telstab, Fieber und andre Zuchtruthen machen mehr Eindruck auf ruch; und deswegen sind sie ein Geschenk, welches ihr euch erbit- ten soltet.
Stolz gegen die Werke und Wege Gottes, ist ein unter- scheidendes Kennzeichen der Sünder. Nicht einmal die Witte- rungen kan er ihnen zu dank machen. Wenn seine Weisheit und Güte spricht: es sey Sonnenschein! so fodern sie Regen; und ta- deln, verzagen, oder stellen abtrotzende Prozeßionen an. Der Gottlose will eine andre Welt. Er will reich und groß: andre sollen Sklaven seyn. Gewisse Menschen und Thiere wünschet er weg: nicht selten sind ihm Sonne und Mond im wege, und bald ist er es sich selbst, wenn seine böse Laune mit ihm forttraben darf.
Stolz gegen das Wort Gottes und gegen die Mittel zur Seligkeit, ist der Gipfel menschlichen Uebermuths. Und hätte der Allgütige die Ordnung unsers Heils anders eingerichtet, sein Wort anders verfaßt, Jesum mit weltlicher Macht und Weisheit jährlich unter uns auftreten lassen: umsonst! dem hochmüthigen Sünder gefält nur, was er selber geschmiedet hat, so oft es auch ein Spott und eine Geissel für ihn ward. Die Weisheit muß sich hofmeistern lassen von ihren Kindern, deren Einfalt doch so einleuchtend ist, daß nicht ihrer zween in allen Stücken Eines Sinnes sind. Sie wissen nicht, was sie wollen.
Langmütiger, majestätischer Gott! schaudernd bekenne ich, daß auch ich zuweilen zu dem Komplott der Nebellen gehörte, und dir die schuldige Ehrfurcht nicht tief genug leistete! Vater! ich ver- liere mich in deiner Güte, welche mich Undankbaren nicht vertilget hat. Tod und Verderben solte auf mich herabstürzen, aber mit- leidig reichest du auch jetzt mir die Hand. Auch dann, wann ich deinen heiligen Thron anzublicken verschmähte, sahest du mir er- barmend auf meinen fündlichen Wegen nach. Jch bin zu geringe aller Barmherzigkeit; ich bin so geringe, daß ich nicht werth bin, dein Kind zu heissen. Und dennoch bin ich in Christo dein Kind.
Der
Der 2te Junius.
telſtab, Fieber und andre Zuchtruthen machen mehr Eindruck auf ruch; und deswegen ſind ſie ein Geſchenk, welches ihr euch erbit- ten ſoltet.
Stolz gegen die Werke und Wege Gottes, iſt ein unter- ſcheidendes Kennzeichen der Suͤnder. Nicht einmal die Witte- rungen kan er ihnen zu dank machen. Wenn ſeine Weisheit und Guͤte ſpricht: es ſey Sonnenſchein! ſo fodern ſie Regen; und ta- deln, verzagen, oder ſtellen abtrotzende Prozeßionen an. Der Gottloſe will eine andre Welt. Er will reich und groß: andre ſollen Sklaven ſeyn. Gewiſſe Menſchen und Thiere wuͤnſchet er weg: nicht ſelten ſind ihm Sonne und Mond im wege, und bald iſt er es ſich ſelbſt, wenn ſeine boͤſe Laune mit ihm forttraben darf.
Stolz gegen das Wort Gottes und gegen die Mittel zur Seligkeit, iſt der Gipfel menſchlichen Uebermuths. Und haͤtte der Allguͤtige die Ordnung unſers Heils anders eingerichtet, ſein Wort anders verfaßt, Jeſum mit weltlicher Macht und Weisheit jaͤhrlich unter uns auftreten laſſen: umſonſt! dem hochmuͤthigen Suͤnder gefaͤlt nur, was er ſelber geſchmiedet hat, ſo oft es auch ein Spott und eine Geiſſel fuͤr ihn ward. Die Weisheit muß ſich hofmeiſtern laſſen von ihren Kindern, deren Einfalt doch ſo einleuchtend iſt, daß nicht ihrer zween in allen Stuͤcken Eines Sinnes ſind. Sie wiſſen nicht, was ſie wollen.
