Treitschke, Heinrich von: Deutsche Geschichte im neunzehnten Jahrhundert. Bd. 4: Bis zum Tode König Friedrich Wilhelms III. Leipzig, 1889.IV. 10. Der Kölnische Bischofsstreit. oder falsch könne von einer Staats-Entscheidung nicht abhängen". Aufkeinen Fall wollte er sich "einen Eingriff der Staatsgewalt in das Heilig- thum des Glaubens oder eine Störung der ordnungsmäßigen Bewegung der vorgesetzten geistlichen Autorität" erlauben.*) Sein getreuer Schmed- ding betrachtete den Handel sogar mit schlecht verhehlter Schadenfreude und rieth einem hermesianischen Theologen halb spöttisch, "die Entwicklung dieser Tragikomödie mit Gelassenheit abzuwarten."**) Daher ließ Altenstein, ob- gleich das Breve in Preußen noch gar nicht veröffentlicht war, die bethei- ligten Bonner Professoren bei dem Curator Rehfues zusammenrufen und ihnen das Versprechen abnehmen, daß sie über Hermes und seine Lehre in ihren Vorlesungen unverbrüchlich schweigen würden. Weiter konnte der Staat in seiner Nachgiebigkeit unmöglich gehen. Offenbar beabsichtigte der Erzbischof, das Bonner Convict, das die *) Altenstein an Rehfues, 29. Juni, 27. Oct. 1836, 8. Febr. 1837. **) Schmedding, 8. März 1836, an einen hermesianischen Geistlichen, dessen Namen ich nicht kenne. ***) Droste an Rehfues, 6. April 1837; an Altenstein, 16. Dec. 1836. +) Droste an Altenstein, 22. Dec. 1836.
IV. 10. Der Kölniſche Biſchofsſtreit. oder falſch könne von einer Staats-Entſcheidung nicht abhängen“. Aufkeinen Fall wollte er ſich „einen Eingriff der Staatsgewalt in das Heilig- thum des Glaubens oder eine Störung der ordnungsmäßigen Bewegung der vorgeſetzten geiſtlichen Autorität“ erlauben.*) Sein getreuer Schmed- ding betrachtete den Handel ſogar mit ſchlecht verhehlter Schadenfreude und rieth einem hermeſianiſchen Theologen halb ſpöttiſch, „die Entwicklung dieſer Tragikomödie mit Gelaſſenheit abzuwarten.“**) Daher ließ Altenſtein, ob- gleich das Breve in Preußen noch gar nicht veröffentlicht war, die bethei- ligten Bonner Profeſſoren bei dem Curator Rehfues zuſammenrufen und ihnen das Verſprechen abnehmen, daß ſie über Hermes und ſeine Lehre in ihren Vorleſungen unverbrüchlich ſchweigen würden. Weiter konnte der Staat in ſeiner Nachgiebigkeit unmöglich gehen. Offenbar beabſichtigte der Erzbiſchof, das Bonner Convict, das die *) Altenſtein an Rehfues, 29. Juni, 27. Oct. 1836, 8. Febr. 1837. **) Schmedding, 8. März 1836, an einen hermeſianiſchen Geiſtlichen, deſſen Namen ich nicht kenne. ***) Droſte an Rehfues, 6. April 1837; an Altenſtein, 16. Dec. 1836. †) Droſte an Altenſtein, 22. Dec. 1836.
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IV. 10. Der Kölniſche Biſchofsſtreit.
oder falſch könne von einer Staats-Entſcheidung nicht abhängen“. Auf
keinen Fall wollte er ſich „einen Eingriff der Staatsgewalt in das Heilig-
thum des Glaubens oder eine Störung der ordnungsmäßigen Bewegung
der vorgeſetzten geiſtlichen Autorität“ erlauben. *) Sein getreuer Schmed-
ding betrachtete den Handel ſogar mit ſchlecht verhehlter Schadenfreude und
rieth einem hermeſianiſchen Theologen halb ſpöttiſch, „die Entwicklung dieſer
Tragikomödie mit Gelaſſenheit abzuwarten.“ **) Daher ließ Altenſtein, ob-
gleich das Breve in Preußen noch gar nicht veröffentlicht war, die bethei-
ligten Bonner Profeſſoren bei dem Curator Rehfues zuſammenrufen und
ihnen das Verſprechen abnehmen, daß ſie über Hermes und ſeine Lehre
in ihren Vorleſungen unverbrüchlich ſchweigen würden.
Weiter konnte der Staat in ſeiner Nachgiebigkeit unmöglich gehen.
Der Erzbiſchof war befugt, das geſammte innere Leben des Bonner Con-
victs, das amtlich als ein Beſtandtheil des Kölniſchen Prieſterſeminars ange-
ſehen wurde, zu leiten, und wenn er dies Recht ebenſo kräftig handhabte
wie ſein Vorgänger, ſo ließ ſich die hermeſianiſche Doctrin aus dem theolo-
giſchen Unterricht kurzerhand hinausfegen. Droſte aber wollte nicht blos
die Lehren, ſondern auch die Perſonen der verhaßten Hermeſianer beſeitigen.
„Welchen Weg ich einſchlage, ſo ſchrieb er an Rehfues, darüber bin ich
mit mir noch nicht eins. Das aber ſteht feſt, daß ich das Einſchleichen der
die Staaten ſo ſehr beunruhigenden Demagogie in die Kirche nicht dulde
und von allen katholiſchen Prieſtern meiner Diöceſe, welche Stellung immer
ſie einnehmen mögen, in kirchlichen Dingen Gehorſam fordere, weil ich
ſolchen fordern muß und ſie ſolchen leiſten müſſen.“ Als ihn Altenſtein
wegen eines belgiſchen Zeitungsartikels, der nur aus der Kölniſchen Kanzlei
herrühren konnte, zur Rede ſtellte, da erwiderte er grob: „Caplan Michelis
hat Feinde, doch gewiß keine anderen als jene Hermeſianer, deren Dünkel
nicht mit ſeiner Beſcheidenheit harmonirt.“ Es war als ob er Händel
ſuchte, und der ſanftmüthige Miniſter bemerkte zu dem Schreiben: „dieſer
Ton kann ſehr weit führen, und es iſt daher die Frage was zu thun.“ ***)
Offenbar beabſichtigte der Erzbiſchof, das Bonner Convict, das die
Theologen doch in einigen Verkehr mit der weltlichen Wiſſenſchaft brachte,
ganz zu zerſtören. Früher, ſchrieb er dem Miniſter, wurde die Theologie
hier im Kölniſchen Seminar gelehrt; „da lernten die Alumnen gewiß nicht
ſo viel Vernunftbeweiſe, aber ſie lernten Dogmatik, Moral u. ſ. w., lernten
Theologie, lernten was ſie gebrauchen können, und ich danke Gott, daß ich
noch Geiſtliche aus dieſer Zeit in der Erzdiöceſe habe.“ †) Er wollte weder
die Bonner Theologen perſönlich vernehmen, wie Rehfues ihm vorſchlug,
*) Altenſtein an Rehfues, 29. Juni, 27. Oct. 1836, 8. Febr. 1837.
**) Schmedding, 8. März 1836, an einen hermeſianiſchen Geiſtlichen, deſſen Namen
ich nicht kenne.
***) Droſte an Rehfues, 6. April 1837; an Altenſtein, 16. Dec. 1836.
†) Droſte an Altenſtein, 22. Dec. 1836.
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