und stärker, je enger, und etwa auch, je mehr nach aussen hin gefährdet, diese Gruppe gedacht wird, und folglich alle Umstände auf ein Zusammenhalten und gemeinsames Kämpfen und Wirken hindrängen. Woraus dann wiederum Gewohn- heit solches Leben immer leichter und lieber macht. Zu- gleich darf unter Brüdern auch, in möglichst hohem Grade, Gleichheit des Wesens und der Kräfte erwartet werden, wogegen dann die Differenz des Verstandes oder der Er- fahrung, als der rein menschlichen oder mentalen Momente, um so heller sich abheben kann.
§ 2.
Manche andere, fernere Beziehungen knüpfen sich an diese ehesten und nächsten Arten an. In dem Verhältniss zwischen Vater und Kindern finden sie ihre Einheit und Vollendung. In der bedeutendsten Hinsicht der ersten Art ähnlich, nämlich durch die Beschaffenheit der organischen Basis (welche hier das vernünftige Wesen mit den Sprossen seines eigenen Leibes verbunden hält) weicht es durch die viel schwächere Natur des Instinctes von ihm ab, und nähert sich dem des Gatten zur Gattin, wird daher auch leichter als eine blosse Macht und Gewalt über Unfreie empfunden; während aber die Neigung des Gatten, mehr der Dauer nach, als der Heftigkeit nach, geringer ist als die mütter- liche, so ist von dieser die des Vaters eher in umgekehrter Weise verschieden. Und so ist sie, wenn in einiger Stärke vorhanden, durch ihre mentale Natur der Geschwisterliebe ähnlich; vor welchem Verhältniss aber dieses durch die Ungleichheit des Wesens (insonderheit Alters) und der Kräfte -- welche hier noch völlig die des Geistes involvirt -- in deutlicher Weise sich auszeichnet. So begründet das Vaterthum am reinsten die Idee der Herrschaft im gemeinschaftlichen Sinne: wo sie nicht Gebrauch und Ver- fügung zum Nutzen des Herren bedeutet, sondern Erziehung und Lehre als Vollendung der Erzeugung; Mittheilung aus der Fülle des eigenen Lebens, welche erst in allmählich zunehmender Weise durch die Heranwachsenden erwidert werden und so ein wirklich gegenseitiges Verhältniss be- gründen kann. Hier hat der erstgeborene Sohn den natür-
und stärker, je enger, und etwa auch, je mehr nach aussen hin gefährdet, diese Gruppe gedacht wird, und folglich alle Umstände auf ein Zusammenhalten und gemeinsames Kämpfen und Wirken hindrängen. Woraus dann wiederum Gewohn- heit solches Leben immer leichter und lieber macht. Zu- gleich darf unter Brüdern auch, in möglichst hohem Grade, Gleichheit des Wesens und der Kräfte erwartet werden, wogegen dann die Differenz des Verstandes oder der Er- fahrung, als der rein menschlichen oder mentalen Momente, um so heller sich abheben kann.
§ 2.
Manche andere, fernere Beziehungen knüpfen sich an diese ehesten und nächsten Arten an. In dem Verhältniss zwischen Vater und Kindern finden sie ihre Einheit und Vollendung. In der bedeutendsten Hinsicht der ersten Art ähnlich, nämlich durch die Beschaffenheit der organischen Basis (welche hier das vernünftige Wesen mit den Sprossen seines eigenen Leibes verbunden hält) weicht es durch die viel schwächere Natur des Instinctes von ihm ab, und nähert sich dem des Gatten zur Gattin, wird daher auch leichter als eine blosse Macht und Gewalt über Unfreie empfunden; während aber die Neigung des Gatten, mehr der Dauer nach, als der Heftigkeit nach, geringer ist als die mütter- liche, so ist von dieser die des Vaters eher in umgekehrter Weise verschieden. Und so ist sie, wenn in einiger Stärke vorhanden, durch ihre mentale Natur der Geschwisterliebe ähnlich; vor welchem Verhältniss aber dieses durch die Ungleichheit des Wesens (insonderheit Alters) und der Kräfte — welche hier noch völlig die des Geistes involvirt — in deutlicher Weise sich auszeichnet. So begründet das Vaterthum am reinsten die Idee der Herrschaft im gemeinschaftlichen Sinne: wo sie nicht Gebrauch und Ver- fügung zum Nutzen des Herren bedeutet, sondern Erziehung und Lehre als Vollendung der Erzeugung; Mittheilung aus der Fülle des eigenen Lebens, welche erst in allmählich zunehmender Weise durch die Heranwachsenden erwidert werden und so ein wirklich gegenseitiges Verhältniss be- gründen kann. Hier hat der erstgeborene Sohn den natür-
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und stärker, je enger, und etwa auch, je mehr nach aussen
hin gefährdet, diese Gruppe gedacht wird, und folglich alle
Umstände auf ein Zusammenhalten und gemeinsames Kämpfen
und Wirken hindrängen. Woraus dann wiederum Gewohn-
heit solches Leben immer leichter und lieber macht. Zu-
gleich darf unter Brüdern auch, in möglichst hohem Grade,
Gleichheit des Wesens und der Kräfte erwartet werden,
wogegen dann die Differenz des Verstandes oder der Er-
fahrung, als der rein menschlichen oder mentalen Momente,
um so heller sich abheben kann.
§ 2.
Manche andere, fernere Beziehungen knüpfen sich
an diese ehesten und nächsten Arten an. In dem Verhältniss
zwischen Vater und Kindern finden sie ihre Einheit und
Vollendung. In der bedeutendsten Hinsicht der ersten Art
ähnlich, nämlich durch die Beschaffenheit der organischen
Basis (welche hier das vernünftige Wesen mit den Sprossen
seines eigenen Leibes verbunden hält) weicht es durch die
viel schwächere Natur des Instinctes von ihm ab, und nähert
sich dem des Gatten zur Gattin, wird daher auch leichter
als eine blosse Macht und Gewalt über Unfreie empfunden;
während aber die Neigung des Gatten, mehr der Dauer
nach, als der Heftigkeit nach, geringer ist als die mütter-
liche, so ist von dieser die des Vaters eher in umgekehrter
Weise verschieden. Und so ist sie, wenn in einiger Stärke
vorhanden, durch ihre mentale Natur der Geschwisterliebe
ähnlich; vor welchem Verhältniss aber dieses durch die
Ungleichheit des Wesens (insonderheit Alters) und der
Kräfte — welche hier noch völlig die des Geistes involvirt
— in deutlicher Weise sich auszeichnet. So begründet das
Vaterthum am reinsten die Idee der Herrschaft im
gemeinschaftlichen Sinne: wo sie nicht Gebrauch und Ver-
fügung zum Nutzen des Herren bedeutet, sondern Erziehung
und Lehre als Vollendung der Erzeugung; Mittheilung aus
der Fülle des eigenen Lebens, welche erst in allmählich
zunehmender Weise durch die Heranwachsenden erwidert
werden und so ein wirklich gegenseitiges Verhältniss be-
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Tönnies, Ferdinand: Gemeinschaft und Gesellschaft. Berlin, 1887, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_gemeinschaft_1887/48>, abgerufen am 21.11.2024.
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