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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 1. Göttingen, 1802.

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1) Der gegenwärtige Fall stimmt mit dem schon
sonst beobachteten zwar nicht in allen, aber
doch in vielen Stücken überein.

Diese Stücke, worin ein vorhandener Fall mit
einem schon sonst beobachteten übereinkömmt, ma-
chen zusammengenommen das aus, was man In-
dikation
nennet. Je mehr solcher Stücke zuge-
gen sind, desto grösser ist die Indikation zum Ge-
brauche des Mittels, welches in dem schon ehedem
beobachteten Falle eine bestimmte Wirkung her-
vorgebracht hat, desto mehr hält sich der Empiri-
ker für berechtigt, zu schliessen, dass dieselbe
Wirkung auch in dem vorhandenen Falle erfolgen
wird. Je mehr solcher Stücke, welche die Indika-
tion zum Gebrauche eines gewissen Mittels ausma-
chen, der Empiriker aufzufinden weiss, desto
grösser ist sein praktisches Genie; je weniger,
desto mehr nähert er sich dem groben Quacksalber.

2) Die Kennzeichen, wodurch sich der gegen-
wärtige Fall auszeichnet, bestehen aus den
Kennzeichen zweyer oder mehrerer schon ehe-
dem beobachteter Fälle.

Hier hat der Empiriker einen doppelten Weg:
er wendet entweder eine Mischung der verschiede-
nen Mittel an, welche in jedem der beobachteten
Fälle, aus deren Kennzeichen die Merkmale des ge-
genwärtigen Falls zusammengesetzt sind, die er-

wünsch-

1) Der gegenwärtige Fall stimmt mit dem schon
sonst beobachteten zwar nicht in allen, aber
doch in vielen Stücken überein.

Diese Stücke, worin ein vorhandener Fall mit
einem schon sonst beobachteten übereinkömmt, ma-
chen zusammengenommen das aus, was man In-
dikation
nennet. Je mehr solcher Stücke zuge-
gen sind, desto gröſser ist die Indikation zum Ge-
brauche des Mittels, welches in dem schon ehedem
beobachteten Falle eine bestimmte Wirkung her-
vorgebracht hat, desto mehr hält sich der Empiri-
ker für berechtigt, zu schliessen, daſs dieselbe
Wirkung auch in dem vorhandenen Falle erfolgen
wird. Je mehr solcher Stücke, welche die Indika-
tion zum Gebrauche eines gewissen Mittels ausma-
chen, der Empiriker aufzufinden weiſs, desto
gröſser ist sein praktisches Genie; je weniger,
desto mehr nähert er sich dem groben Quacksalber.

2) Die Kennzeichen, wodurch sich der gegen-
wärtige Fall auszeichnet, bestehen aus den
Kennzeichen zweyer oder mehrerer schon ehe-
dem beobachteter Fälle.

Hier hat der Empiriker einen doppelten Weg:
er wendet entweder eine Mischung der verschiede-
nen Mittel an, welche in jedem der beobachteten
Fälle, aus deren Kennzeichen die Merkmale des ge-
genwärtigen Falls zusammengesetzt sind, die er-

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[123/0143] 1) Der gegenwärtige Fall stimmt mit dem schon sonst beobachteten zwar nicht in allen, aber doch in vielen Stücken überein. Diese Stücke, worin ein vorhandener Fall mit einem schon sonst beobachteten übereinkömmt, ma- chen zusammengenommen das aus, was man In- dikation nennet. Je mehr solcher Stücke zuge- gen sind, desto gröſser ist die Indikation zum Ge- brauche des Mittels, welches in dem schon ehedem beobachteten Falle eine bestimmte Wirkung her- vorgebracht hat, desto mehr hält sich der Empiri- ker für berechtigt, zu schliessen, daſs dieselbe Wirkung auch in dem vorhandenen Falle erfolgen wird. Je mehr solcher Stücke, welche die Indika- tion zum Gebrauche eines gewissen Mittels ausma- chen, der Empiriker aufzufinden weiſs, desto gröſser ist sein praktisches Genie; je weniger, desto mehr nähert er sich dem groben Quacksalber. 2) Die Kennzeichen, wodurch sich der gegen- wärtige Fall auszeichnet, bestehen aus den Kennzeichen zweyer oder mehrerer schon ehe- dem beobachteter Fälle. Hier hat der Empiriker einen doppelten Weg: er wendet entweder eine Mischung der verschiede- nen Mittel an, welche in jedem der beobachteten Fälle, aus deren Kennzeichen die Merkmale des ge- genwärtigen Falls zusammengesetzt sind, die er- wünsch-

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 1. Göttingen, 1802, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie01_1802/143>, abgerufen am 10.05.2024.