auf Gefallen beruhenden Thätigkeiten als gewohnte um so eher und um so eigenthümlicher in die Erscheinung: eine bestimmte Lebensweise (daher die natürliche Umgebung) wird als Gewohnheit dem Thiere angenehm, endlich un- entbehrlich; ebenso eine bestimmte Nahrung und die Ge- nossen seiner Art. Hierin ist auch der Mensch ganz und gar Thier, wenn auch auf seine eigene Weise; man sagt wohl, er sei ein Gewohnheitsthier, ein Sklave seiner Ge- wohnheiten, u. dergl., wodurch allgemeine und richtige Erkenntniss ausgedrückt wird. Insofern also der Mensch als eine animalische Species der anderen grossen Abtheilung organischer Wesen mitgegenübersteht, so ist Gewohnheit das Wesentliche und Substanzielle seines Geistes. Alle Uebung und also Gewohnheit setzt irgendwelche sinnliche Wahrnehmung voraus, also menschliche Gewohnheit auch das Verständniss von Wortzeichen. Wenn aber ein Thier zunächst an Gegenstände und deren Genuss sich gewöhnt, welche mit den Lebensthätigkeiten auf unmittelbare Weise zusammenhängen; so ferner und insonderheit an gewisse ihm nothwendige und durch specielle Wahrnehmungen be- dingte Bewegungen, Arbeiten, welche es einüben muss; endlich an hiermit simultane, darauf wirkende und dadurch bewirkte Verläufe und Zusammenhänge von Wahrnehmungen und Vorstellungen, worauf die den oberen Thieren geläufige Action des Schliessens als der Ergänzung eines Gegebenen durch bestehende Associationen beruhet, und -- welcher als Fähigkeit dazu unterschieden wird -- der Verstand. In der menschlichen Natur werden diese Arten nur specia- lisirt und modificirt, so dass man unterscheiden mag: menschliche Lebens-, Arbeits- und Vorstellungsgewohn- heiten, welche doch alle durch zahlreiche und sich kreu- zende Fäden verbunden sind. Am meisten macht sich hier merkwürdig -- was ein Jeder weiss -- wie damit, was man kann und kennt, übereinkommt, was man mag, wozu man Lust hat. Denn allerdings ist das Können selber, das Kraft- gefühl, ein Drang und Wille zur Leistung, als die Nothwen- digkeit des Organismus auf diese Art zu leben, um sich in seiner gegebenen Vollkommenheit wenigstens zu erhalten; denn das nichtgebrauchte Glied, die nichtgeübte Kraft ver-
auf Gefallen beruhenden Thätigkeiten als gewohnte um so eher und um so eigenthümlicher in die Erscheinung: eine bestimmte Lebensweise (daher die natürliche Umgebung) wird als Gewohnheit dem Thiere angenehm, endlich un- entbehrlich; ebenso eine bestimmte Nahrung und die Ge- nossen seiner Art. Hierin ist auch der Mensch ganz und gar Thier, wenn auch auf seine eigene Weise; man sagt wohl, er sei ein Gewohnheitsthier, ein Sklave seiner Ge- wohnheiten, u. dergl., wodurch allgemeine und richtige Erkenntniss ausgedrückt wird. Insofern also der Mensch als eine animalische Species der anderen grossen Abtheilung organischer Wesen mitgegenübersteht, so ist Gewohnheit das Wesentliche und Substanzielle seines Geistes. Alle Uebung und also Gewohnheit setzt irgendwelche sinnliche Wahrnehmung voraus, also menschliche Gewohnheit auch das Verständniss von Wortzeichen. Wenn aber ein Thier zunächst an Gegenstände und deren Genuss sich gewöhnt, welche mit den Lebensthätigkeiten auf unmittelbare Weise zusammenhängen; so ferner und insonderheit an gewisse ihm nothwendige und durch specielle Wahrnehmungen be- dingte Bewegungen, Arbeiten, welche es einüben muss; endlich an hiermit simultane, darauf