Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tönnies, Johann Heinrich: Auszug der Geschichte zur Erklärung der Offenbarung Johannis. Leipzig, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

det alle gesezmäßige Mittel an, die Ordnung wiederherzustellen. Aber man wird schwerlich behaupten können, daß er während der Zeit als ein Unterthan anzusehen sei, du durch die Schuld des andern Theils die rechtmäßige Ausübung der obersten Gewalt auf einige Zeit unmöglich gemacht, und folglig der ganze Staat in gewißer Maaße auf eben diese Zeit aufgehoben ist. Die Geseze der Vernunft, welche eigentlig nichts anders, als der Ausdruk der höchsten Güte sind, wollen, daß man nie zu härtern mitteln schreiten solle, so lange man gütige und gelinde, die eben das, was jene, ausrichten können, in seiner Gewalt hat. Es wird also der Vernunft gemäß sein, daß auf vorbeschriebene Art beleidigte Bürger von ihrem sie kränkenden Fürsten zuerst durch Vorstellungen und Bitten Genugthuung und Abänderung, in Ansehung der erlittenen Beschwerden, zuerhalten sachen. Aber, wenn die Vorstellungen umsonst, die Bitten vergeblich sind, wenn die Thränen der unterdrükten Unschuld das Herz des Beleidigers nicht erweichen können, wenn das Geschrei der Leidenschaft das Ohr betäubt, daß es die Stimme der Menschligkeit nicht höre; so befolgt der leidende Theil mit Recht das Gebot der Selbsterhaltung, und suchel das mit Gewalt zuschüzen, was er durch Güte nicht erhalten kan. Auf diese Art werden unterdrükte Stände eines Staats, ohne, daß sie als

det alle gesezmäßige Mittel an, die Ordnung wiederherzustellen. Aber man wird schwerlich behaupten können, daß er während der Zeit als ein Unterthan anzusehen sei, du durch die Schuld des andern Theils die rechtmäßige Ausübung der obersten Gewalt auf einige Zeit unmöglich gemacht, und folglig der ganze Staat in gewißer Maaße auf eben diese Zeit aufgehoben ist. Die Geseze der Vernunft, welche eigentlig nichts anders, als der Ausdruk der höchsten Güte sind, wollen, daß man nie zu härtern mitteln schreiten solle, so lange man gütige und gelinde, die eben das, was jene, ausrichten können, in seiner Gewalt hat. Es wird also der Vernunft gemäß sein, daß auf vorbeschriebene Art beleidigte Bürger von ihrem sie kränkenden Fürsten zuerst durch Vorstellungen und Bitten Genugthuung und Abänderung, in Ansehung der erlittenen Beschwerden, zuerhalten sachen. Aber, wenn die Vorstellungen umsonst, die Bitten vergeblich sind, wenn die Thränen der unterdrükten Unschuld das Herz des Beleidigers nicht erweichen können, wenn das Geschrei der Leidenschaft das Ohr betäubt, daß es die Stimme der Menschligkeit nicht höre; so befolgt der leidende Theil mit Recht das Gebot der Selbsterhaltung, und suchel das mit Gewalt zuschüzen, was er durch Güte nicht erhalten kan. Auf diese Art werden unterdrükte Stände eines Staats, ohne, daß sie als

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0924" n="912"/>
det                      alle gesezmäßige Mittel an, die Ordnung wiederherzustellen. Aber man wird                      schwerlich behaupten können, daß er während der Zeit als ein Unterthan anzusehen                      sei, du durch die Schuld des andern Theils die rechtmäßige Ausübung der obersten                      Gewalt auf einige Zeit unmöglich gemacht, und folglig der ganze Staat in gewißer                      Maaße auf eben diese Zeit aufgehoben ist. Die Geseze der Vernunft, welche                      eigentlig nichts anders, als der Ausdruk der höchsten Güte sind, wollen, daß man                      nie zu härtern mitteln schreiten solle, so lange man gütige und gelinde, die                      eben das, was jene, ausrichten können, in seiner Gewalt hat. Es wird also der                      Vernunft gemäß sein, daß auf vorbeschriebene Art beleidigte Bürger von ihrem sie                      kränkenden Fürsten zuerst durch Vorstellungen und Bitten Genugthuung und                      Abänderung, in Ansehung der erlittenen Beschwerden, zuerhalten sachen. Aber,                      wenn die Vorstellungen umsonst, die Bitten vergeblich sind, wenn die Thränen der                      unterdrükten Unschuld das Herz des Beleidigers nicht erweichen können, wenn das                      Geschrei der Leidenschaft das Ohr betäubt, daß es die Stimme der Menschligkeit                      nicht höre; so befolgt der leidende Theil mit Recht das Gebot der                      Selbsterhaltung, und suchel das mit Gewalt zuschüzen, was er durch Güte nicht                      erhalten kan. Auf diese Art werden unterdrükte Stände eines Staats, ohne, daß                      sie als
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[912/0924] det alle gesezmäßige Mittel an, die Ordnung wiederherzustellen. Aber man wird schwerlich behaupten können, daß er während der Zeit als ein Unterthan anzusehen sei, du durch die Schuld des andern Theils die rechtmäßige Ausübung der obersten Gewalt auf einige Zeit unmöglich gemacht, und folglig der ganze Staat in gewißer Maaße auf eben diese Zeit aufgehoben ist. Die Geseze der Vernunft, welche eigentlig nichts anders, als der Ausdruk der höchsten Güte sind, wollen, daß man nie zu härtern mitteln schreiten solle, so lange man gütige und gelinde, die eben das, was jene, ausrichten können, in seiner Gewalt hat. Es wird also der Vernunft gemäß sein, daß auf vorbeschriebene Art beleidigte Bürger von ihrem sie kränkenden Fürsten zuerst durch Vorstellungen und Bitten Genugthuung und Abänderung, in Ansehung der erlittenen Beschwerden, zuerhalten sachen. Aber, wenn die Vorstellungen umsonst, die Bitten vergeblich sind, wenn die Thränen der unterdrükten Unschuld das Herz des Beleidigers nicht erweichen können, wenn das Geschrei der Leidenschaft das Ohr betäubt, daß es die Stimme der Menschligkeit nicht höre; so befolgt der leidende Theil mit Recht das Gebot der Selbsterhaltung, und suchel das mit Gewalt zuschüzen, was er durch Güte nicht erhalten kan. Auf diese Art werden unterdrükte Stände eines Staats, ohne, daß sie als

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_auszug_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_auszug_1776/924
Zitationshilfe: Tönnies, Johann Heinrich: Auszug der Geschichte zur Erklärung der Offenbarung Johannis. Leipzig, 1776, S. 912. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_auszug_1776/924>, abgerufen am 22.11.2024.