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Tönnies, Ferdinand: Gemeinschaft und Gesellschaft. Berlin, 1887.

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getödtet wird, um der Verzehrung willen. Der Jäger und
der Fischer wollen ihre einzelne Beute nicht sowohl be-
sitzen als nur geniessen, obgleich ein Theil ihres Genusses
wiederum als ein dauernder und somit als Besitz sich dar-
stellen mag, wie der Gebrauch von Fellen und irgend welchen
gesammelten Vorrathes. Aber die Jagd ist selber als sich
wiederholende Thätigkeit durch den, wenn auch unbestimmten,
Besitz eines Revieres bedingt, als dessen Genuss sie be-
griffen werden kann. Die allgemeine Beschaffenheit und
den Inhalt dessen muss der Vernünftige zu erhalten oder
sogar zu vermehren wünschen, als die Substanz, deren
Modus und Product die jedesmalige Beute ist. So ist die
Substanz des Baumes, dessen Frucht gepflückt wird, des
Bodens, der geniessbare Halme trägt. Dieselbe Wesenheit
gewinnt aber das gezähmte, gefütterte und gepflegte Thier
selber, sei es um als Diener und Gehülfe gebraucht zu
werden, oder um lebendige und sich erneuernde Theile
seines Leibes zum Genusse darzubieten. In diesem Sinne
werden Thiere gezüchtet, und verhält sich folglich die
Art oder die Heerde, als Bleibendes und Erhaltenes, mithin
eigentlicher Besessenes, zum einzelnen, auch durch Zer-
störung, genossenen Exemplare. Und die Haltung von
Heerden bedeutet wiederum eine besondere Beziehung zur
Erde, dem Weidelande, welches dem Vieh seine Nahrung
gibt. Aber Jagdgründe und Weideland, in freiem Gebiete,
können gewechselt werden, wenn erschöpft, indem die Men-
schen mit Hab und Gut und also auch mit Thieren, ihre
Stätten verlassen, um bessere zu gewinnen. Erst der ge-
brochene Acker, in welchen der Mensch zukünftiger Pflanze
Samen, vergangener die Frucht, mit eigener Arbeit ver-
schliesst, bindet seinen Fuss, wird Besitz succedirender
Generationen, und stellt, in Verbindung mit den immer
jungen menschlichen Kräften selber, als ein unerschöpflicher
Schatz sich dar, wenn auch erst allmählich, durch zu-
nehmende Erfahrung und daraus erwachsende, vernünftige
Behandlung, Schonung, Pflege, in solche Würdigkeit ge-
schaffen. Und mit dem Acker befestigt sich das Haus: aus
einem beweglichen, gleich Menschen, Thieren, Sachen, wird
es unbeweglich, gleich dem Grund und Boden. Der Mensch

getödtet wird, um der Verzehrung willen. Der Jäger und
der Fischer wollen ihre einzelne Beute nicht sowohl be-
sitzen als nur geniessen, obgleich ein Theil ihres Genusses
wiederum als ein dauernder und somit als Besitz sich dar-
stellen mag, wie der Gebrauch von Fellen und irgend welchen
gesammelten Vorrathes. Aber die Jagd ist selber als sich
wiederholende Thätigkeit durch den, wenn auch unbestimmten,
Besitz eines Revieres bedingt, als dessen Genuss sie be-
griffen werden kann. Die allgemeine Beschaffenheit und
den Inhalt dessen muss der Vernünftige zu erhalten oder
sogar zu vermehren wünschen, als die Substanz, deren
Modus und Product die jedesmalige Beute ist. So ist die
Substanz des Baumes, dessen Frucht gepflückt wird, des
Bodens, der geniessbare Halme trägt. Dieselbe Wesenheit
gewinnt aber das gezähmte, gefütterte und gepflegte Thier
selber, sei es um als Diener und Gehülfe gebraucht zu
werden, oder um lebendige und sich erneuernde Theile
seines Leibes zum Genusse darzubieten. In diesem Sinne
werden Thiere gezüchtet, und verhält sich folglich die
Art oder die Heerde, als Bleibendes und Erhaltenes, mithin
eigentlicher Besessenes, zum einzelnen, auch durch Zer-
störung, genossenen Exemplare. Und die Haltung von
Heerden bedeutet wiederum eine besondere Beziehung zur
Erde, dem Weidelande, welches dem Vieh seine Nahrung
gibt. Aber Jagdgründe und Weideland, in freiem Gebiete,
können gewechselt werden, wenn erschöpft, indem die Men-
schen mit Hab und Gut und also auch mit Thieren, ihre
Stätten verlassen, um bessere zu gewinnen. Erst der ge-
brochene Acker, in welchen der Mensch zukünftiger Pflanze
Samen, vergangener die Frucht, mit eigener Arbeit ver-
schliesst, bindet seinen Fuss, wird Besitz succedirender
Generationen, und stellt, in Verbindung mit den immer
jungen menschlichen Kräften selber, als ein unerschöpflicher
Schatz sich dar, wenn auch erst allmählich, durch zu-
nehmende Erfahrung und daraus erwachsende, vernünftige
Behandlung, Schonung, Pflege, in solche Würdigkeit ge-
schaffen. Und mit dem Acker befestigt sich das Haus: aus
einem beweglichen, gleich Menschen, Thieren, Sachen, wird
es unbeweglich, gleich dem Grund und Boden. Der Mensch

