1) Der gegenwärtige Fall stimmt mit dem schon sonst beobachteten zwar nicht in allen, aber doch in vielen Stücken überein.
Diese Stücke, worin ein vorhandener Fall mit einem schon sonst beobachteten übereinkömmt, ma- chen zusammengenommen das aus, was man In- dikation nennet. Je mehr solcher Stücke zuge- gen sind, desto grösser ist die Indikation zum Ge- brauche des Mittels, welches in dem schon ehedem beobachteten Falle eine bestimmte Wirkung her- vorgebracht hat, desto mehr hält sich der Empiri- ker für berechtigt, zu schliessen, dass dieselbe Wirkung auch in dem vorhandenen Falle erfolgen wird. Je mehr solcher Stücke, welche die Indika- tion zum Gebrauche eines gewissen Mittels ausma- chen, der Empiriker aufzufinden weiss, desto grösser ist sein praktisches Genie; je weniger, desto mehr nähert er sich dem groben Quacksalber.
2) Die Kennzeichen, wodurch sich der gegen- wärtige Fall auszeichnet, bestehen aus den Kennzeichen zweyer oder mehrerer schon ehe- dem beobachteter Fälle.
Hier hat der Empiriker einen doppelten Weg: er wendet entweder eine Mischung der verschiede- nen Mittel an, welche in jedem der beobachteten Fälle, aus deren Kennzeichen die Merkmale des ge- genwärtigen Falls zusammengesetzt sind, die er-
wünsch-
1) Der gegenwärtige Fall stimmt mit dem schon sonst beobachteten zwar nicht in allen, aber doch in vielen Stücken überein.
Diese Stücke, worin ein vorhandener Fall mit einem schon sonst beobachteten übereinkömmt, ma- chen zusammengenommen das aus, was man In- dikation nennet. Je mehr solcher Stücke zuge- gen sind, desto gröſser ist die Indikation zum Ge- brauche des Mittels, welches in dem schon ehedem beobachteten Falle eine bestimmte Wirkung her- vorgebracht hat, desto mehr hält sich der Empiri- ker für berechtigt, zu schliessen, daſs dieselbe Wirkung auch in dem vorhandenen Falle erfolgen wird. Je mehr solcher Stücke, welche die Indika- tion zum Gebrauche eines gewissen Mittels ausma- chen, der Empiriker aufzufinden weiſs, desto gröſser ist sein praktisches Genie; je weniger, desto mehr nähert er sich dem groben Quacksalber.
2) Die Kennzeichen, wodurch sich der gegen- wärtige Fall auszeichnet, bestehen aus den Kennzeichen zweyer oder mehrerer schon ehe- dem beobachteter Fälle.
Hier hat der Empiriker einen doppelten Weg: er wendet entweder eine Mischung der verschiede- nen Mittel an, welche in jedem der beobachteten Fälle, aus deren Kennzeichen die Merkmale des ge- genwärtigen Falls zusammengesetzt sind, die er-
wünsch-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0143"n="123"/><p>1) Der gegenwärtige Fall stimmt mit dem schon<lb/>
sonst beobachteten zwar nicht in allen, aber<lb/>
doch in vielen Stücken überein.</p><lb/><p>Diese Stücke, worin ein vorhandener Fall mit<lb/>
einem schon sonst beobachteten übereinkömmt, ma-<lb/>
chen zusammengenommen das aus, was man <hirendition="#g">In-<lb/>
dikation</hi> nennet. Je mehr solcher Stücke zuge-<lb/>
gen sind, desto gröſser ist die Indikation zum Ge-<lb/>
brauche des Mittels, welches in dem schon ehedem<lb/>
beobachteten Falle eine bestimmte Wirkung her-<lb/>
vorgebracht hat, desto mehr hält sich der Empiri-<lb/>
ker für berechtigt, zu schliessen, daſs dieselbe<lb/>
Wirkung auch in dem vorhandenen Falle erfolgen<lb/>
wird. Je mehr solcher Stücke, welche die Indika-<lb/>
tion zum Gebrauche eines gewissen Mittels ausma-<lb/>
chen, der Empiriker aufzufinden weiſs, desto<lb/>
gröſser ist sein praktisches Genie; je weniger,<lb/>
desto mehr nähert er sich dem groben Quacksalber.</p><lb/><p>2) Die Kennzeichen, wodurch sich der gegen-<lb/>
wärtige Fall auszeichnet, bestehen aus den<lb/>
Kennzeichen zweyer oder mehrerer schon ehe-<lb/>
dem beobachteter Fälle.</p><lb/><p>Hier hat der Empiriker einen doppelten Weg:<lb/>
er wendet entweder eine Mischung der verschiede-<lb/>
nen Mittel an, welche in jedem der beobachteten<lb/>
Fälle, aus deren Kennzeichen die Merkmale des ge-<lb/>
genwärtigen Falls zusammengesetzt sind, die er-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">wünsch-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[123/0143]
1) Der gegenwärtige Fall stimmt mit dem schon
sonst beobachteten zwar nicht in allen, aber
doch in vielen Stücken überein.
Diese Stücke, worin ein vorhandener Fall mit
einem schon sonst beobachteten übereinkömmt, ma-
chen zusammengenommen das aus, was man In-
dikation nennet. Je mehr solcher Stücke zuge-
gen sind, desto gröſser ist die Indikation zum Ge-
brauche des Mittels, welches in dem schon ehedem
beobachteten Falle eine bestimmte Wirkung her-
vorgebracht hat, desto mehr hält sich der Empiri-
ker für berechtigt, zu schliessen, daſs dieselbe
Wirkung auch in dem vorhandenen Falle erfolgen
wird. Je mehr solcher Stücke, welche die Indika-
tion zum Gebrauche eines gewissen Mittels ausma-
chen, der Empiriker aufzufinden weiſs, desto
gröſser ist sein praktisches Genie; je weniger,
desto mehr nähert er sich dem groben Quacksalber.
2) Die Kennzeichen, wodurch sich der gegen-
wärtige Fall auszeichnet, bestehen aus den
Kennzeichen zweyer oder mehrerer schon ehe-
dem beobachteter Fälle.
Hier hat der Empiriker einen doppelten Weg:
er wendet entweder eine Mischung der verschiede-
nen Mittel an, welche in jedem der beobachteten
Fälle, aus deren Kennzeichen die Merkmale des ge-
genwärtigen Falls zusammengesetzt sind, die er-
wünsch-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 1. Göttingen, 1802, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie01_1802/143>, abgerufen am 04.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.