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Tönnies, Ferdinand: Gemeinschaft und Gesellschaft. Berlin, 1887.

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als sagen, dass jeder Vernünftige in Bezug auf feilgebotene
Gegenstände den Gedanken habe (haben müsse), dass die-
selben ihrer Natur nach etwas kosten, um überhaupt und
insbesondere, um an diesem Orte, zu dieser Zeit, da zu
sein; sei es, dass sie andere Gegenstände, um die sie ein-
getauscht wären, sei es, dass sie Arbeit, oder endlich, dass
sie beides gekostet haben. Aber die menschliche Gesell-
schaft, dieses ens fictivum, tauscht nichts ein; es sei denn,
dass sie als besondere Person begriffen werde (was hier
noch ausser aller Frage ist); denn da nur Menschen mit
Menschen tauschen, so ist kein Wesen da, das sich ihr
gegenüberstellen könnte; für sie kosten daher Gegen-
stände nur Mühe und Arbeit; und zwar, da Raub wie
Tausch die Existenz derselben schon voraussetzt, nichts als
hervorbringende, pflegende und züchtende, schaffende und
Stoffe gestaltende Arbeit, als Ursache des Daseins von
Dingen in bestimmter Zeit, zu welcher inneren noch die
äussere Arbeit der Bewegung im Raume hinzukommen
kann, als Ursache ihres Daseins an bestimmtem Orte. Die
Dinge sind ihr daher alle gleich und jedes einzelne oder
jede Menge bedeutet ihr nur eine gewisse Quantität der
für sie nothwendigen Arbeit; daher wenn einige Arbeit
geschwinder ist als die andere, einige ergiebiger (produc-
tiver), d. i. dieselben Dinge mit geringerer Mühe (durch
grössere Geschicklichkeit oder bessere Werkzeuge) hervor-
bringt, so werden in ihr und durch sie alle diese Unter-
schiede aufgelöst in Quantitäten der gleichen durchschnitt-
lichen Arbeitszeit. Das will sagen: je mehr der Aus-
tausch von Waaren allgemein oder gesellschaftlich wird:
nämlich je mehr Jeder seine Waare für Alle feil hält, und
je mehr Alle fähig sind, dieselbe Waare hervorzubringen,
aber aus eigener Einsicht und Wahl Jeder auf die für ihn
leichteste sich beschränkt; also dass nicht eine ihrer
Natur nach gemeinschaftliche Arbeit getheilt wird, oder
sich theilt, indem besondere Künste ausgebildet, vererbt,
gelehrt werden, sondern vielmehr die Subjecte ein Stück
Arbeit nehmen, welches dem Preise, den die Gesellschaft
darauf setzt, am nächsten entsprechen möge, also das mög-
lichst geringe Quantum überflüssiger Arbeitszeit für sich

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als sagen, dass jeder Vernünftige in Bezug auf feilgebotene
Gegenstände den Gedanken habe (haben müsse), dass die-
selben ihrer Natur nach etwas kosten, um überhaupt und
insbesondere, um an diesem Orte, zu dieser Zeit, da zu
sein; sei es, dass sie andere Gegenstände, um die sie ein-
getauscht wären, sei es, dass sie Arbeit, oder endlich, dass
sie beides gekostet haben. Aber die menschliche Gesell-
schaft, dieses ens fictivum, tauscht nichts ein; es sei denn,
dass sie als besondere Person begriffen werde (was hier
noch ausser aller Frage ist); denn da nur Menschen mit
Menschen tauschen, so ist kein Wesen da, das sich ihr
gegenüberstellen könnte; für sie kosten daher Gegen-
stände nur Mühe und Arbeit; und zwar, da Raub wie
Tausch die Existenz derselben schon voraussetzt, nichts als
hervorbringende, pflegende und züchtende, schaffende und
Stoffe gestaltende Arbeit, als Ursache des Daseins von
Dingen in bestimmter Zeit, zu welcher inneren noch die
äussere Arbeit der Bewegung im Raume hinzukommen
kann, als Ursache ihres Daseins an bestimmtem Orte. Die
Dinge sind ihr daher alle gleich und jedes einzelne oder
jede Menge bedeutet ihr nur eine gewisse Quantität der
für sie nothwendigen Arbeit; daher wenn einige Arbeit
geschwinder ist als die andere, einige ergiebiger (produc-
tiver), d. i. dieselben Dinge mit geringerer Mühe (durch
grössere Geschicklichkeit oder bessere Werkzeuge) hervor-
bringt, so werden in ihr und durch sie alle diese Unter-
schiede aufgelöst in Quantitäten der gleichen durchschnitt-
lichen Arbeitszeit. Das will sagen: je mehr der Aus-
tausch von Waaren allgemein oder gesellschaftlich wird:
nämlich je mehr Jeder seine Waare für Alle feil hält, und
je mehr Alle fähig sind, dieselbe Waare hervorzubringen,
aber aus eigener Einsicht und Wahl Jeder auf die für ihn
leichteste sich beschränkt; also dass nicht eine ihrer
Natur nach gemeinschaftliche Arbeit getheilt wird, oder
sich theilt, indem besondere Künste ausgebildet, vererbt,
gelehrt werden, sondern vielmehr die Subjecte ein Stück
Arbeit nehmen, welches dem Preise, den die Gesellschaft
darauf setzt, am nächsten entsprechen möge, also das mög-
lichst geringe Quantum überflüssiger Arbeitszeit für sich

