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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 1. Göttingen, 1802.

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Ferner geschehen alle Versuche des Biologen
in der atmosphärischen Luft, also in einem Medi-
um, das beständigen Veränderungen unterworfen
und immer mit einer Menge fremdartiger Substan-
zen angefüllt ist, welche den wichtigsten Einfluss
auf den lebenden Körper haben, und die Reinheit
der Versuche trüben. In dieser Hinsicht hat der
Biologe noch ein weit schlimmeres Schicksal, als
der Chemiker, und jener sollte daher bey jeder sei-
ner Beobachtungen zugleich die Temperatur der
Luft, den Barometer- und Hygrometerstand, und
mit Einem Worte alle veränderliche Eigenschaften
der Atmosphäre, die wir zu erforschen im Stande
sind, mit einer noch weit grössern Genauigkeit, als
der letztere, angeben. Ich kenne aber keinen Be-
obachter, der diese Regel befolgt hätte, und eben
daher rühren gewiss die vielen Widersprüche, die
sich vorzüglich in der Lehre vom Galvanismus
finden.

Endlich macht noch die Beantwortung der Fra-
ge: Was Lebenserscheinungen sind? bey
den erwähnten Untersuchungen Schwürigkeiten.
Solange es an einer Erklärung des Lebens fehlte,
war man nicht im Stande, diese Frage auch nur
im Allgemeinen zu beantworten. Unserer obigen
Erklärung zufolge können nur solche Phänomene
Lebenserscheinungen heissen, welche gleichförmig
bleiben, obgleich sie durch ungleichförmige und

ver-
I. Bd. H

Ferner geschehen alle Versuche des Biologen
in der atmosphärischen Luft, also in einem Medi-
um, das beständigen Veränderungen unterworfen
und immer mit einer Menge fremdartiger Substan-
zen angefüllt ist, welche den wichtigsten Einfluſs
auf den lebenden Körper haben, und die Reinheit
der Versuche trüben. In dieser Hinsicht hat der
Biologe noch ein weit schlimmeres Schicksal, als
der Chemiker, und jener sollte daher bey jeder sei-
ner Beobachtungen zugleich die Temperatur der
Luft, den Barometer- und Hygrometerstand, und
mit Einem Worte alle veränderliche Eigenschaften
der Atmosphäre, die wir zu erforschen im Stande
sind, mit einer noch weit gröſsern Genauigkeit, als
der letztere, angeben. Ich kenne aber keinen Be-
obachter, der diese Regel befolgt hätte, und eben
daher rühren gewiſs die vielen Widersprüche, die
sich vorzüglich in der Lehre vom Galvanismus
finden.

Endlich macht noch die Beantwortung der Fra-
ge: Was Lebenserscheinungen sind? bey
den erwähnten Untersuchungen Schwürigkeiten.
Solange es an einer Erklärung des Lebens fehlte,
war man nicht im Stande, diese Frage auch nur
im Allgemeinen zu beantworten. Unserer obigen
Erklärung zufolge können nur solche Phänomene
Lebenserscheinungen heissen, welche gleichförmig
bleiben, obgleich sie durch ungleichförmige und

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I. Bd. H
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[113/0133] Ferner geschehen alle Versuche des Biologen in der atmosphärischen Luft, also in einem Medi- um, das beständigen Veränderungen unterworfen und immer mit einer Menge fremdartiger Substan- zen angefüllt ist, welche den wichtigsten Einfluſs auf den lebenden Körper haben, und die Reinheit der Versuche trüben. In dieser Hinsicht hat der Biologe noch ein weit schlimmeres Schicksal, als der Chemiker, und jener sollte daher bey jeder sei- ner Beobachtungen zugleich die Temperatur der Luft, den Barometer- und Hygrometerstand, und mit Einem Worte alle veränderliche Eigenschaften der Atmosphäre, die wir zu erforschen im Stande sind, mit einer noch weit gröſsern Genauigkeit, als der letztere, angeben. Ich kenne aber keinen Be- obachter, der diese Regel befolgt hätte, und eben daher rühren gewiſs die vielen Widersprüche, die sich vorzüglich in der Lehre vom Galvanismus finden. Endlich macht noch die Beantwortung der Fra- ge: Was Lebenserscheinungen sind? bey den erwähnten Untersuchungen Schwürigkeiten. Solange es an einer Erklärung des Lebens fehlte, war man nicht im Stande, diese Frage auch nur im Allgemeinen zu beantworten. Unserer obigen Erklärung zufolge können nur solche Phänomene Lebenserscheinungen heissen, welche gleichförmig bleiben, obgleich sie durch ungleichförmige und ver- I. Bd. H

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 1. Göttingen, 1802, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie01_1802/133>, abgerufen am 10.05.2024.