bewegungen, wenn die beyden innern Bedingun- gen der Muskelreitzbarkeit, der Zufluss des arte- riellen Bluts und die gleichförmige Einwirkung des Nervensystems, bey Verblutungen und bey Durchschneidungen der Nerven plötzlich aufgeho- ben werden. Nach dieser Aufhebung behält aber der Muskel immer noch auf einige Zeit ein ge- wisses Maass von Reitzbarkeit, und so besitzt auch die Mimose, selbst nach gänzlicher Entzie- hung des Lichts, an den Blattstielen noch Em- pfänglichkeit für mechanische Reitze m). Da nun bey diesen Reitzungen alle unmittelbare Mitwir- kung des Lichts ausgeschlossen ist und die thie- rischen Muskeln sich in allen übrigen Stücken wie die reitzbaren Theile der Pflanzen verhalten, so sind gewiss auch bey jenen die Nerven blos Bedingungen der Reitzbarkeit, nicht aber noth- wendig der Reitzung.
Nach allen den bisherigen Gründen ist es wahr- scheinlich der Einfluss der Nervenkraft auf eine gewisse, aus dem Arterienblut in die Substanz der Muskeln abgesetzte Ma- terie, was die Reitzbarkeit derselben hervorbringt und unterhält.
Diese Materie kann kein anderer als der Ey- weissstoff seyn. Schon im fünften Buch der
Bio-
m)Sigwart in Reil's u. Autenrieth's Archiv f. d. Physiol. B. XII. S. 23. 35.
bewegungen, wenn die beyden innern Bedingun- gen der Muskelreitzbarkeit, der Zufluſs des arte- riellen Bluts und die gleichförmige Einwirkung des Nervensystems, bey Verblutungen und bey Durchschneidungen der Nerven plötzlich aufgeho- ben werden. Nach dieser Aufhebung behält aber der Muskel immer noch auf einige Zeit ein ge- wisses Maaſs von Reitzbarkeit, und so besitzt auch die Mimose, selbst nach gänzlicher Entzie- hung des Lichts, an den Blattstielen noch Em- pfänglichkeit für mechanische Reitze m). Da nun bey diesen Reitzungen alle unmittelbare Mitwir- kung des Lichts ausgeschlossen ist und die thie- rischen Muskeln sich in allen übrigen Stücken wie die reitzbaren Theile der Pflanzen verhalten, so sind gewiſs auch bey jenen die Nerven blos Bedingungen der Reitzbarkeit, nicht aber noth- wendig der Reitzung.
Nach allen den bisherigen Gründen ist es wahr- scheinlich der Einfluſs der Nervenkraft auf eine gewisse, aus dem Arterienblut in die Substanz der Muskeln abgesetzte Ma- terie, was die Reitzbarkeit derselben hervorbringt und unterhält.
Diese Materie kann kein anderer als der Ey- weiſsstoff seyn. Schon im fünften Buch der
Bio-
m)Sigwart in Reil’s u. Autenrieth’s Archiv f. d. Physiol. B. XII. S. 23. 35.
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bewegungen, wenn die beyden innern Bedingun-
gen der Muskelreitzbarkeit, der Zufluſs des arte-
riellen Bluts und die gleichförmige Einwirkung
des Nervensystems, bey Verblutungen und bey
Durchschneidungen der Nerven plötzlich aufgeho-
ben werden. Nach dieser Aufhebung behält aber
der Muskel immer noch auf einige Zeit ein ge-
wisses Maaſs von Reitzbarkeit, und so besitzt
auch die Mimose, selbst nach gänzlicher Entzie-
hung des Lichts, an den Blattstielen noch Em-
pfänglichkeit für mechanische Reitze m). Da nun
bey diesen Reitzungen alle unmittelbare Mitwir-
kung des Lichts ausgeschlossen ist und die thie-
rischen Muskeln sich in allen übrigen Stücken
wie die reitzbaren Theile der Pflanzen verhalten,
so sind gewiſs auch bey jenen die Nerven blos
Bedingungen der Reitzbarkeit, nicht aber noth-
wendig der Reitzung.
Nach allen den bisherigen Gründen ist es wahr-
scheinlich der Einfluſs der Nervenkraft auf
eine gewisse, aus dem Arterienblut in
die Substanz der Muskeln abgesetzte Ma-
terie, was die Reitzbarkeit derselben
hervorbringt und unterhält.
Diese Materie kann kein anderer als der Ey-
weiſsstoff seyn. Schon im fünften Buch der
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818/308>, abgerufen am 22.11.2024.
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