Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 4. Göttingen, 1814.

Bild:
<< vorherige Seite

Woher und wozu nun diese verschiedenen
Gasarten, die von der Pflanze ausgehaucht und
eingesogen werden? Die Beantwortung dieser
Frage ist der erste Schritt zur Enthüllung der
Geheimnisse der Vegetation.

Am wenigsten befriedigend hat sie ohnstrei-
tig Rumford beantwortet. Dieser behauptete, die
unter Wasser gehaltenen Blätter befänden sich in
einem unnatürlichen Zustande, und man erhalte
auch von andern Körpern, z. B. von fein gespon-
nenem Glase, roher Seide, gemeiner Baumwolle
und der Wolle des Pappelbaums im Sonnenlicht
und unter Wasser Sauerstoffgas d). Allein die
erste dieser Behauptungen wird durch Spallanza-
ni
's und Saussure's Versuche widerlegt, nach
welchen grüne Pflanzentheile auch in der Luft
dem Sonnenlichte ausgesetzt Sauerstoffgas ausath-
men. Die Versuche, worauf sich die zweyte Be-
hauptung gründet, lehren, dass 40 Gran roher
Seide nach 3 Tagen nicht mehr als 33/4 Cubikzoll
Luft lieferten, und dass zuweilen 4 Tage vergin-
gen, ehe sich so viel sammelte, als zu einer eu-
diometrischen Prüfung der Luft nöthig war.
Kann nicht diese unbedeutende Quantität Gas
durch eine geringe, vielleicht kaum sichtbare
Menge grüner Materie, die sich während des Ver-
suchs im Wasser erzeugte, gebildet seyn? Aber

Wood-
d) Philosoph. Transact. Y. 1782.

Woher und wozu nun diese verschiedenen
Gasarten, die von der Pflanze ausgehaucht und
eingesogen werden? Die Beantwortung dieser
Frage ist der erste Schritt zur Enthüllung der
Geheimnisse der Vegetation.

Am wenigsten befriedigend hat sie ohnstrei-
tig Rumford beantwortet. Dieser behauptete, die
unter Wasser gehaltenen Blätter befänden sich in
einem unnatürlichen Zustande, und man erhalte
auch von andern Körpern, z. B. von fein gespon-
nenem Glase, roher Seide, gemeiner Baumwolle
und der Wolle des Pappelbaums im Sonnenlicht
und unter Wasser Sauerstoffgas d). Allein die
erste dieser Behauptungen wird durch Spallanza-
ni
’s und Saussure’s Versuche widerlegt, nach
welchen grüne Pflanzentheile auch in der Luft
dem Sonnenlichte ausgesetzt Sauerstoffgas ausath-
men. Die Versuche, worauf sich die zweyte Be-
hauptung gründet, lehren, daſs 40 Gran roher
Seide nach 3 Tagen nicht mehr als 3¾ Cubikzoll
Luft lieferten, und daſs zuweilen 4 Tage vergin-
gen, ehe sich so viel sammelte, als zu einer eu-
diometrischen Prüfung der Luft nöthig war.
Kann nicht diese unbedeutende Quantität Gas
durch eine geringe, vielleicht kaum sichtbare
Menge grüner Materie, die sich während des Ver-
suchs im Wasser erzeugte, gebildet seyn? Aber

Wood-
d) Philosoph. Transact. Y. 1782.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0091" n="75"/>
              <p>Woher und wozu nun diese verschiedenen<lb/>
Gasarten, die von der Pflanze ausgehaucht und<lb/>
eingesogen werden? Die Beantwortung dieser<lb/>
Frage ist der erste Schritt zur Enthüllung der<lb/>
Geheimnisse der Vegetation.</p><lb/>
              <p>Am wenigsten befriedigend hat sie ohnstrei-<lb/>
tig <hi rendition="#k">Rumford</hi> beantwortet. Dieser behauptete, die<lb/>
unter Wasser gehaltenen Blätter befänden sich in<lb/>
einem unnatürlichen Zustande, und man erhalte<lb/>
auch von andern Körpern, z. B. von fein gespon-<lb/>
nenem Glase, roher Seide, gemeiner Baumwolle<lb/>
und der Wolle des Pappelbaums im Sonnenlicht<lb/>
und unter Wasser Sauerstoffgas <note place="foot" n="d)">Philosoph. Transact. Y. 1782.</note>. Allein die<lb/>
erste dieser Behauptungen wird durch <hi rendition="#k">Spallanza-<lb/>
ni</hi>&#x2019;s und <hi rendition="#k">Saussure</hi>&#x2019;s Versuche widerlegt, nach<lb/>
welchen grüne Pflanzentheile auch in der Luft<lb/>
dem Sonnenlichte ausgesetzt Sauerstoffgas ausath-<lb/>
men. Die Versuche, worauf sich die zweyte Be-<lb/>
hauptung gründet, lehren, da&#x017F;s 40 Gran roher<lb/>
Seide nach 3 Tagen nicht mehr als 3¾ Cubikzoll<lb/>
Luft lieferten, und da&#x017F;s zuweilen 4 Tage vergin-<lb/>
gen, ehe sich so viel sammelte, als zu einer eu-<lb/>
diometrischen Prüfung der Luft nöthig war.<lb/>
Kann nicht diese unbedeutende Quantität Gas<lb/>
durch eine geringe, vielleicht kaum sichtbare<lb/>
Menge grüner Materie, die sich während des Ver-<lb/>
suchs im Wasser erzeugte, gebildet seyn? Aber<lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#k">Wood-</hi></fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[75/0091] Woher und wozu nun diese verschiedenen Gasarten, die von der Pflanze ausgehaucht und eingesogen werden? Die Beantwortung dieser Frage ist der erste Schritt zur Enthüllung der Geheimnisse der Vegetation. Am wenigsten befriedigend hat sie ohnstrei- tig Rumford beantwortet. Dieser behauptete, die unter Wasser gehaltenen Blätter befänden sich in einem unnatürlichen Zustande, und man erhalte auch von andern Körpern, z. B. von fein gespon- nenem Glase, roher Seide, gemeiner Baumwolle und der Wolle des Pappelbaums im Sonnenlicht und unter Wasser Sauerstoffgas d). Allein die erste dieser Behauptungen wird durch Spallanza- ni’s und Saussure’s Versuche widerlegt, nach welchen grüne Pflanzentheile auch in der Luft dem Sonnenlichte ausgesetzt Sauerstoffgas ausath- men. Die Versuche, worauf sich die zweyte Be- hauptung gründet, lehren, daſs 40 Gran roher Seide nach 3 Tagen nicht mehr als 3¾ Cubikzoll Luft lieferten, und daſs zuweilen 4 Tage vergin- gen, ehe sich so viel sammelte, als zu einer eu- diometrischen Prüfung der Luft nöthig war. Kann nicht diese unbedeutende Quantität Gas durch eine geringe, vielleicht kaum sichtbare Menge grüner Materie, die sich während des Ver- suchs im Wasser erzeugte, gebildet seyn? Aber Wood- d) Philosoph. Transact. Y. 1782.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie04_1814
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie04_1814/91
Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 4. Göttingen, 1814, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie04_1814/91>, abgerufen am 22.11.2024.