Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 4. Göttingen, 1814.

Bild:
<< vorherige Seite

lassen. Die Vertheidiger derselben haben sich un-
ter andern auf die Versuche von Kratzenstein h)
und auf mehrere ähnliche Erfahrungen berufen,
nach welchen fortdauernd Urin ausgeleert wurde,
obgleich die Harnleiter unterbunden oder durch-
schnitten, oder die Nieren zerstört waren i). Ihre
Gegner haben theils diesen positiven Resultaten
von Versuchen, die unmöglich immer gelingen
konnten, einige negative Resultate entgegengesetzt,
theils jene Beobachtungen der Täuschung verdäch-
tig gemacht, und angenommen, dass der ausge-
leerte Urin sich schon vor dem Versuch in der
Harnblase hätte gesammelt gehabt.

Beyde Einwürfe sind die nichtigsten, die sich
gegen physiologische Erfahrungen machen lassen.
Mit mehrerm Rechte hätte man jene Beobachtun-
gen unangetastet gelassen, aber vorausgesetzt, dass
nach aufgehobener Gemeinschaft der Nieren mit
der Harnblase die letztere als stellvertretendes Se-
kretionsorgan zu wirken anfinge, so wie in einem
von Meckel beobachteten Fall bey einer gehemm-
ten Absonderung des Harns eine grosse Menge
einer dem Urin ganz ähnlichen Flüssigkeit unter

den
h) De diabete, in Halleri disp. patholog. p. 63.
i) Haller l. c. L. 26. S. 4. §. 3. p. 379. -- Horst in
Hufeland's u. Himly's Journ. der prakt. Heilk. J.
1812. St. 12. S. 68.
K k 3

lassen. Die Vertheidiger derselben haben sich un-
ter andern auf die Versuche von Kratzenstein h)
und auf mehrere ähnliche Erfahrungen berufen,
nach welchen fortdauernd Urin ausgeleert wurde,
obgleich die Harnleiter unterbunden oder durch-
schnitten, oder die Nieren zerstört waren i). Ihre
Gegner haben theils diesen positiven Resultaten
von Versuchen, die unmöglich immer gelingen
konnten, einige negative Resultate entgegengesetzt,
theils jene Beobachtungen der Täuschung verdäch-
tig gemacht, und angenommen, daſs der ausge-
leerte Urin sich schon vor dem Versuch in der
Harnblase hätte gesammelt gehabt.

Beyde Einwürfe sind die nichtigsten, die sich
gegen physiologische Erfahrungen machen lassen.
Mit mehrerm Rechte hätte man jene Beobachtun-
gen unangetastet gelassen, aber vorausgesetzt, daſs
nach aufgehobener Gemeinschaft der Nieren mit
der Harnblase die letztere als stellvertretendes Se-
kretionsorgan zu wirken anfinge, so wie in einem
von Meckel beobachteten Fall bey einer gehemm-
ten Absonderung des Harns eine groſse Menge
einer dem Urin ganz ähnlichen Flüssigkeit unter

den
h) De diabete, in Halleri disp. patholog. p. 63.
i) Haller l. c. L. 26. S. 4. §. 3. p. 379. — Horst in
Hufeland’s u. Himly’s Journ. der prakt. Heilk. J.
1812. St. 12. S. 68.
K k 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0533" n="517"/>
lassen. Die Vertheidiger derselben haben sich un-<lb/>
ter andern auf die Versuche von <hi rendition="#k">Kratzenstein</hi> <note place="foot" n="h)">De diabete, in <hi rendition="#k">Halleri</hi> disp. patholog. p. 63.</note><lb/>
und auf mehrere ähnliche Erfahrungen berufen,<lb/>
nach welchen fortdauernd Urin ausgeleert wurde,<lb/>
obgleich die Harnleiter unterbunden oder durch-<lb/>
schnitten, oder die Nieren zerstört waren <note place="foot" n="i)"><hi rendition="#k">Haller</hi> l. c. L. 26. S. 4. §. 3. p. 379. &#x2014; <hi rendition="#k">Horst</hi> in<lb/><hi rendition="#k">Hufeland</hi>&#x2019;s u. <hi rendition="#k">Himly</hi>&#x2019;s Journ. der prakt. Heilk. J.<lb/>
1812. St. 12. S. 68.</note>. Ihre<lb/>
Gegner haben theils diesen positiven Resultaten<lb/>
von Versuchen, die unmöglich immer gelingen<lb/>
konnten, einige negative Resultate entgegengesetzt,<lb/>
theils jene Beobachtungen der Täuschung verdäch-<lb/>
tig gemacht, und angenommen, da&#x017F;s der ausge-<lb/>
leerte Urin sich schon vor dem Versuch in der<lb/>
Harnblase hätte gesammelt gehabt.</p><lb/>
                <p>Beyde Einwürfe sind die nichtigsten, die sich<lb/>
gegen physiologische Erfahrungen machen lassen.<lb/>
Mit mehrerm Rechte hätte man jene Beobachtun-<lb/>
gen unangetastet gelassen, aber vorausgesetzt, da&#x017F;s<lb/>
nach aufgehobener Gemeinschaft der Nieren mit<lb/>
der Harnblase die letztere als stellvertretendes Se-<lb/>
kretionsorgan zu wirken anfinge, so wie in einem<lb/>
von <hi rendition="#k">Meckel</hi> beobachteten Fall bey einer gehemm-<lb/>
ten Absonderung des Harns eine gro&#x017F;se Menge<lb/>
einer dem Urin ganz ähnlichen Flüssigkeit unter<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">den</fw><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">K k 3</fw><lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[517/0533] lassen. Die Vertheidiger derselben haben sich un- ter andern auf die Versuche von Kratzenstein h) und auf mehrere ähnliche Erfahrungen berufen, nach welchen fortdauernd Urin ausgeleert wurde, obgleich die Harnleiter unterbunden oder durch- schnitten, oder die Nieren zerstört waren i). Ihre Gegner haben theils diesen positiven Resultaten von Versuchen, die unmöglich immer gelingen konnten, einige negative Resultate entgegengesetzt, theils jene Beobachtungen der Täuschung verdäch- tig gemacht, und angenommen, daſs der ausge- leerte Urin sich schon vor dem Versuch in der Harnblase hätte gesammelt gehabt. Beyde Einwürfe sind die nichtigsten, die sich gegen physiologische Erfahrungen machen lassen. Mit mehrerm Rechte hätte man jene Beobachtun- gen unangetastet gelassen, aber vorausgesetzt, daſs nach aufgehobener Gemeinschaft der Nieren mit der Harnblase die letztere als stellvertretendes Se- kretionsorgan zu wirken anfinge, so wie in einem von Meckel beobachteten Fall bey einer gehemm- ten Absonderung des Harns eine groſse Menge einer dem Urin ganz ähnlichen Flüssigkeit unter den h) De diabete, in Halleri disp. patholog. p. 63. i) Haller l. c. L. 26. S. 4. §. 3. p. 379. — Horst in Hufeland’s u. Himly’s Journ. der prakt. Heilk. J. 1812. St. 12. S. 68. K k 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie04_1814
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie04_1814/533
Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 4. Göttingen, 1814, S. 517. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie04_1814/533>, abgerufen am 20.05.2024.