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[51/0087] als sagen, dass jeder Vernünftige in Bezug auf feilgebotene Gegenstände den Gedanken habe (haben müsse), dass die- selben ihrer Natur nach etwas kosten, um überhaupt und insbesondere, um an diesem Orte, zu dieser Zeit, da zu sein; sei es, dass sie andere Gegenstände, um die sie ein- getauscht wären, sei es, dass sie Arbeit, oder endlich, dass sie beides gekostet haben. Aber die menschliche Gesell- schaft, dieses ens fictivum, tauscht nichts ein; es sei denn, dass sie als besondere Person begriffen werde (was hier noch ausser aller Frage ist); denn da nur Menschen mit Menschen tauschen, so ist kein Wesen da, das sich ihr gegenüberstellen könnte; für sie kosten daher Gegen- stände nur Mühe und Arbeit; und zwar, da Raub wie Tausch die Existenz derselben schon voraussetzt, nichts als hervorbringende, pflegende und züchtende, schaffende und Stoffe gestaltende Arbeit, als Ursache des Daseins von Dingen in bestimmter Zeit, zu welcher inneren noch die äussere Arbeit der Bewegung im Raume hinzukommen kann, als Ursache ihres Daseins an bestimmtem Orte. Die Dinge sind ihr daher alle gleich und jedes einzelne oder jede Menge bedeutet ihr nur eine gewisse Quantität der für sie nothwendigen Arbeit; daher wenn einige Arbeit geschwinder ist als die andere, einige ergiebiger (produc- tiver), d. i. dieselben Dinge mit geringerer Mühe (durch grössere Geschicklichkeit oder bessere Werkzeuge) hervor- bringt, so werden in ihr und durch sie alle diese Unter- schiede aufgelöst in Quantitäten der gleichen durchschnitt- lichen Arbeitszeit. Das will sagen: je mehr der Aus- tausch von Waaren allgemein oder gesellschaftlich wird: nämlich je mehr Jeder seine Waare für Alle feil hält, und je mehr Alle fähig sind, dieselbe Waare hervorzubringen, aber aus eigener Einsicht und Wahl Jeder auf die für ihn leichteste sich beschränkt; also dass nicht eine ihrer Natur nach gemeinschaftliche Arbeit getheilt wird, oder sich theilt, indem besondere Künste ausgebildet, vererbt, gelehrt werden, sondern vielmehr die Subjecte ein Stück Arbeit nehmen, welches dem Preise, den die Gesellschaft darauf setzt, am nächsten entsprechen möge, also das mög- lichst geringe Quantum überflüssiger Arbeitszeit für sich 4*

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Zitationshilfe: Tönnies, Ferdinand: Gemeinschaft und Gesellschaft. Berlin, 1887, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_gemeinschaft_1887/87>, abgerufen am 21.11.2024.