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Traun, Julius von der [d. i. Alexander Julius Schindler]: Der Gebirgspfarrer. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 121–156. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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ihm das Gebirge mit seinen schwindelnden Pfaden, mit seinen trügerischen, von Schnee verwehten Felsenspalten und andern Winterschrecken. In der Nachbarschaft schimmerten noch ein paar Lichter aus warmen Stuben. Erst als der unwillkommene Bote und der Schein seiner Laterne hinter den fallenden Flocken verschwunden war, trat Malachias in's Haus zurück. Auf der Stiege kam ihm Rosi mit einem Lichte entgegen.

Was giebt's? Wo bleiben Sie so lange, Herr Pfarrer? Gott, wie sehen Sie aus; voll Schnee -- Sie zittern -- Was giebt's? -- Sie faßte besorgt die zitternde Hand des Seelsorgers.

Nichts giebt's, sprach Der, ich habe nach dem Wetter geschaut, bin auf die Straße getreten, und da weht und stürmt es so entsetzlich.

Ein Heidenwetter, bestätigte Rosi, man soll heute keinen Hund vor die Thüre jagen.

Das soll man auch nicht, sagte der Pfarrer schnell, viel weniger einen Menschen. Kann das Gott lieb sein, wenn in den Bergen Einer erfriert, der zu Hause im warmen Zimmer, bei Scherz und Gläserklang wie ein Fürst leben könnte?

Gott im Himmel, also richtig ein Speisgang! rief Rosi aus. --

Was sprichst du da, sagte der Pfarrer und hielt ihr den Mund zu; dann ließ er die Hand sinken und lachte laut auf. Ein geschwätziges Ding, die Meßnerin. Das Suchen und das Wimmern um die schlechte Dose.

ihm das Gebirge mit seinen schwindelnden Pfaden, mit seinen trügerischen, von Schnee verwehten Felsenspalten und andern Winterschrecken. In der Nachbarschaft schimmerten noch ein paar Lichter aus warmen Stuben. Erst als der unwillkommene Bote und der Schein seiner Laterne hinter den fallenden Flocken verschwunden war, trat Malachias in’s Haus zurück. Auf der Stiege kam ihm Rosi mit einem Lichte entgegen.

Was giebt's? Wo bleiben Sie so lange, Herr Pfarrer? Gott, wie sehen Sie aus; voll Schnee — Sie zittern — Was giebt's? — Sie faßte besorgt die zitternde Hand des Seelsorgers.

Nichts giebt's, sprach Der, ich habe nach dem Wetter geschaut, bin auf die Straße getreten, und da weht und stürmt es so entsetzlich.

Ein Heidenwetter, bestätigte Rosi, man soll heute keinen Hund vor die Thüre jagen.

Das soll man auch nicht, sagte der Pfarrer schnell, viel weniger einen Menschen. Kann das Gott lieb sein, wenn in den Bergen Einer erfriert, der zu Hause im warmen Zimmer, bei Scherz und Gläserklang wie ein Fürst leben könnte?

Gott im Himmel, also richtig ein Speisgang! rief Rosi aus. —

Was sprichst du da, sagte der Pfarrer und hielt ihr den Mund zu; dann ließ er die Hand sinken und lachte laut auf. Ein geschwätziges Ding, die Meßnerin. Das Suchen und das Wimmern um die schlechte Dose.

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T12:38:41Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T12:38:41Z)

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Zitationshilfe: Traun, Julius von der [d. i. Alexander Julius Schindler]: Der Gebirgspfarrer. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 121–156. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/traun_gebirgspfarrer_1910/22>, abgerufen am 27.04.2024.