zergliedert, und bey denen Arten, die durch Luft- röhren athmen, nie eine Ausnahme von jenem Satz gefunden ist, kann an der Richtigkeit des- selben kein Zweifel weiter statt finden. Nach mei- nen Untersuchungen giebt es sogar bey dem Onis- cus Asellus kein System von Blutgefässen, obgleich das Athemholen dieses Thiers durch Kiemen ge- schieht. Mir scheint die Ernährung der mit Tracheen versehenen Insekten auf folgende Art vor sich zu gehen. Bey dem Durchgange der Speisen durch den Nahrungscanal dringt der nährende Theil der- selben durch die innere Haut dieses Canals, die gewöhnlich höchst zart, und von der äussern musku- lösen Membran durch eine gallertartige Substanz ge- trennt ist. Die letztere tränkt sich mit dem Chylus, und aus ihr dringt derselbe durch die äussere Haut in die Bauchhöhle, wo er sich als eine Flüs- sigkeit zeigt, die sich mit dem Saft des Milchader- systems der höhern Thierclassen vergleichen lässt. Diese Flüssigkeit trennt sich innerhalb des Bauch- fells in zwey Theile, von welchen der eine den Fettkörper bildet, der andere aber von dem hin- tern Ende des Herzens aufgenommen, und in eine, dem Blut der höhern Thiere ähnliche Ma- terie verwandelt wird. Aus dem Fettkörper zie- hen die in der Bauchhöhle liegenden secerniren- den Eingeweide den zu ihren Absonderungen dienenden Saft. Das Blut aber dient zur Ernäh- rung aller Theile, die ausserhalb dem Bauchfelle
liegen.
zergliedert, und bey denen Arten, die durch Luft- röhren athmen, nie eine Ausnahme von jenem Satz gefunden ist, kann an der Richtigkeit des- selben kein Zweifel weiter statt finden. Nach mei- nen Untersuchungen giebt es sogar bey dem Onis- cus Asellus kein System von Blutgefäſsen, obgleich das Athemholen dieses Thiers durch Kiemen ge- schieht. Mir scheint die Ernährung der mit Tracheen versehenen Insekten auf folgende Art vor sich zu gehen. Bey dem Durchgange der Speisen durch den Nahrungscanal dringt der nährende Theil der- selben durch die innere Haut dieses Canals, die gewöhnlich höchst zart, und von der äussern musku- lösen Membran durch eine gallertartige Substanz ge- trennt ist. Die letztere tränkt sich mit dem Chylus, und aus ihr dringt derselbe durch die äussere Haut in die Bauchhöhle, wo er sich als eine Flüs- sigkeit zeigt, die sich mit dem Saft des Milchader- systems der höhern Thierclassen vergleichen läſst. Diese Flüssigkeit trennt sich innerhalb des Bauch- fells in zwey Theile, von welchen der eine den Fettkörper bildet, der andere aber von dem hin- tern Ende des Herzens aufgenommen, und in eine, dem Blut der höhern Thiere ähnliche Ma- terie verwandelt wird. Aus dem Fettkörper zie- hen die in der Bauchhöhle liegenden secerniren- den Eingeweide den zu ihren Absonderungen dienenden Saft. Das Blut aber dient zur Ernäh- rung aller Theile, die ausserhalb dem Bauchfelle
liegen.
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zergliedert, und bey denen Arten, die durch Luft-
röhren athmen, nie eine Ausnahme von jenem
Satz gefunden ist, kann an der Richtigkeit des-
selben kein Zweifel weiter statt finden. Nach mei-
nen Untersuchungen giebt es sogar bey dem Onis-
cus Asellus kein System von Blutgefäſsen, obgleich
das Athemholen dieses Thiers durch Kiemen ge-
schieht. Mir scheint die Ernährung der mit Tracheen
versehenen Insekten auf folgende Art vor sich zu
gehen. Bey dem Durchgange der Speisen durch
den Nahrungscanal dringt der nährende Theil der-
selben durch die innere Haut dieses Canals, die
gewöhnlich höchst zart, und von der äussern musku-
lösen Membran durch eine gallertartige Substanz ge-
trennt ist. Die letztere tränkt sich mit dem Chylus,
und aus ihr dringt derselbe durch die äussere
Haut in die Bauchhöhle, wo er sich als eine Flüs-
sigkeit zeigt, die sich mit dem Saft des Milchader-
systems der höhern Thierclassen vergleichen läſst.
Diese Flüssigkeit trennt sich innerhalb des Bauch-
fells in zwey Theile, von welchen der eine den
Fettkörper bildet, der andere aber von dem hin-
tern Ende des Herzens aufgenommen, und in
eine, dem Blut der höhern Thiere ähnliche Ma-
terie verwandelt wird. Aus dem Fettkörper zie-
hen die in der Bauchhöhle liegenden secerniren-
den Eingeweide den zu ihren Absonderungen
dienenden Saft. Das Blut aber dient zur Ernäh-
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 4. Göttingen, 1814, S. 523. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie04_1814/539>, abgerufen am 22.11.2024.
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