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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 1. Göttingen, 1802.

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serer Untersuchungen des ungetrennten leben-
den Organismus ausmachen.

Bey diesen Untersuchungen betrachten wir die
Lebenserscheinungen als Wirkungen der Kräfte des
lebenden Organismus, insofern er ein Körper von
einer eigenen Struktur, Textur und Mischung ist.
Diese Ansicht ist die älteste von allen und die ein-
zige, die in dem grössten Theile der ehemaligen
physiologischen Lehrbücher herrscht. An Erfah-
rungssätzen ist daher auch dieser Theil der Biolo-
gie unter allen der reichhaltigste. Indess fehlt
noch vieles, dass jene Erfahrungen so benutzt sind,
wie sie seyn könnten. Ein fruchtbares regulatives
Princip bey der Anwendung derselben liefern uns
die im zweyten Capitel dieser Einleitung bewiese-
nen Sätze. Da nehmlich jede materielle Verände-
rung aus dem Uebergewichte einer Kraft A über ei-
ne ihr entgegengesetzte B entsteht, so muss, wenn
dieses Uebergewicht nicht fortdauern und nicht
Ruhe das Produkt jener Veränderung seyn soll, ei-
ne dritte Kraft C vorhanden seyn, welche das Ue-
bergewicht wieder auf Seiten der Kraft B bringet.
Wir sind daher berechtigt, zu jeder
Wirkung sowohl einer Classe lebender
Organismen auf die übrige lebende Na-
tur und auf das Universum, als eines
jeden Organs, oder Systems von Orga-
nen auf den übrigen Organismus eine

ent-

serer Untersuchungen des ungetrennten leben-
den Organismus ausmachen.

Bey diesen Untersuchungen betrachten wir die
Lebenserscheinungen als Wirkungen der Kräfte des
lebenden Organismus, insofern er ein Körper von
einer eigenen Struktur, Textur und Mischung ist.
Diese Ansicht ist die älteste von allen und die ein-
zige, die in dem gröſsten Theile der ehemaligen
physiologischen Lehrbücher herrscht. An Erfah-
rungssätzen ist daher auch dieser Theil der Biolo-
gie unter allen der reichhaltigste. Indeſs fehlt
noch vieles, daſs jene Erfahrungen so benutzt sind,
wie sie seyn könnten. Ein fruchtbares regulatives
Princip bey der Anwendung derselben liefern uns
die im zweyten Capitel dieser Einleitung bewiese-
nen Sätze. Da nehmlich jede materielle Verände-
rung aus dem Uebergewichte einer Kraft A über ei-
ne ihr entgegengesetzte B entsteht, so muſs, wenn
dieses Uebergewicht nicht fortdauern und nicht
Ruhe das Produkt jener Veränderung seyn soll, ei-
ne dritte Kraft C vorhanden seyn, welche das Ue-
bergewicht wieder auf Seiten der Kraft B bringet.
Wir sind daher berechtigt, zu jeder
Wirkung sowohl einer Classe lebender
Organismen auf die übrige lebende Na-
tur und auf das Universum, als eines
jeden Organs, oder Systems von Orga-
nen auf den übrigen Organismus eine

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[110/0130] serer Untersuchungen des ungetrennten leben- den Organismus ausmachen. Bey diesen Untersuchungen betrachten wir die Lebenserscheinungen als Wirkungen der Kräfte des lebenden Organismus, insofern er ein Körper von einer eigenen Struktur, Textur und Mischung ist. Diese Ansicht ist die älteste von allen und die ein- zige, die in dem gröſsten Theile der ehemaligen physiologischen Lehrbücher herrscht. An Erfah- rungssätzen ist daher auch dieser Theil der Biolo- gie unter allen der reichhaltigste. Indeſs fehlt noch vieles, daſs jene Erfahrungen so benutzt sind, wie sie seyn könnten. Ein fruchtbares regulatives Princip bey der Anwendung derselben liefern uns die im zweyten Capitel dieser Einleitung bewiese- nen Sätze. Da nehmlich jede materielle Verände- rung aus dem Uebergewichte einer Kraft A über ei- ne ihr entgegengesetzte B entsteht, so muſs, wenn dieses Uebergewicht nicht fortdauern und nicht Ruhe das Produkt jener Veränderung seyn soll, ei- ne dritte Kraft C vorhanden seyn, welche das Ue- bergewicht wieder auf Seiten der Kraft B bringet. Wir sind daher berechtigt, zu jeder Wirkung sowohl einer Classe lebender Organismen auf die übrige lebende Na- tur und auf das Universum, als eines jeden Organs, oder Systems von Orga- nen auf den übrigen Organismus eine ent-

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 1. Göttingen, 1802, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie01_1802/130>, abgerufen am 10.05.2024.