diese Frage sehr nahe. Erwägt man die Art, wie jene Gefässe aus dem Darmcanal entspringen, wie sie sich zu grössern und immer grössern Zweigen, und endlich zu einem gemeinschaftlichen Stamm vereinigen, und wie dieser in das Blutadersystem übergeht; erwägt man zugleich, dass alle jene Gefässe mit Klappen versehen sind, die einge- sprützten Flüssigkeiten den Weg vom Darmcanal zum Brustgang verstatten, aber die Rückkehr verschliessen; so muss man es schon hieraus wahrscheinlich finden, dass der Chylus in die Milchgefässe übergeht, und aus diesen durch den Brustgang zum Herzen gelangt.
Eine Menge Beobachtungen an lebenden Thie- ren beweisen auch die Richtigkeit dieser Vermu- thung. Bey Thieren, die zu der Zeit, wo der Milchsaft durch die dünnen Därme geht, geöff- net sind, findet man die Milchgefässe mit einer weissen Flüssigkeit angefüllt, die immer weiter nach dem Brustgange fortschreitet, und endlich auch diesen anfüllt. Wird eines jener Gefässe unterbunden, so schwillt es auf ähnliche Art wie eine unterbundene Ader hinter dem Bande nach der Seite des Darmcanals an, und entleert sich auf der andern Seite. Diese Erscheinungen dauern noch eine ziemlich lange Zeit nach dem Tode des Thiers fort. Werden gefärbte, oder mit riechen- den Substanzen geschwängerte Flüssigkeiten in
den
diese Frage sehr nahe. Erwägt man die Art, wie jene Gefäſse aus dem Darmcanal entspringen, wie sie sich zu gröſsern und immer gröſsern Zweigen, und endlich zu einem gemeinschaftlichen Stamm vereinigen, und wie dieser in das Blutadersystem übergeht; erwägt man zugleich, daſs alle jene Gefäſse mit Klappen versehen sind, die einge- sprützten Flüssigkeiten den Weg vom Darmcanal zum Brustgang verstatten, aber die Rückkehr verschlieſsen; so muſs man es schon hieraus wahrscheinlich finden, daſs der Chylus in die Milchgefäſse übergeht, und aus diesen durch den Brustgang zum Herzen gelangt.
Eine Menge Beobachtungen an lebenden Thie- ren beweisen auch die Richtigkeit dieser Vermu- thung. Bey Thieren, die zu der Zeit, wo der Milchsaft durch die dünnen Därme geht, geöff- net sind, findet man die Milchgefäſse mit einer weissen Flüssigkeit angefüllt, die immer weiter nach dem Brustgange fortschreitet, und endlich auch diesen anfüllt. Wird eines jener Gefäſse unterbunden, so schwillt es auf ähnliche Art wie eine unterbundene Ader hinter dem Bande nach der Seite des Darmcanals an, und entleert sich auf der andern Seite. Diese Erscheinungen dauern noch eine ziemlich lange Zeit nach dem Tode des Thiers fort. Werden gefärbte, oder mit riechen- den Substanzen geschwängerte Flüssigkeiten in
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diese Frage sehr nahe. Erwägt man die Art, wie
jene Gefäſse aus dem Darmcanal entspringen, wie
sie sich zu gröſsern und immer gröſsern Zweigen,
und endlich zu einem gemeinschaftlichen Stamm
vereinigen, und wie dieser in das Blutadersystem
übergeht; erwägt man zugleich, daſs alle jene
Gefäſse mit Klappen versehen sind, die einge-
sprützten Flüssigkeiten den Weg vom Darmcanal
zum Brustgang verstatten, aber die Rückkehr
verschlieſsen; so muſs man es schon hieraus
wahrscheinlich finden, daſs der Chylus in die
Milchgefäſse übergeht, und aus diesen durch den
Brustgang zum Herzen gelangt.
Eine Menge Beobachtungen an lebenden Thie-
ren beweisen auch die Richtigkeit dieser Vermu-
thung. Bey Thieren, die zu der Zeit, wo der
Milchsaft durch die dünnen Därme geht, geöff-
net sind, findet man die Milchgefäſse mit einer
weissen Flüssigkeit angefüllt, die immer weiter
nach dem Brustgange fortschreitet, und endlich
auch diesen anfüllt. Wird eines jener Gefäſse
unterbunden, so schwillt es auf ähnliche Art wie
eine unterbundene Ader hinter dem Bande nach
der Seite des Darmcanals an, und entleert sich
auf der andern Seite. Diese Erscheinungen dauern
noch eine ziemlich lange Zeit nach dem Tode des
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 4. Göttingen, 1814, S. 488. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie04_1814/504>, abgerufen am 22.11.2024.
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