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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 4. Göttingen, 1814.

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Frage aufwerfen, ob nicht noch andere Wege
vorhanden sind, auf welchen ebenfalls nährende
Bestandtheile zur Blutmasse gelangen? Die Venen
des Darmcanals haben in der Art, wie sie sich
zu einem gemeinschaftlichen Stamm vereinigen,
dann wieder in der Leber zerästeln, hierauf von
neuem zusammenfliessen, und nun erst zur Hohl-
ader gehen, so etwas Eigenes, dass, wenn es sol-
che Wege giebt, sie vor allen andern dafür anzu-
sehen sind. Die Frage, ob auch die Venen dem
Blute nährende Theile zuführen? lässt sich aber
auf die zurückführen, ob überhaupt den Venen
ein Einsaugungsvermögen zukömmt? Diese war
seit der Entdeckung der absorbirenden Gefässe der
Gegenstand eines fortwährenden, und selbst zu
unsern Zeiten noch nicht entschiedenen Streits.
Die meisten neuern Physiologen haben sich zwar
für die Meinung erklärt, dass keine Einsaugung
durch die Venen statt finde, Doch ist es vielleicht
eben so sehr der Glanz wichtiger Autoritäten und
Unlust zur weitern Untersuchung einer so lange
abgehandelten Frage, als das Uebergewicht der
Gründe, was dieser Hypothese Eingang verschafft
hat.

Es ist wahr, die Resultate der Versuche Hun-
ter
's r) scheinen erhebliche Beweise für diese
Meinung zu seyn. Hunter sprützte Milch in ein

unter-
r) Med. Commentaries. P. I.

Frage aufwerfen, ob nicht noch andere Wege
vorhanden sind, auf welchen ebenfalls nährende
Bestandtheile zur Blutmasse gelangen? Die Venen
des Darmcanals haben in der Art, wie sie sich
zu einem gemeinschaftlichen Stamm vereinigen,
dann wieder in der Leber zerästeln, hierauf von
neuem zusammenflieſsen, und nun erst zur Hohl-
ader gehen, so etwas Eigenes, daſs, wenn es sol-
che Wege giebt, sie vor allen andern dafür anzu-
sehen sind. Die Frage, ob auch die Venen dem
Blute nährende Theile zuführen? läſst sich aber
auf die zurückführen, ob überhaupt den Venen
ein Einsaugungsvermögen zukömmt? Diese war
seit der Entdeckung der absorbirenden Gefäſse der
Gegenstand eines fortwährenden, und selbst zu
unsern Zeiten noch nicht entschiedenen Streits.
Die meisten neuern Physiologen haben sich zwar
für die Meinung erklärt, daſs keine Einsaugung
durch die Venen statt finde, Doch ist es vielleicht
eben so sehr der Glanz wichtiger Autoritäten und
Unlust zur weitern Untersuchung einer so lange
abgehandelten Frage, als das Uebergewicht der
Gründe, was dieser Hypothese Eingang verschafft
hat.

Es ist wahr, die Resultate der Versuche Hun-
ter
’s r) scheinen erhebliche Beweise für diese
Meinung zu seyn. Hunter sprützte Milch in ein

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[498/0514] Frage aufwerfen, ob nicht noch andere Wege vorhanden sind, auf welchen ebenfalls nährende Bestandtheile zur Blutmasse gelangen? Die Venen des Darmcanals haben in der Art, wie sie sich zu einem gemeinschaftlichen Stamm vereinigen, dann wieder in der Leber zerästeln, hierauf von neuem zusammenflieſsen, und nun erst zur Hohl- ader gehen, so etwas Eigenes, daſs, wenn es sol- che Wege giebt, sie vor allen andern dafür anzu- sehen sind. Die Frage, ob auch die Venen dem Blute nährende Theile zuführen? läſst sich aber auf die zurückführen, ob überhaupt den Venen ein Einsaugungsvermögen zukömmt? Diese war seit der Entdeckung der absorbirenden Gefäſse der Gegenstand eines fortwährenden, und selbst zu unsern Zeiten noch nicht entschiedenen Streits. Die meisten neuern Physiologen haben sich zwar für die Meinung erklärt, daſs keine Einsaugung durch die Venen statt finde, Doch ist es vielleicht eben so sehr der Glanz wichtiger Autoritäten und Unlust zur weitern Untersuchung einer so lange abgehandelten Frage, als das Uebergewicht der Gründe, was dieser Hypothese Eingang verschafft hat. Es ist wahr, die Resultate der Versuche Hun- ter’s r) scheinen erhebliche Beweise für diese Meinung zu seyn. Hunter sprützte Milch in ein unter- r) Med. Commentaries. P. I.

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 4. Göttingen, 1814, S. 498. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie04_1814/514>, abgerufen am 22.11.2024.