die Stelle des Bluts vertritt, äussert ähnliche Er- scheinungen, wie der letztere Saft nach seiner Ab- sonderung vom lebenden thierischen Körper. Jene absorbirt, gleich dem letztern, den Sauerstoff der athmosphärischen Luft, und verändert dabey ihre Farbe. Auf ihrer Oberfläche erzeugt sich eine Mem- bran, und auf dem Boden des Gefässes, worin sie aufbewahrt wird, eine Menge flockenartiger Con- cremente, die unter dem Vergrösserungsglase als Aggregate von Kügelchen erscheinen. Nach einiger Zeit zeigt der Geschmack, Geruch, und das Auf- brausen mit Alcalien, dass sich eine Säure gebildet hat. Zuletzt tritt eine entgegengesetzte Verände- rung ein; blaue Pflanzensäfte werden von der Flüs- sigkeit geröthet; der Geschmack und Geruch wer- den faulicht; kurz, es bildet sich Ammoniak. Al- les ist hier also, wie beym Blute.
Verschieden aber ist die Pflanze von dem Thiere in Ansehung der Behälter dieses Nahrungssaftes. Wir haben gesehen, dass alle Thiere wenigstens Einen Canal haben, worin dieser Saft zubereitet, oder aufbewahrt wird. Bey den Gewächsen hinge- gen sind es blos häutige Zellen, welche diese Flüs- sigkeit enthalten. Es giebt hier keine lymphatische, keine zuführende, keine rückführende Gefässe. Al- les, was man bey den Pflanzen für Gefässe aus- giebt, nur die Luftröhren ausgenommen, sind blosse Fasern. Wir behaupten hier einen Satz, der wich-
tige
die Stelle des Bluts vertritt, äussert ähnliche Er- scheinungen, wie der letztere Saft nach seiner Ab- sonderung vom lebenden thierischen Körper. Jene absorbirt, gleich dem letztern, den Sauerstoff der athmosphärischen Luft, und verändert dabey ihre Farbe. Auf ihrer Oberfläche erzeugt sich eine Mem- bran, und auf dem Boden des Gefäſses, worin sie aufbewahrt wird, eine Menge flockenartiger Con- cremente, die unter dem Vergröſserungsglase als Aggregate von Kügelchen erscheinen. Nach einiger Zeit zeigt der Geschmack, Geruch, und das Auf- brausen mit Alcalien, daſs sich eine Säure gebildet hat. Zuletzt tritt eine entgegengesetzte Verände- rung ein; blaue Pflanzensäfte werden von der Flüs- sigkeit geröthet; der Geschmack und Geruch wer- den faulicht; kurz, es bildet sich Ammoniak. Al- les ist hier also, wie beym Blute.
Verschieden aber ist die Pflanze von dem Thiere in Ansehung der Behälter dieses Nahrungssaftes. Wir haben gesehen, daſs alle Thiere wenigstens Einen Canal haben, worin dieser Saft zubereitet, oder aufbewahrt wird. Bey den Gewächsen hinge- gen sind es blos häutige Zellen, welche diese Flüs- sigkeit enthalten. Es giebt hier keine lymphatische, keine zuführende, keine rückführende Gefäſse. Al- les, was man bey den Pflanzen für Gefäſse aus- giebt, nur die Luftröhren ausgenommen, sind bloſse Fasern. Wir behaupten hier einen Satz, der wich-
tige
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0447"n="427"/>
die Stelle des Bluts vertritt, äussert ähnliche Er-<lb/>
scheinungen, wie der letztere Saft nach seiner Ab-<lb/>
sonderung vom lebenden thierischen Körper. Jene<lb/>
absorbirt, gleich dem letztern, den Sauerstoff der<lb/>
athmosphärischen Luft, und verändert dabey ihre<lb/>
Farbe. Auf ihrer Oberfläche erzeugt sich eine Mem-<lb/>
bran, und auf dem Boden des Gefäſses, worin sie<lb/>
aufbewahrt wird, eine Menge flockenartiger Con-<lb/>
cremente, die unter dem Vergröſserungsglase als<lb/>
Aggregate von Kügelchen erscheinen. Nach einiger<lb/>
Zeit zeigt der Geschmack, Geruch, und das Auf-<lb/>
brausen mit Alcalien, daſs sich eine Säure gebildet<lb/>
hat. Zuletzt tritt eine entgegengesetzte Verände-<lb/>
rung ein; blaue Pflanzensäfte werden von der Flüs-<lb/>
sigkeit geröthet; der Geschmack und Geruch wer-<lb/>
den faulicht; kurz, es bildet sich Ammoniak. Al-<lb/>
les ist hier also, wie beym Blute.</p><lb/><p>Verschieden aber ist die Pflanze von dem Thiere<lb/>
in Ansehung der Behälter dieses Nahrungssaftes.<lb/>
Wir haben gesehen, daſs alle Thiere wenigstens<lb/>
Einen Canal haben, worin dieser Saft zubereitet,<lb/>
oder aufbewahrt wird. Bey den Gewächsen hinge-<lb/>
gen sind es blos häutige Zellen, welche diese Flüs-<lb/>
sigkeit enthalten. Es giebt hier keine lymphatische,<lb/>
keine zuführende, keine rückführende Gefäſse. Al-<lb/>
les, was man bey den Pflanzen für Gefäſse aus-<lb/>
giebt, nur die Luftröhren ausgenommen, sind bloſse<lb/>
Fasern. Wir behaupten hier einen Satz, der wich-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">tige</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[427/0447]
die Stelle des Bluts vertritt, äussert ähnliche Er-
scheinungen, wie der letztere Saft nach seiner Ab-
sonderung vom lebenden thierischen Körper. Jene
absorbirt, gleich dem letztern, den Sauerstoff der
athmosphärischen Luft, und verändert dabey ihre
Farbe. Auf ihrer Oberfläche erzeugt sich eine Mem-
bran, und auf dem Boden des Gefäſses, worin sie
aufbewahrt wird, eine Menge flockenartiger Con-
cremente, die unter dem Vergröſserungsglase als
Aggregate von Kügelchen erscheinen. Nach einiger
Zeit zeigt der Geschmack, Geruch, und das Auf-
brausen mit Alcalien, daſs sich eine Säure gebildet
hat. Zuletzt tritt eine entgegengesetzte Verände-
rung ein; blaue Pflanzensäfte werden von der Flüs-
sigkeit geröthet; der Geschmack und Geruch wer-
den faulicht; kurz, es bildet sich Ammoniak. Al-
les ist hier also, wie beym Blute.
Verschieden aber ist die Pflanze von dem Thiere
in Ansehung der Behälter dieses Nahrungssaftes.
Wir haben gesehen, daſs alle Thiere wenigstens
Einen Canal haben, worin dieser Saft zubereitet,
oder aufbewahrt wird. Bey den Gewächsen hinge-
gen sind es blos häutige Zellen, welche diese Flüs-
sigkeit enthalten. Es giebt hier keine lymphatische,
keine zuführende, keine rückführende Gefäſse. Al-
les, was man bey den Pflanzen für Gefäſse aus-
giebt, nur die Luftröhren ausgenommen, sind bloſse
Fasern. Wir behaupten hier einen Satz, der wich-
tige
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 1. Göttingen, 1802, S. 427. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie01_1802/447>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.