Langmuͤtiger, majeſtaͤtiſcher Gott! ſchaudernd bekenne ich, daß auch ich zuweilen zu dem Komplott der Nebellen gehoͤrte, und dir die ſchuldige Ehrfurcht nicht tief genug leiſtete! Vater! ich ver- liere mich in deiner Guͤte, welche mich Undankbaren nicht vertilget hat. Tod und Verderben ſolte auf mich herabſtuͤrzen, aber mit- leidig reicheſt du auch jetzt mir die Hand. Auch dann, wann ich deinen heiligen Thron anzublicken verſchmaͤhte, ſaheſt du mir er- barmend auf meinen fuͤndlichen Wegen nach. Jch bin zu geringe aller Barmherzigkeit; ich bin ſo geringe, daß ich nicht werth bin, dein Kind zu heiſſen. Und dennoch bin ich in Chriſto dein Kind.
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[320[350]/0357]
Der 2te Junius.
telſtab, Fieber und andre Zuchtruthen machen mehr Eindruck auf
ruch; und deswegen ſind ſie ein Geſchenk, welches ihr euch erbit-
ten ſoltet.
Stolz gegen die Werke und Wege Gottes, iſt ein unter-
ſcheidendes Kennzeichen der Suͤnder. Nicht einmal die Witte-
rungen kan er ihnen zu dank machen. Wenn ſeine Weisheit und
Guͤte ſpricht: es ſey Sonnenſchein! ſo fodern ſie Regen; und ta-
deln, verzagen, oder ſtellen abtrotzende Prozeßionen an. Der
Gottloſe will eine andre Welt. Er will reich und groß: andre
ſollen Sklaven ſeyn. Gewiſſe Menſchen und Thiere wuͤnſchet er
weg: nicht ſelten ſind ihm Sonne und Mond im wege, und bald
iſt er es ſich ſelbſt, wenn ſeine boͤſe Laune mit ihm forttraben darf.
Stolz gegen das Wort Gottes und gegen die Mittel zur
Seligkeit, iſt der Gipfel menſchlichen Uebermuths. Und haͤtte
der Allguͤtige die Ordnung unſers Heils anders eingerichtet, ſein
Wort anders verfaßt, Jeſum mit weltlicher Macht und Weisheit
jaͤhrlich unter uns auftreten laſſen: umſonſt! dem hochmuͤthigen
Suͤnder gefaͤlt nur, was er ſelber geſchmiedet hat, ſo oft es auch
ein Spott und eine Geiſſel fuͤr ihn ward. Die Weisheit muß
ſich hofmeiſtern laſſen von ihren Kindern, deren Einfalt doch ſo
einleuchtend iſt, daß nicht ihrer zween in allen Stuͤcken Eines
Sinnes ſind. Sie wiſſen nicht, was ſie wollen.
Langmuͤtiger, majeſtaͤtiſcher Gott! ſchaudernd bekenne ich,
daß auch ich zuweilen zu dem Komplott der Nebellen gehoͤrte, und
dir die ſchuldige Ehrfurcht nicht tief genug leiſtete! Vater! ich ver-
liere mich in deiner Guͤte, welche mich Undankbaren nicht vertilget
hat. Tod und Verderben ſolte auf mich herabſtuͤrzen, aber mit-
leidig reicheſt du auch jetzt mir die Hand. Auch dann, wann ich
deinen heiligen Thron anzublicken verſchmaͤhte, ſaheſt du mir er-
barmend auf meinen fuͤndlichen Wegen nach. Jch bin zu geringe
aller Barmherzigkeit; ich bin ſo geringe, daß ich nicht werth bin,
dein Kind zu heiſſen. Und dennoch bin ich in Chriſto dein Kind.
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Matthias Boenig, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Li Xang: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription.
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Tiede, Johann Friedrich: Unterhaltungen mit Gott in den Abendstunden. Halle, 1775, S. 320[350]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tiede_unterhaltungen01_1775/357>, abgerufen am 21.11.2024.
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