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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 3. Göttingen, 1805.

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ganismus abgeleitet sind, unterstützen. Jedes
Organ desselben besitzt ein eigenthümliches Le-
ben; für jedes Organ ist also der übrige Or-
ganismus dasselbe, was für den ganzen Orga-
nismus die übrige Welt ist. Auf jeden Theil
wirken also die übrigen als erregende Poten-
zen, und jener wirkt wechselseitig eben so auf
die letztern. Die Erregung des Theils verbrei-
tet sich also über das Ganze, kehrt von dem
Ganzen wieder zum Theile zurück, und dauert
noch lange nach Entfernung der ersten veran-
lassenden Ursache fort. Aber bey dieser in
sich zurückkehrenden Kette von Erregungen
muss dennoch die Empfänglichkeit für neue Ein-
wirkungen der äussern Welt fortdauern, weil
sonst alle Verbindung mit dieser aufgehoben
seyn würde. Jeder neue Reitz trifft also schon
vorhandene Erregungen an, die er modificirt,
und durch welche dessen Einfluss auch gegen-
seitig modificirt wird. So hängt von dem ersten
Eindrucke, den der lebende Körper bey sei-
nem Entstehen empfängt, die Art der Existenz
für sein ganzes künftiges Leben ab; und so wur-
de die Beschaffenheit der jetzigen lebenden Natur
schon durch diejenigen Einflüsse bestimmt, unter
welchen sich vor Jahrtausenden die ersten leben-
den Erzeugnisse der Erde bildeten (i).

Durch
(i) Biol. Bd. 3. S. 225.
O o 2

ganismus abgeleitet sind, unterstützen. Jedes
Organ desselben besitzt ein eigenthümliches Le-
ben; für jedes Organ ist also der übrige Or-
ganismus dasselbe, was für den ganzen Orga-
nismus die übrige Welt ist. Auf jeden Theil
wirken also die übrigen als erregende Poten-
zen, und jener wirkt wechselseitig eben so auf
die letztern. Die Erregung des Theils verbrei-
tet sich also über das Ganze, kehrt von dem
Ganzen wieder zum Theile zurück, und dauert
noch lange nach Entfernung der ersten veran-
lassenden Ursache fort. Aber bey dieser in
sich zurückkehrenden Kette von Erregungen
muſs dennoch die Empfänglichkeit für neue Ein-
wirkungen der äussern Welt fortdauern, weil
sonst alle Verbindung mit dieser aufgehoben
seyn würde. Jeder neue Reitz trifft also schon
vorhandene Erregungen an, die er modificirt,
und durch welche dessen Einfluſs auch gegen-
seitig modificirt wird. So hängt von dem ersten
Eindrucke, den der lebende Körper bey sei-
nem Entstehen empfängt, die Art der Existenz
für sein ganzes künftiges Leben ab; und so wur-
de die Beschaffenheit der jetzigen lebenden Natur
schon durch diejenigen Einflüsse bestimmt, unter
welchen sich vor Jahrtausenden die ersten leben-
den Erzeugnisse der Erde bildeten (i).

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(i) Biol. Bd. 3. S. 225.
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[579/0589] ganismus abgeleitet sind, unterstützen. Jedes Organ desselben besitzt ein eigenthümliches Le- ben; für jedes Organ ist also der übrige Or- ganismus dasselbe, was für den ganzen Orga- nismus die übrige Welt ist. Auf jeden Theil wirken also die übrigen als erregende Poten- zen, und jener wirkt wechselseitig eben so auf die letztern. Die Erregung des Theils verbrei- tet sich also über das Ganze, kehrt von dem Ganzen wieder zum Theile zurück, und dauert noch lange nach Entfernung der ersten veran- lassenden Ursache fort. Aber bey dieser in sich zurückkehrenden Kette von Erregungen muſs dennoch die Empfänglichkeit für neue Ein- wirkungen der äussern Welt fortdauern, weil sonst alle Verbindung mit dieser aufgehoben seyn würde. Jeder neue Reitz trifft also schon vorhandene Erregungen an, die er modificirt, und durch welche dessen Einfluſs auch gegen- seitig modificirt wird. So hängt von dem ersten Eindrucke, den der lebende Körper bey sei- nem Entstehen empfängt, die Art der Existenz für sein ganzes künftiges Leben ab; und so wur- de die Beschaffenheit der jetzigen lebenden Natur schon durch diejenigen Einflüsse bestimmt, unter welchen sich vor Jahrtausenden die ersten leben- den Erzeugnisse der Erde bildeten (i). Durch (i) Biol. Bd. 3. S. 225. O o 2

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 3. Göttingen, 1805, S. 579. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie03_1805/589>, abgerufen am 22.11.2024.