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[28/0064] getödtet wird, um der Verzehrung willen. Der Jäger und der Fischer wollen ihre einzelne Beute nicht sowohl be- sitzen als nur geniessen, obgleich ein Theil ihres Genusses wiederum als ein dauernder und somit als Besitz sich dar- stellen mag, wie der Gebrauch von Fellen und irgend welchen gesammelten Vorrathes. Aber die Jagd ist selber als sich wiederholende Thätigkeit durch den, wenn auch unbestimmten, Besitz eines Revieres bedingt, als dessen Genuss sie be- griffen werden kann. Die allgemeine Beschaffenheit und den Inhalt dessen muss der Vernünftige zu erhalten oder sogar zu vermehren wünschen, als die Substanz, deren Modus und Product die jedesmalige Beute ist. So ist die Substanz des Baumes, dessen Frucht gepflückt wird, des Bodens, der geniessbare Halme trägt. Dieselbe Wesenheit gewinnt aber das gezähmte, gefütterte und gepflegte Thier selber, sei es um als Diener und Gehülfe gebraucht zu werden, oder um lebendige und sich erneuernde Theile seines Leibes zum Genusse darzubieten. In diesem Sinne werden Thiere gezüchtet, und verhält sich folglich die Art oder die Heerde, als Bleibendes und Erhaltenes, mithin eigentlicher Besessenes, zum einzelnen, auch durch Zer- störung, genossenen Exemplare. Und die Haltung von Heerden bedeutet wiederum eine besondere Beziehung zur Erde, dem Weidelande, welches dem Vieh seine Nahrung gibt. Aber Jagdgründe und Weideland, in freiem Gebiete, können gewechselt werden, wenn erschöpft, indem die Men- schen mit Hab und Gut und also auch mit Thieren, ihre Stätten verlassen, um bessere zu gewinnen. Erst der ge- brochene Acker, in welchen der Mensch zukünftiger Pflanze Samen, vergangener die Frucht, mit eigener Arbeit ver- schliesst, bindet seinen Fuss, wird Besitz succedirender Generationen, und stellt, in Verbindung mit den immer jungen menschlichen Kräften selber, als ein unerschöpflicher Schatz sich dar, wenn auch erst allmählich, durch zu- nehmende Erfahrung und daraus erwachsende, vernünftige Behandlung, Schonung, Pflege, in solche Würdigkeit ge- schaffen. Und mit dem Acker befestigt sich das Haus: aus einem beweglichen, gleich Menschen, Thieren, Sachen, wird es unbeweglich, gleich dem Grund und Boden. Der Mensch

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Zitationshilfe: Tönnies, Ferdinand: Gemeinschaft und Gesellschaft. Berlin, 1887, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_gemeinschaft_1887/64>, abgerufen am 24.11.2024.