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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 1. Göttingen, 1802.

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Erscheinungen bey zufälligen äussern Einwirkun-
gen statt finden kann, und dass daher der von uns
angegebene Charakter des Lebens zur Unterschei-
dung desselben völlig zureichend ist. Zu diesem Be-
weise giebt es nur Einen Weg. Wir müssen von dem
Begriffe der Materie alles Unwesentliche absondern,
ihn so entkleidet zergliedern, bis wir die letzte zur
Möglichkeit der Materie überhaupt erforderliche
Grundkraft finden, und nun versuchen, ob sich
blos aus dieser Grundkraft eine Welt bilden lässt,
deren Erscheinungen bey veränderlichen äussern
Einwirkungen dennoch einen gleichförmigen Typus
beobachten.

Nehmen wir nun von dem Begriffe der Mate-
rie alles Unwesentliche hinweg, so erscheint sie
uns, als das Bewegliche, in so fern es
einen Raum erfüllt
.

Diese Eigenschaft kann der Materie nur ver-
möge einer eigenen bewegenden Kraft zukommen.
Denn Erfüllung eines Raums und Undurchdring-
lichkeit sind identische Begriffe. Das Eindringen
einer fremden Materie in einen gewissen Raum
besteht in einer Bewegung derselben, und das Auf-
halten jenes Eindringens in einer Verminderung
oder Aufhebung dieser Bewegung. Eine Bewegung
aber kann nur durch eine andere, jener entgegen-
gesetzte Bewegung derselben Materie vermindert
oder aufgehoben werden. Nun ist die Ursache

einer
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Erscheinungen bey zufälligen äussern Einwirkun-
gen statt finden kann, und daſs daher der von uns
angegebene Charakter des Lebens zur Unterschei-
dung desselben völlig zureichend ist. Zu diesem Be-
weise giebt es nur Einen Weg. Wir müssen von dem
Begriffe der Materie alles Unwesentliche absondern,
ihn so entkleidet zergliedern, bis wir die letzte zur
Möglichkeit der Materie überhaupt erforderliche
Grundkraft finden, und nun versuchen, ob sich
blos aus dieser Grundkraft eine Welt bilden läſst,
deren Erscheinungen bey veränderlichen äussern
Einwirkungen dennoch einen gleichförmigen Typus
beobachten.

Nehmen wir nun von dem Begriffe der Mate-
rie alles Unwesentliche hinweg, so erscheint sie
uns, als das Bewegliche, in so fern es
einen Raum erfüllt
.

Diese Eigenschaft kann der Materie nur ver-
möge einer eigenen bewegenden Kraft zukommen.
Denn Erfüllung eines Raums und Undurchdring-
lichkeit sind identische Begriffe. Das Eindringen
einer fremden Materie in einen gewissen Raum
besteht in einer Bewegung derselben, und das Auf-
halten jenes Eindringens in einer Verminderung
oder Aufhebung dieser Bewegung. Eine Bewegung
aber kann nur durch eine andere, jener entgegen-
gesetzte Bewegung derselben Materie vermindert
oder aufgehoben werden. Nun ist die Ursache

einer
B 5
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[25/0045] Erscheinungen bey zufälligen äussern Einwirkun- gen statt finden kann, und daſs daher der von uns angegebene Charakter des Lebens zur Unterschei- dung desselben völlig zureichend ist. Zu diesem Be- weise giebt es nur Einen Weg. Wir müssen von dem Begriffe der Materie alles Unwesentliche absondern, ihn so entkleidet zergliedern, bis wir die letzte zur Möglichkeit der Materie überhaupt erforderliche Grundkraft finden, und nun versuchen, ob sich blos aus dieser Grundkraft eine Welt bilden läſst, deren Erscheinungen bey veränderlichen äussern Einwirkungen dennoch einen gleichförmigen Typus beobachten. Nehmen wir nun von dem Begriffe der Mate- rie alles Unwesentliche hinweg, so erscheint sie uns, als das Bewegliche, in so fern es einen Raum erfüllt. Diese Eigenschaft kann der Materie nur ver- möge einer eigenen bewegenden Kraft zukommen. Denn Erfüllung eines Raums und Undurchdring- lichkeit sind identische Begriffe. Das Eindringen einer fremden Materie in einen gewissen Raum besteht in einer Bewegung derselben, und das Auf- halten jenes Eindringens in einer Verminderung oder Aufhebung dieser Bewegung. Eine Bewegung aber kann nur durch eine andere, jener entgegen- gesetzte Bewegung derselben Materie vermindert oder aufgehoben werden. Nun ist die Ursache einer B 5

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 1. Göttingen, 1802, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie01_1802/45>, abgerufen am 23.11.2024.