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Tönnies, Johann Heinrich: Auszug der Geschichte zur Erklärung der Offenbarung Johannis. Leipzig, 1776.

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wurde sie den 3 Aug. öffentlig verlesen, den Wiederstehern aber keine Abschrift gegeben, daher sie nur nach dem, was unterm Verlesen aufgeschrieben worden, ihre weitere Verantwortung aufsezen konten: zum Beispiele von der Art jener Wiederlegung dienet, daß man das ein und zwanzigste Stük des Bekentnißes, welches dem Heiligendienste entgegen gesezet war, damit abzufertigen meinete, daß längst an Vigilanze, den Albigensern, Armen von Lion und Pikardern dergleichen Meinung verdammet, hingegen durch Ansehen und Gebrauch der Gemeine und Väter die Anrufung der Heiligen bestätiget sei. Philip von Heßen, deßen Bemühungen zur Vereinigung der Bekenner fruchtlos gewesen, der wol sah, daß weiter nichts fruchtbarliges auf dem Reichstage auszurichten und an einem Vergleiche mit Rom nicht zugedenken sei, der ein Gerücht, daß man zulezt Gewalt wieder die Fürsten brauchen würde, nicht für ungegründet hielt, zumal die Thore stark bewachet wurden, zog ohne des Kaisers Erlaubnis den 6 Aug. Abends durch ein Nebenthor hinweg, welches die vier andern Fürsten, die dadurch in Sicherheit gesezet waren, bei dem zürnenden Kaiser aufs beste entschuldigten. Philip Melanchthon war anfangs alzuzaghaft, schmeichelte hernach den Papisten und schrieb sogar an den päpstligen Gesandten einen sehr demüthigen Brief, gab endlig bei der Unterhandlung

wurde sie den 3 Aug. öffentlig verlesen, den Wiederstehern aber keine Abschrift gegeben, daher sie nur nach dem, was unterm Verlesen aufgeschrieben worden, ihre weitere Verantwortung aufsezen konten: zum Beispiele von der Art jener Wiederlegung dienet, daß man das ein und zwanzigste Stük des Bekentnißes, welches dem Heiligendienste entgegen gesezet war, damit abzufertigen meinete, daß längst an Vigilanze, den Albigensern, Armen von Lion und Pikardern dergleichen Meinung verdammet, hingegen durch Ansehen und Gebrauch der Gemeine und Väter die Anrufung der Heiligen bestätiget sei. Philip von Heßen, deßen Bemühungen zur Vereinigung der Bekenner fruchtlos gewesen, der wol sah, daß weiter nichts fruchtbarliges auf dem Reichstage auszurichten und an einem Vergleiche mit Rom nicht zugedenken sei, der ein Gerücht, daß man zulezt Gewalt wieder die Fürsten brauchen würde, nicht für ungegründet hielt, zumal die Thore stark bewachet wurden, zog ohne des Kaisers Erlaubnis den 6 Aug. Abends durch ein Nebenthor hinweg, welches die vier andern Fürsten, die dadurch in Sicherheit gesezet waren, bei dem zürnenden Kaiser aufs beste entschuldigten. Philip Melanchthon war anfangs alzuzaghaft, schmeichelte hernach den Papisten und schrieb sogar an den päpstligen Gesandten einen sehr demüthigen Brief, gab endlig bei der Unterhandlung

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[713/0725] wurde sie den 3 Aug. öffentlig verlesen, den Wiederstehern aber keine Abschrift gegeben, daher sie nur nach dem, was unterm Verlesen aufgeschrieben worden, ihre weitere Verantwortung aufsezen konten: zum Beispiele von der Art jener Wiederlegung dienet, daß man das ein und zwanzigste Stük des Bekentnißes, welches dem Heiligendienste entgegen gesezet war, damit abzufertigen meinete, daß längst an Vigilanze, den Albigensern, Armen von Lion und Pikardern dergleichen Meinung verdammet, hingegen durch Ansehen und Gebrauch der Gemeine und Väter die Anrufung der Heiligen bestätiget sei. Philip von Heßen, deßen Bemühungen zur Vereinigung der Bekenner fruchtlos gewesen, der wol sah, daß weiter nichts fruchtbarliges auf dem Reichstage auszurichten und an einem Vergleiche mit Rom nicht zugedenken sei, der ein Gerücht, daß man zulezt Gewalt wieder die Fürsten brauchen würde, nicht für ungegründet hielt, zumal die Thore stark bewachet wurden, zog ohne des Kaisers Erlaubnis den 6 Aug. Abends durch ein Nebenthor hinweg, welches die vier andern Fürsten, die dadurch in Sicherheit gesezet waren, bei dem zürnenden Kaiser aufs beste entschuldigten. Philip Melanchthon war anfangs alzuzaghaft, schmeichelte hernach den Papisten und schrieb sogar an den päpstligen Gesandten einen sehr demüthigen Brief, gab endlig bei der Unterhandlung

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Zitationshilfe: Tönnies, Johann Heinrich: Auszug der Geschichte zur Erklärung der Offenbarung Johannis. Leipzig, 1776, S. 713. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_auszug_1776/725>, abgerufen am 22.11.2024.