lichen Vorzug: er steht dem Vater am nächsten und rückt in die leer werdende Stelle des Alternden ein; auf ihn beginnt daher schon mit seiner Geburt die vollkommene Macht des Vaters überzugehen, und so wird durch ununter- brochene Reihenfolge von Vätern und Söhnen die Idee eines immer erneuten Lebensfeuers dargestellt. -- Wir wissen, dass diese Regel der Erbschaft nicht die ursprüngliche ge- wesen ist, wie denn auch dem Patriarchat die mütterliche Herrschaft und die des mütterlichen Bruders vorauszugehen scheint. Aber weil die Herrschaft des Mannes in Kampf und Arbeit als die zweckmässigere sich bewährt, und weil durch Ehe die Vaterschaft zur Gewissheit einer natürlichen Thatsache sich erhebt: so ist die väterliche Herrschaft all- gemeine Form des Cultur-Zustandes. Und wenn der Primo- genitur die collaterale Succession (das System der "Tanistry") an Alter und Rang überlegen ist, so bezeichnet diese nur die fortgesetzte Wirkung einer früheren Generation: der succedirende Bruder leitet sein Recht nicht von dem Bruder, sondern von dem gemeinsamen Vater ab.
§ 3.
In jedem Zusammenleben findet oder entwickelt sich, allgemeinen Bedingungen gemäss, irgendwelche Verschieden- heit und Theilung des Genusses und der Arbeit, und ergibt eine Reciprocität derselben. Sie ist in dem ersten jener drei Urverhältnisse am meisten unmittelbar gegeben; und hier überwiegt die Seite des Genusses die der Leistung. Das Kind geniesst des Schutzes, der Nahrung und Unter- weisung; die Mutter der Freude am Besitze, später des Gehorsams, endlich auch verständig-thätiger Hülfe. Einiger- massen findet eine ähnliche Wechselwirkung auch zwischen dem Manne und seinem weiblichen Genossen statt, welche aber hier zuerst auf der geschlechtlichen Differenz und nur in zweiter Linie auf der des Alters beruht. Jener gemäss aber macht sich um so mehr der Unterschied der natür- lichen Kräfte, in Theilung der Arbeit geltend; auf gemein- same Gegenstände bezogen, der Arbeit zum Behufe des Schutzes so, dass die Hut des Werthgehaltenen dem Weibe, die Abwehr des Feindlichen dem Manne zufällt; zum Behufe
lichen Vorzug: er steht dem Vater am nächsten und rückt in die leer werdende Stelle des Alternden ein; auf ihn beginnt daher schon mit seiner Geburt die vollkommene Macht des Vaters überzugehen, und so wird durch ununter- brochene Reihenfolge von Vätern und Söhnen die Idee eines immer erneuten Lebensfeuers dargestellt. — Wir wissen, dass diese Regel der Erbschaft nicht die ursprüngliche ge- wesen ist, wie denn auch dem Patriarchat die mütterliche Herrschaft und die des mütterlichen Bruders vorauszugehen scheint. Aber weil die Herrschaft des Mannes in Kampf und Arbeit als die zweckmässigere sich bewährt, und weil durch Ehe die Vaterschaft zur Gewissheit einer natürlichen Thatsache sich erhebt: so ist die väterliche Herrschaft all- gemeine Form des Cultur-Zustandes. Und wenn der Primo- genitur die collaterale Succession (das System der »Tanistry«) an Alter und Rang überlegen ist, so bezeichnet diese nur die fortgesetzte Wirkung einer früheren Generation: der succedirende Bruder leitet sein Recht nicht von dem Bruder, sondern von dem gemeinsamen Vater ab.
§ 3.
In jedem Zusammenleben findet oder entwickelt sich, allgemeinen Bedingungen gemäss, irgendwelche Verschieden- heit und Theilung des Genusses und der Arbeit, und ergibt eine Reciprocität derselben. Sie ist in dem ersten jener drei Urverhältnisse am meisten unmittelbar gegeben; und hier überwiegt die Seite des Genusses die der Leistung. Das Kind geniesst des Schutzes, der Nahrung und Unter- weisung; die Mutter der Freude am Besitze, später des Gehorsams, endlich auch verständig-thätiger Hülfe. Einiger- massen findet eine ähnliche Wechselwirkung auch zwischen dem Manne und seinem weiblichen Genossen statt, welche aber hier zuerst auf der geschlechtlichen Differenz und nur in zweiter Linie auf der des Alters beruht. Jener gemäss aber macht sich um so mehr der Unterschied der natür- lichen Kräfte, in Theilung der Arbeit geltend; auf gemein- same Gegenstände bezogen, der Arbeit zum Behufe des Schutzes so, dass die Hut des Werthgehaltenen dem Weibe, die Abwehr des Feindlichen dem Manne zufällt; zum Behufe
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lichen Vorzug: er steht dem Vater am nächsten und rückt
in die leer werdende Stelle des Alternden ein; auf ihn
beginnt daher schon mit seiner Geburt die vollkommene
Macht des Vaters überzugehen, und so wird durch ununter-
brochene Reihenfolge von Vätern und Söhnen die Idee eines
immer erneuten Lebensfeuers dargestellt. — Wir wissen,
dass diese Regel der Erbschaft nicht die ursprüngliche ge-
wesen ist, wie denn auch dem Patriarchat die mütterliche
Herrschaft und die des mütterlichen Bruders vorauszugehen
scheint. Aber weil die Herrschaft des Mannes in Kampf
und Arbeit als die zweckmässigere sich bewährt, und weil
durch Ehe die Vaterschaft zur Gewissheit einer natürlichen
Thatsache sich erhebt: so ist die väterliche Herrschaft all-
gemeine Form des Cultur-Zustandes. Und wenn der Primo-
genitur die collaterale Succession (das System der »Tanistry«)
an Alter und Rang überlegen ist, so bezeichnet diese nur
die fortgesetzte Wirkung einer früheren Generation: der
succedirende Bruder leitet sein Recht nicht von dem Bruder,
sondern von dem gemeinsamen Vater ab.
§ 3.
In jedem Zusammenleben findet oder entwickelt sich,
allgemeinen Bedingungen gemäss, irgendwelche Verschieden-
heit und Theilung des Genusses und der Arbeit, und ergibt
eine Reciprocität derselben. Sie ist in dem ersten jener
drei Urverhältnisse am meisten unmittelbar gegeben; und
hier überwiegt die Seite des Genusses die der Leistung.
Das Kind geniesst des Schutzes, der Nahrung und Unter-
weisung; die Mutter der Freude am Besitze, später des
Gehorsams, endlich auch verständig-thätiger Hülfe. Einiger-
massen findet eine ähnliche Wechselwirkung auch zwischen
dem Manne und seinem weiblichen Genossen statt, welche
aber hier zuerst auf der geschlechtlichen Differenz und nur
in zweiter Linie auf der des Alters beruht. Jener gemäss
aber macht sich um so mehr der Unterschied der natür-
lichen Kräfte, in Theilung der Arbeit geltend; auf gemein-
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die Abwehr des Feindlichen dem Manne zufällt; zum Behufe
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Tönnies, Ferdinand: Gemeinschaft und Gesellschaft. Berlin, 1887, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_gemeinschaft_1887/49>, abgerufen am 21.11.2024.
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