Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 1. Göttingen, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

tige Autoritäten gegen sich hat. Aber dies sind
unsere Gründe:

1) Wären jene Theile, die man für Gefässe aus-
giebt, wahre saftführende Canäle, so müssten sie
sich am deutlichsten in saftreichen Pflanzen zeigen.
Aber gerade in diesen ist keine Spur derselben vor-
handen. Man bringe ein junges Blatt der Lemna,
oder Callitriche unter das Microscop, und man wird
darin nichts, als einfache Bläschen entdecken.
Man findet eben so wenig, wie schon ein eifriger
Vertheidiger der saftführenden Gefässe, Hedwig
selbst (o), bemerkt hat, eine Spur derselben in
den Blättern der Leber- und Laubmoose. Nur da
sieht man einen gefässartigen Bau, wo man ihn am
wenigsten erwarten sollte, in holzigen, saftleeren
Gewächsen und Pflanzentheilen. Sagt man, dass
die Holzfasern aus verhärteten Gefässen entstehen,
und dass diese bey jungen, saftreichen Pflanzen
noch nicht genug verhärtet sind, um sichtbar zu
seyn, so behauptet man etwas, wofür auch nicht
ein Schatten von Beweis vorhanden ist.

2) Man lasse eine Pflanze, worin kein gefässar-
tiger Bau sichtbar ist, bey einer erhöheten Tempe-
ratur eine Zeitlang in einer Tinktur des Fernam-
bukholzes stehen, und man wird jenen Bau darin
wahrnehmen. Was, sagt man, lässt sich nach die-

ser
(o) Theoria generat. et fructif. plant. crypt.

tige Autoritäten gegen sich hat. Aber dies sind
unsere Gründe:

1) Wären jene Theile, die man für Gefäſse aus-
giebt, wahre saftführende Canäle, so müſsten sie
sich am deutlichsten in saftreichen Pflanzen zeigen.
Aber gerade in diesen ist keine Spur derselben vor-
handen. Man bringe ein junges Blatt der Lemna,
oder Callitriche unter das Microscop, und man wird
darin nichts, als einfache Bläschen entdecken.
Man findet eben so wenig, wie schon ein eifriger
Vertheidiger der saftführenden Gefäſse, Hedwig
selbst (o), bemerkt hat, eine Spur derselben in
den Blättern der Leber- und Laubmoose. Nur da
sieht man einen gefäſsartigen Bau, wo man ihn am
wenigsten erwarten sollte, in holzigen, saftleeren
Gewächsen und Pflanzentheilen. Sagt man, daſs
die Holzfasern aus verhärteten Gefäſsen entstehen,
und daſs diese bey jungen, saftreichen Pflanzen
noch nicht genug verhärtet sind, um sichtbar zu
seyn, so behauptet man etwas, wofür auch nicht
ein Schatten von Beweis vorhanden ist.

2) Man lasse eine Pflanze, worin kein gefäſsar-
tiger Bau sichtbar ist, bey einer erhöheten Tempe-
ratur eine Zeitlang in einer Tinktur des Fernam-
bukholzes stehen, und man wird jenen Bau darin
wahrnehmen. Was, sagt man, läſst sich nach die-

ser
(o) Theoria generat. et fructif. plant. crypt.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0448" n="428"/>
tige Autoritäten gegen sich hat. Aber dies sind<lb/>
unsere Gründe:</p><lb/>
              <p>1) Wären jene Theile, die man für Gefä&#x017F;se aus-<lb/>
giebt, wahre saftführende Canäle, so mü&#x017F;sten sie<lb/>
sich am deutlichsten in saftreichen Pflanzen zeigen.<lb/>
Aber gerade in diesen ist keine Spur derselben vor-<lb/>
handen. Man bringe ein junges Blatt der Lemna,<lb/>
oder Callitriche unter das Microscop, und man wird<lb/>
darin nichts, als einfache Bläschen entdecken.<lb/>
Man findet eben so wenig, wie schon ein eifriger<lb/>
Vertheidiger der saftführenden Gefä&#x017F;se, <hi rendition="#k">Hedwig</hi><lb/>
selbst <note place="foot" n="(o)">Theoria generat. et fructif. plant. crypt.</note>, bemerkt hat, eine Spur derselben in<lb/>
den Blättern der Leber- und Laubmoose. Nur da<lb/>
sieht man einen gefä&#x017F;sartigen Bau, wo man ihn am<lb/>
wenigsten erwarten sollte, in holzigen, saftleeren<lb/>
Gewächsen und Pflanzentheilen. Sagt man, da&#x017F;s<lb/>
die Holzfasern aus verhärteten Gefä&#x017F;sen entstehen,<lb/>
und da&#x017F;s diese bey jungen, saftreichen Pflanzen<lb/>
noch nicht genug verhärtet sind, um sichtbar zu<lb/>
seyn, so behauptet man etwas, wofür auch nicht<lb/>
ein Schatten von Beweis vorhanden ist.</p><lb/>
              <p>2) Man lasse eine Pflanze, worin kein gefä&#x017F;sar-<lb/>
tiger Bau sichtbar ist, bey einer erhöheten Tempe-<lb/>
ratur eine Zeitlang in einer Tinktur des Fernam-<lb/>
bukholzes stehen, und man wird jenen Bau darin<lb/>
wahrnehmen. Was, sagt man, lä&#x017F;st sich nach die-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ser</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[428/0448] tige Autoritäten gegen sich hat. Aber dies sind unsere Gründe: 1) Wären jene Theile, die man für Gefäſse aus- giebt, wahre saftführende Canäle, so müſsten sie sich am deutlichsten in saftreichen Pflanzen zeigen. Aber gerade in diesen ist keine Spur derselben vor- handen. Man bringe ein junges Blatt der Lemna, oder Callitriche unter das Microscop, und man wird darin nichts, als einfache Bläschen entdecken. Man findet eben so wenig, wie schon ein eifriger Vertheidiger der saftführenden Gefäſse, Hedwig selbst (o), bemerkt hat, eine Spur derselben in den Blättern der Leber- und Laubmoose. Nur da sieht man einen gefäſsartigen Bau, wo man ihn am wenigsten erwarten sollte, in holzigen, saftleeren Gewächsen und Pflanzentheilen. Sagt man, daſs die Holzfasern aus verhärteten Gefäſsen entstehen, und daſs diese bey jungen, saftreichen Pflanzen noch nicht genug verhärtet sind, um sichtbar zu seyn, so behauptet man etwas, wofür auch nicht ein Schatten von Beweis vorhanden ist. 2) Man lasse eine Pflanze, worin kein gefäſsar- tiger Bau sichtbar ist, bey einer erhöheten Tempe- ratur eine Zeitlang in einer Tinktur des Fernam- bukholzes stehen, und man wird jenen Bau darin wahrnehmen. Was, sagt man, läſst sich nach die- ser (o) Theoria generat. et fructif. plant. crypt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie01_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie01_1802/448
Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 1. Göttingen, 1802, S. 428. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie01_1802/448>, abgerufen am 21.11.2024.