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Traun, Julius von der [d. i. Alexander Julius Schindler]: Der Gebirgspfarrer. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 121–156. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Ja er is halt do schon an alda Mann.

Ist er schon recht schwach?

Wie i fortganga bin, hat er schon zog'n*). I hab' glei zu da Muarda g'sagt, der Herr Pfarrer dawischt'n nimm lebendi, aber d'Muarda g'sagt: Franzl, laf, laf, was d' kannst, denn wann dei'n Vadern sein letzter Blick unsern Herrgod dasiacht, so sterbada leichter und bsöngt. Und da bin halt hergrennt, drei Stunden lang, und hob's nöt g'acht't, daß der Wög schiach voll Schnee und Klüft' is. Aber mein -- i sag' der Vada is a schon g'storb'n!

Glaubst du wirklich?

Fraili -- hat d'Aug'n schon verdraht, wie i fortg'rennt bin. Aber der Herr Pfarrer soll dokemma, 's kunt' do sein, daß da Vada no lebat und unsern Herrgod sah!

Lauf nach Hause und schau dich nicht um. Ich komm' gleich nach. Was weinst du denn so laut? Schweig!

Da Rosel möcht' i's sag'n!

Deine Schwester wird's von mir erfahren!

Soll i's nöt in Mößner sag'n?

Nichts, lauf geradewegs nach Hause. Marsch!

So befahl der Pfarrer, und der Bursche rannte fort. Der Pfarrer sah ihm nach, ob er den bezeichneten Weg einschlage, trat spähend auf die Straße hinaus, und sein von Wein erhitzter Körper erzitterte in dem anströmenden Nordwinde. Schneewolken flogen ihm ins glühende Gesicht. Von eiskalter Nacht verhüllt lag vor

*) Lag er schon in den letzten Zügen.

Ja er is halt do schon an alda Mann.

Ist er schon recht schwach?

Wie i fortganga bin, hat er schon zog’n*). I hab' glei zu da Muarda g'sagt, der Herr Pfarrer dawischt'n nimm lebendi, aber d'Muarda g'sagt: Franzl, laf, laf, was d' kannst, denn wann dei'n Vadern sein letzter Blick unsern Herrgod dasiacht, so sterbada leichter und bsöngt. Und da bin halt hergrennt, drei Stunden lang, und hob's nöt g'acht't, daß der Wög schiach voll Schnee und Klüft' is. Aber mein — i sag' der Vada is a schon g'storb'n!

Glaubst du wirklich?

Fraili — hat d'Aug'n schon verdraht, wie i fortg'rennt bin. Aber der Herr Pfarrer soll dokemma, 's kunt' do sein, daß da Vada no lebat und unsern Herrgod sah!

Lauf nach Hause und schau dich nicht um. Ich komm' gleich nach. Was weinst du denn so laut? Schweig!

Da Rosel möcht' i's sag'n!

Deine Schwester wird's von mir erfahren!

Soll i's nöt in Mößner sag'n?

Nichts, lauf geradewegs nach Hause. Marsch!

So befahl der Pfarrer, und der Bursche rannte fort. Der Pfarrer sah ihm nach, ob er den bezeichneten Weg einschlage, trat spähend auf die Straße hinaus, und sein von Wein erhitzter Körper erzitterte in dem anströmenden Nordwinde. Schneewolken flogen ihm ins glühende Gesicht. Von eiskalter Nacht verhüllt lag vor

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[0021] Ja er is halt do schon an alda Mann. Ist er schon recht schwach? Wie i fortganga bin, hat er schon zog’n *). I hab' glei zu da Muarda g'sagt, der Herr Pfarrer dawischt'n nimm lebendi, aber d'Muarda g'sagt: Franzl, laf, laf, was d' kannst, denn wann dei'n Vadern sein letzter Blick unsern Herrgod dasiacht, so sterbada leichter und bsöngt. Und da bin halt hergrennt, drei Stunden lang, und hob's nöt g'acht't, daß der Wög schiach voll Schnee und Klüft' is. Aber mein — i sag' der Vada is a schon g'storb'n! Glaubst du wirklich? Fraili — hat d'Aug'n schon verdraht, wie i fortg'rennt bin. Aber der Herr Pfarrer soll dokemma, 's kunt' do sein, daß da Vada no lebat und unsern Herrgod sah! Lauf nach Hause und schau dich nicht um. Ich komm' gleich nach. Was weinst du denn so laut? Schweig! Da Rosel möcht' i's sag'n! Deine Schwester wird's von mir erfahren! Soll i's nöt in Mößner sag'n? Nichts, lauf geradewegs nach Hause. Marsch! So befahl der Pfarrer, und der Bursche rannte fort. Der Pfarrer sah ihm nach, ob er den bezeichneten Weg einschlage, trat spähend auf die Straße hinaus, und sein von Wein erhitzter Körper erzitterte in dem anströmenden Nordwinde. Schneewolken flogen ihm ins glühende Gesicht. Von eiskalter Nacht verhüllt lag vor *) Lag er schon in den letzten Zügen.

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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T12:38:41Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Traun, Julius von der [d. i. Alexander Julius Schindler]: Der Gebirgspfarrer. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 121–156. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/traun_gebirgspfarrer_1910/21>, abgerufen am 27.04.2024.