nur Mai in ihrem Blick, Keine Rose wird erfunden, Flieht und eilt ihr trägen Stunden, Bringt die Braut mir bald zurück. Es war Rudolf, der nun hervortrat, Erd' und Himmel nun in Küſſen Wie mit Liebesſchaam entbrennt, Ach! ich muß den Frevel büßen, Lange noch die Holde miſſen Die mein ganzes Herze nennt. Morgenröthe kommt gegangen, Macht den Tag von Banden frei, Erd' und Himmel bräutlich prangen, Aber ach! ich bin gefangen, Einſam hier im ſüßen Mai. Lieb' und Mailuſt iſt verſchwunden, Iſt nur Mai in ihrem Blick, Keine Roſe wird erfunden, Flieht und eilt ihr trägen Stunden, Bringt die Braut mir bald zurück. Es war Rudolf, der nun hervortrat, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0087" n="79"/> <lg n="6"> <l>Erd' und Himmel nun in Küſſen</l><lb/> <l>Wie mit Liebesſchaam entbrennt,</l><lb/> <l>Ach! ich muß den Frevel büßen,</l><lb/> <l>Lange noch die Holde miſſen</l><lb/> <l>Die mein ganzes Herze nennt.</l><lb/> </lg> <lg n="7"> <l>Morgenröthe kommt gegangen,</l><lb/> <l>Macht den Tag von Banden frei,</l><lb/> <l>Erd' und Himmel bräutlich prangen,</l><lb/> <l>Aber ach! ich bin gefangen,</l><lb/> <l>Einſam hier im ſüßen Mai.</l><lb/> </lg> <lg n="8"> <l>Lieb' und Mailuſt iſt verſchwunden,</l><lb/> <l>Iſt nur Mai in ihrem Blick,</l><lb/> <l>Keine Roſe wird erfunden,</l><lb/> <l>Flieht und eilt ihr trägen Stunden,</l><lb/> <l>Bringt die Braut mir bald zurück.</l><lb/> </lg> </lg> <p>Es war Rudolf, der nun hervortrat,<lb/> und ſich zu Sternbald an dem Rande des<lb/> Springbrunnens niederſetzte. Ich erkannte<lb/> Dich wohl, ſagte Franz, aber ich wollte<lb/> Dich in Deinem zärtlichen Geſange nicht<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [79/0087]
Erd' und Himmel nun in Küſſen
Wie mit Liebesſchaam entbrennt,
Ach! ich muß den Frevel büßen,
Lange noch die Holde miſſen
Die mein ganzes Herze nennt.
Morgenröthe kommt gegangen,
Macht den Tag von Banden frei,
Erd' und Himmel bräutlich prangen,
Aber ach! ich bin gefangen,
Einſam hier im ſüßen Mai.
Lieb' und Mailuſt iſt verſchwunden,
Iſt nur Mai in ihrem Blick,
Keine Roſe wird erfunden,
Flieht und eilt ihr trägen Stunden,
Bringt die Braut mir bald zurück.
Es war Rudolf, der nun hervortrat,
und ſich zu Sternbald an dem Rande des
Springbrunnens niederſetzte. Ich erkannte
Dich wohl, ſagte Franz, aber ich wollte
Dich in Deinem zärtlichen Geſange nicht
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