wirkende und dadurch bewirkte Verläufe und Zusammenhänge von Wahrnehmungen und Vorstellungen, worauf die den oberen Thieren geläufige Action des Schliessens als der Ergänzung eines Gegebenen durch bestehende Associationen beruhet, und — welcher als Fähigkeit dazu unterschieden wird — der Verstand. In der menschlichen Natur werden diese Arten nur specia- lisirt und modificirt, so dass man unterscheiden mag: menschliche Lebens-, Arbeits- und Vorstellungsgewohn- heiten, welche doch alle durch zahlreiche und sich kreu- zende Fäden verbunden sind. Am meisten macht sich hier merkwürdig — was ein Jeder weiss — wie damit, was man kann und kennt, übereinkommt, was man mag, wozu man Lust hat. Denn allerdings ist das Können selber, das Kraft- gefühl, ein Drang und Wille zur Leistung, als die Nothwen- digkeit des Organismus auf diese Art zu leben, um sich in seiner gegebenen Vollkommenheit wenigstens zu erhalten; denn das nichtgebrauchte Glied, die nichtgeübte Kraft ver-
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auf Gefallen beruhenden Thätigkeiten als gewohnte um so
eher und um so eigenthümlicher in die Erscheinung: eine
bestimmte Lebensweise (daher die natürliche Umgebung)
wird als Gewohnheit dem Thiere angenehm, endlich un-
entbehrlich; ebenso eine bestimmte Nahrung und die Ge-
nossen seiner Art. Hierin ist auch der Mensch ganz und
gar Thier, wenn auch auf seine eigene Weise; man sagt
wohl, er sei ein Gewohnheitsthier, ein Sklave seiner Ge-
wohnheiten, u. dergl., wodurch allgemeine und richtige
Erkenntniss ausgedrückt wird. Insofern also der Mensch
als eine animalische Species der anderen grossen Abtheilung
organischer Wesen mitgegenübersteht, so ist Gewohnheit
das Wesentliche und Substanzielle seines Geistes. Alle
Uebung und also Gewohnheit setzt irgendwelche sinnliche
Wahrnehmung voraus, also menschliche Gewohnheit auch
das Verständniss von Wortzeichen. Wenn aber ein Thier
zunächst an Gegenstände und deren Genuss sich gewöhnt,
welche mit den Lebensthätigkeiten auf unmittelbare Weise
zusammenhängen; so ferner und insonderheit an gewisse
ihm nothwendige und durch specielle Wahrnehmungen be-
dingte Bewegungen, Arbeiten, welche es einüben muss;
endlich an hiermit simultane, darauf wirkende und dadurch
bewirkte Verläufe und Zusammenhänge von Wahrnehmungen
und Vorstellungen, worauf die den oberen Thieren geläufige
Action des Schliessens als der Ergänzung eines Gegebenen
durch bestehende Associationen beruhet, und — welcher
als Fähigkeit dazu unterschieden wird — der Verstand.
In der menschlichen Natur werden diese Arten nur specia-
lisirt und modificirt, so dass man unterscheiden mag:
menschliche Lebens-, Arbeits- und Vorstellungsgewohn-
heiten, welche doch alle durch zahlreiche und sich kreu-
zende Fäden verbunden sind. Am meisten macht sich hier
merkwürdig — was ein Jeder weiss — wie damit, was man
kann und kennt, übereinkommt, was man mag, wozu man
Lust hat. Denn allerdings ist das Können selber, das Kraft-
gefühl, ein Drang und Wille zur Leistung, als die Nothwen-
digkeit des Organismus auf diese Art zu leben, um sich in
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Tönnies, Ferdinand: Gemeinschaft und Gesellschaft. Berlin, 1887, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_gemeinschaft_1887/146>, abgerufen am 24.11.2024.
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