Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Des Lebens Überfluß. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–86. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

der Ferne sättigen. Nun ein unablässiges Zureden, Bitten und Flehen, daß ich ihn begleiten solle; er versicherte, daß ich dort mein Glück machen werde und müsse, wobei er mich unterstützen wolle; denn dort hatte er von seinen Vorfahren große Besitzungen ererbt. Aber meine Mutter starb, der ich noch in ihren letzten Tagen ihre Liebe etwas vergelten konnte, mein Vater war krank, und ich konnte die Leidenschaft meines Freundes nicht theilen; auch hatte ich alle jene Kenntnisse nicht gesammelt, die Sprachen nicht gelernt, was ihm Alles aus Liebe zum Orient geläufig war. Es lebten selbst noch Verwandte von ihm, die er dort aufsuchen wollte. Durch Freunde und Beschützer ward mir, wie es immer mein Wunsch war, eine Stelle beim diplomatischen Corps. Mit dem Vermögen meiner Mutter war ich im Stande, mich zu meinem Beruf geziemlich einzurichten, und ich verließ meinen Vater, für dessen Genesung nur wenig Hoffnung war. Mein Freund verlangte durchaus, daß ich einen Theil meines Capitals ihm mitgeben solle, er wolle dort damit spekuliren und mir dann den Gewinn in Zukunft berechnen. Ich mußte glauben, daß dies ein Vorwand sei, mir mit Anstand einmal ein ansehnliches Geschenk machen zu können. So kam ich mit meinem Gesandten in deine Vaterstadt, wo sich nachher mein Schicksal auf die Art, wie du es weißt, entwickelte.

Und du hast niemals von diesem herrlichen Andreas wieder etwas erfahren? fragte Clara.

der Ferne sättigen. Nun ein unablässiges Zureden, Bitten und Flehen, daß ich ihn begleiten solle; er versicherte, daß ich dort mein Glück machen werde und müsse, wobei er mich unterstützen wolle; denn dort hatte er von seinen Vorfahren große Besitzungen ererbt. Aber meine Mutter starb, der ich noch in ihren letzten Tagen ihre Liebe etwas vergelten konnte, mein Vater war krank, und ich konnte die Leidenschaft meines Freundes nicht theilen; auch hatte ich alle jene Kenntnisse nicht gesammelt, die Sprachen nicht gelernt, was ihm Alles aus Liebe zum Orient geläufig war. Es lebten selbst noch Verwandte von ihm, die er dort aufsuchen wollte. Durch Freunde und Beschützer ward mir, wie es immer mein Wunsch war, eine Stelle beim diplomatischen Corps. Mit dem Vermögen meiner Mutter war ich im Stande, mich zu meinem Beruf geziemlich einzurichten, und ich verließ meinen Vater, für dessen Genesung nur wenig Hoffnung war. Mein Freund verlangte durchaus, daß ich einen Theil meines Capitals ihm mitgeben solle, er wolle dort damit spekuliren und mir dann den Gewinn in Zukunft berechnen. Ich mußte glauben, daß dies ein Vorwand sei, mir mit Anstand einmal ein ansehnliches Geschenk machen zu können. So kam ich mit meinem Gesandten in deine Vaterstadt, wo sich nachher mein Schicksal auf die Art, wie du es weißt, entwickelte.

Und du hast niemals von diesem herrlichen Andreas wieder etwas erfahren? fragte Clara.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0020"/>
der Ferne sättigen. Nun ein unablässiges Zureden, Bitten und             Flehen, daß ich ihn begleiten solle; er versicherte, daß ich dort mein Glück machen             werde und müsse, wobei er mich unterstützen wolle; denn dort hatte er von seinen             Vorfahren große Besitzungen ererbt. Aber meine Mutter starb, der ich noch in ihren             letzten Tagen ihre Liebe etwas vergelten konnte, mein Vater war krank, und ich konnte             die Leidenschaft meines Freundes nicht theilen; auch hatte ich alle jene Kenntnisse             nicht gesammelt, die Sprachen nicht gelernt, was ihm Alles aus Liebe zum Orient geläufig             war. Es lebten selbst noch Verwandte von ihm, die er dort aufsuchen wollte. Durch             Freunde und Beschützer ward mir, wie es immer mein Wunsch war, eine Stelle beim             diplomatischen Corps. Mit dem Vermögen meiner Mutter war ich im Stande, mich zu meinem             Beruf geziemlich einzurichten, und ich verließ meinen Vater, für dessen Genesung nur             wenig Hoffnung war. Mein Freund verlangte durchaus, daß ich einen Theil meines Capitals             ihm mitgeben solle, er wolle dort damit spekuliren und mir dann den Gewinn in Zukunft             berechnen. Ich mußte glauben, daß dies ein Vorwand sei, mir mit Anstand einmal ein             ansehnliches Geschenk machen zu können. So kam ich mit meinem Gesandten in deine             Vaterstadt, wo sich nachher mein Schicksal auf die Art, wie du es weißt,             entwickelte.</p><lb/>
        <p>Und du hast niemals von diesem herrlichen Andreas wieder etwas erfahren? fragte             Clara.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0020] der Ferne sättigen. Nun ein unablässiges Zureden, Bitten und Flehen, daß ich ihn begleiten solle; er versicherte, daß ich dort mein Glück machen werde und müsse, wobei er mich unterstützen wolle; denn dort hatte er von seinen Vorfahren große Besitzungen ererbt. Aber meine Mutter starb, der ich noch in ihren letzten Tagen ihre Liebe etwas vergelten konnte, mein Vater war krank, und ich konnte die Leidenschaft meines Freundes nicht theilen; auch hatte ich alle jene Kenntnisse nicht gesammelt, die Sprachen nicht gelernt, was ihm Alles aus Liebe zum Orient geläufig war. Es lebten selbst noch Verwandte von ihm, die er dort aufsuchen wollte. Durch Freunde und Beschützer ward mir, wie es immer mein Wunsch war, eine Stelle beim diplomatischen Corps. Mit dem Vermögen meiner Mutter war ich im Stande, mich zu meinem Beruf geziemlich einzurichten, und ich verließ meinen Vater, für dessen Genesung nur wenig Hoffnung war. Mein Freund verlangte durchaus, daß ich einen Theil meines Capitals ihm mitgeben solle, er wolle dort damit spekuliren und mir dann den Gewinn in Zukunft berechnen. Ich mußte glauben, daß dies ein Vorwand sei, mir mit Anstand einmal ein ansehnliches Geschenk machen zu können. So kam ich mit meinem Gesandten in deine Vaterstadt, wo sich nachher mein Schicksal auf die Art, wie du es weißt, entwickelte. Und du hast niemals von diesem herrlichen Andreas wieder etwas erfahren? fragte Clara.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T12:30:27Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T12:30:27Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_ueberfluss_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_ueberfluss_1910/20
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Des Lebens Überfluß. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–86. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_ueberfluss_1910/20>, abgerufen am 21.11.2024.