Die harzige Materie, die Brugnatelli und Mac- quart in dem Magensaft fanden, war gewiss nichts anders, als durch die Säure des Magens abgeschiedenes Gallenharz.
Mir scheint ein Bestandtheil des Magensafts Milchsäure zu seyn. Man findet diese, mit etwas Natrum verbunden, in allen serösen Flüs- sigkeiten, welche ebenfalls im mindern Grade das Vermögen besitzen, thierische Substanzen aufzu- lösen. Schon der Analogie nach ist sie also auch im Magensaft zu vermuthen. Ich habe aber auch bey Versuchen über die Verdauung der Hühner gefunden, dass Wasser, womit die im Vormagen und muskulösen Magen dieser Vögel enthaltenen Materien ausgezogen waren, erwärmt den Geruch des Fleischextracts, welches vorzüglich aus milch- saurem Natrum besteht, aushauchte, und dass dies selbst dann der Fall war, wenn die Thiere blos mit vegetabilischen Nahrungsmitteln gefüttert waren. Das Resultat eines Versuchs, den ich über die Wirkung der sauren Molken auf Weitzen- mehl und Fleisch anstellte, war ebenfalls meiner Meinung günstig. In einer Wärme von 60 bis 70° R. verband sich das Mehl mit den Molken zu einer weissen Flüssigkeit, welche das nehmliche Ansehn hatte, wie der in dem Zwölffingerdarm von Hühnern, die mit Getreidekörnern gefüttert waren, enthaltene Chymus, und sich auch auf ähn-
liche
Die harzige Materie, die Brugnatelli und Mac- quart in dem Magensaft fanden, war gewiſs nichts anders, als durch die Säure des Magens abgeschiedenes Gallenharz.
Mir scheint ein Bestandtheil des Magensafts Milchsäure zu seyn. Man findet diese, mit etwas Natrum verbunden, in allen serösen Flüs- sigkeiten, welche ebenfalls im mindern Grade das Vermögen besitzen, thierische Substanzen aufzu- lösen. Schon der Analogie nach ist sie also auch im Magensaft zu vermuthen. Ich habe aber auch bey Versuchen über die Verdauung der Hühner gefunden, daſs Wasser, womit die im Vormagen und muskulösen Magen dieser Vögel enthaltenen Materien ausgezogen waren, erwärmt den Geruch des Fleischextracts, welches vorzüglich aus milch- saurem Natrum besteht, aushauchte, und daſs dies selbst dann der Fall war, wenn die Thiere blos mit vegetabilischen Nahrungsmitteln gefüttert waren. Das Resultat eines Versuchs, den ich über die Wirkung der sauren Molken auf Weitzen- mehl und Fleisch anstellte, war ebenfalls meiner Meinung günstig. In einer Wärme von 60 bis 70° R. verband sich das Mehl mit den Molken zu einer weissen Flüssigkeit, welche das nehmliche Ansehn hatte, wie der in dem Zwölffingerdarm von Hühnern, die mit Getreidekörnern gefüttert waren, enthaltene Chymus, und sich auch auf ähn-
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Die harzige Materie, die Brugnatelli und Mac-
quart in dem Magensaft fanden, war gewiſs
nichts anders, als durch die Säure des Magens
abgeschiedenes Gallenharz.
Mir scheint ein Bestandtheil des Magensafts
Milchsäure zu seyn. Man findet diese, mit
etwas Natrum verbunden, in allen serösen Flüs-
sigkeiten, welche ebenfalls im mindern Grade das
Vermögen besitzen, thierische Substanzen aufzu-
lösen. Schon der Analogie nach ist sie also auch
im Magensaft zu vermuthen. Ich habe aber auch
bey Versuchen über die Verdauung der Hühner
gefunden, daſs Wasser, womit die im Vormagen
und muskulösen Magen dieser Vögel enthaltenen
Materien ausgezogen waren, erwärmt den Geruch
des Fleischextracts, welches vorzüglich aus milch-
saurem Natrum besteht, aushauchte, und daſs
dies selbst dann der Fall war, wenn die Thiere
blos mit vegetabilischen Nahrungsmitteln gefüttert
waren. Das Resultat eines Versuchs, den ich
über die Wirkung der sauren Molken auf Weitzen-
mehl und Fleisch anstellte, war ebenfalls meiner
Meinung günstig. In einer Wärme von 60 bis 70°
R. verband sich das Mehl mit den Molken zu
einer weissen Flüssigkeit, welche das nehmliche
Ansehn hatte, wie der in dem Zwölffingerdarm
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 4. Göttingen, 1814, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie04_1814/374>, abgerufen am 22.11.2024.
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