gegen das Kind, der Mann gegen das Weib dem Wuchse nach höher und grösser zu sein pflegt) Kein Vor und Nach; denn wenn die Gegenleistung in der Zeit folgen soll, so besteht der wirkliche Tausch in dem Wechsel eines (angenommenen, geglaubten) Versprechens gegen die Sache. Dort ist ein Act der distributiven, hier der commu- tativen Gerechtigkeit gegeben, welcher bedeutende Gegen- satz in der Wurzel identisch ist mit dem unsrigen der Ge- meinschaft gegen Gesellschaft, und in neue und wichtige Erörterungen den Ausblick eröffnet. Um aber zurückzu- kehren: so ist die Handels- und andere Concurrenz (wo ein Jeder, der mitläuft, reich, mächtig, angesehen zu werden trach- tet) doch nur eine metaphorische; ihr steht gar kein Subject, weder ein verkaufendes, noch ein schenkendes gegenüber, sondern die berechenbaren oder unberechenbaren Umstände des Schicksals, das Glück, welches aus bekannten oder un- bekannten Ursachen den Fleiss oder die Frechheit des Einen belohnt, des Anderen vergeblich sein lässt. Ferner: die Versprechung eines Preises ist nur dann der ideellen Hingabe desselben gleich, wenn die geforderte Leistung eine durchaus objective Beschaffenheit hat, also wie eine Sache aus der Willkürsphäre des Leistenden ablösbar ist; denn so wird der Tausch ein vollendeter, sobald als diese auf die Gegenseite übergegangen ist, indem eine Forderung auf den Preis oder eine Obligation des Preisstellers daraus entsteht.
§ 10.
Und auf diese wie auf andere Weise kann aus jedem Dienstverhältniss ein reines Contractverhältniss werden, wie durch Erfahrung bekannt ist. Aber wiederum erkennen wir auch, dass durch keine Anstrengung und Willkür ge- macht werden kann, was nur die freie Natur und der mit ihr harmonische menschliche Wesenwille hervorbringt, und dazu gehören dessen Eigenschaften sowohl als nicht weniger die ihm eigenthümlichen Werke. Alles von dieser Art kann wohl belohnt, aber nicht bezahlt werden. Von den Eigenschaften nur was sich etwa aus ihnen in bestimmten Thaten darstellt, was daher -- oder desgleichen -- ein jeder Mensch, auch ohne solche Eigenschaften, zu können
gegen das Kind, der Mann gegen das Weib dem Wuchse nach höher und grösser zu sein pflegt) Kein Vor und Nach; denn wenn die Gegenleistung in der Zeit folgen soll, so besteht der wirkliche Tausch in dem Wechsel eines (angenommenen, geglaubten) Versprechens gegen die Sache. Dort ist ein Act der distributiven, hier der commu- tativen Gerechtigkeit gegeben, welcher bedeutende Gegen- satz in der Wurzel identisch ist mit dem unsrigen der Ge- meinschaft gegen Gesellschaft, und in neue und wichtige Erörterungen den Ausblick eröffnet. Um aber zurückzu- kehren: so ist die Handels- und andere Concurrenz (wo ein Jeder, der mitläuft, reich, mächtig, angesehen zu werden trach- tet) doch nur eine metaphorische; ihr steht gar kein Subject, weder ein verkaufendes, noch ein schenkendes gegenüber, sondern die berechenbaren oder unberechenbaren Umstände des Schicksals, das Glück, welches aus bekannten oder un- bekannten Ursachen den Fleiss oder die Frechheit des Einen belohnt, des Anderen vergeblich sein lässt. Ferner: die Versprechung eines Preises ist nur dann der ideellen Hingabe desselben gleich, wenn die geforderte Leistung eine durchaus objective Beschaffenheit hat, also wie eine Sache aus der Willkürsphäre des Leistenden ablösbar ist; denn so wird der Tausch ein vollendeter, sobald als diese auf die Gegenseite übergegangen ist, indem eine Forderung auf den Preis oder eine Obligation des Preisstellers daraus entsteht.
§ 10.
Und auf diese wie auf andere Weise kann aus jedem Dienstverhältniss ein reines Contractverhältniss werden, wie durch Erfahrung bekannt ist. Aber wiederum erkennen wir auch, dass durch keine Anstrengung und Willkür ge- macht werden kann, was nur die freie Natur und der mit ihr harmonische menschliche Wesenwille hervorbringt, und dazu gehören dessen Eigenschaften sowohl als nicht weniger die ihm eigenthümlichen Werke. Alles von dieser Art kann wohl belohnt, aber nicht bezahlt werden. Von den Eigenschaften nur was sich etwa aus ihnen in bestimmten Thaten darstellt, was daher — oder desgleichen — ein jeder Mensch, auch ohne solche Eigenschaften, zu können
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[219/0255]
gegen das Kind, der Mann gegen das Weib dem Wuchse
nach höher und grösser zu sein pflegt) Kein Vor und
Nach; denn wenn die Gegenleistung in der Zeit folgen
soll, so besteht der wirkliche Tausch in dem Wechsel eines
(angenommenen, geglaubten) Versprechens gegen die Sache.
Dort ist ein Act der distributiven, hier der commu-
tativen Gerechtigkeit gegeben, welcher bedeutende Gegen-
satz in der Wurzel identisch ist mit dem unsrigen der Ge-
meinschaft gegen Gesellschaft, und in neue und wichtige
Erörterungen den Ausblick eröffnet. Um aber zurückzu-
kehren: so ist die Handels- und andere Concurrenz (wo ein
Jeder, der mitläuft, reich, mächtig, angesehen zu werden trach-
tet) doch nur eine metaphorische; ihr steht gar kein Subject,
weder ein verkaufendes, noch ein schenkendes gegenüber,
sondern die berechenbaren oder unberechenbaren Umstände
des Schicksals, das Glück, welches aus bekannten oder un-
bekannten Ursachen den Fleiss oder die Frechheit des
Einen belohnt, des Anderen vergeblich sein lässt. Ferner:
die Versprechung eines Preises ist nur dann der ideellen
Hingabe desselben gleich, wenn die geforderte Leistung eine
durchaus objective Beschaffenheit hat, also wie eine Sache
aus der Willkürsphäre des Leistenden ablösbar ist; denn
so wird der Tausch ein vollendeter, sobald als diese auf die
Gegenseite übergegangen ist, indem eine Forderung auf den
Preis oder eine Obligation des Preisstellers daraus entsteht.
§ 10.
Und auf diese wie auf andere Weise kann aus jedem
Dienstverhältniss ein reines Contractverhältniss werden,
wie durch Erfahrung bekannt ist. Aber wiederum erkennen
wir auch, dass durch keine Anstrengung und Willkür ge-
macht werden kann, was nur die freie Natur und der mit
ihr harmonische menschliche Wesenwille hervorbringt, und
dazu gehören dessen Eigenschaften sowohl als nicht weniger
die ihm eigenthümlichen Werke. Alles von dieser Art
kann wohl belohnt, aber nicht bezahlt werden. Von den
Eigenschaften nur was sich etwa aus ihnen in bestimmten
Thaten darstellt, was daher — oder desgleichen — ein
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Tönnies, Ferdinand: Gemeinschaft und Gesellschaft. Berlin, 1887, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_gemeinschaft_1887/255>, abgerufen am 24.11.2024.
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