Tiede, Johann Friedrich: Unterhaltungen mit Gott in den Abendstunden. Halle, 1775.Der 9te Februar. Lobrede hält. Können aber Freundschaft und gesellschaf[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]Gesinnungen damit bestehen? Umgekehrt, wenn wir die S[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt] me unsers Werths nach unsern Mängeln ziehen: dann w[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt] wir vom Nächsten nicht zu viel erwarten. An statt uns [unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt] seine Frostigkeit im Umgange zu beschweren, werden wir [unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt] ben, daß er unsre Mängel, (die er doch vieleicht noch nicht[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt] deckt hatte) aus Freundschaft übersehe; und so mag er un[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt] ben oder tadeln, so werden wir nicht viel dagegen einzuwe[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt] haben. Um mir den Weg zum Himmel, und den Umgang [unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt] Der
Der 9te Februar. Lobrede haͤlt. Koͤnnen aber Freundſchaft und geſellſchaf[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]Geſinnungen damit beſtehen? Umgekehrt, wenn wir die S[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt] me unſers Werths nach unſern Maͤngeln ziehen: dann w[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt] wir vom Naͤchſten nicht zu viel erwarten. An ſtatt uns [unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt] ſeine Froſtigkeit im Umgange zu beſchweren, werden wir [unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt] ben, daß er unſre Maͤngel, (die er doch vieleicht noch nicht[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt] deckt hatte) aus Freundſchaft uͤberſehe; und ſo mag er un[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt] ben oder tadeln, ſo werden wir nicht viel dagegen einzuwe[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt] haben. Um mir den Weg zum Himmel, und den Umgang [unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt] Der
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Der 9te Februar.
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ben, daß er unſre Maͤngel, (die er doch vieleicht noch nicht_
deckt hatte) aus Freundſchaft uͤberſehe; und ſo mag er un_
ben oder tadeln, ſo werden wir nicht viel dagegen einzuwe_
haben.
Um mir den Weg zum Himmel, und den Umgang _
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mir habe? — Ich muß doch, weil ich ſo oftmals ſeufze! Ob
noch viele Fehler an mir ſind? — O! ich duͤrfte mein Gedan-
kenregiſter von einem einzigen Tage nur drucken und oͤffentlich
leſen laſſen, ſo wuͤrde ich mein Geſicht fuͤr Scham verbergen.
Und ſo verberge ich es denn jetzt vor dir, Allwiſſender! Wie
ſtolz habe ich auch oͤfters deine Wege getadelt! Demuͤtige mich,
mein Gott! denn worauf darf ich ſtolz ſeyn? Ich armer Wehr-
loſer, kan ich mir jetzt Schlaf geben, und ſicher ruhen, wenn
du dich meiner nicht erbarmſt?
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(2023-05-24T12:24:22Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
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