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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818.

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trennt sind? Woher weiss das Männchen gleich
beym ersten Anblick des Weibchens, dass dieses
der Gegenstand seines Sehnens ist? Wer lehrte
beyde durch eine körperliche Vereinigung ihr Seh-
nen stillen, und diese Paarung durch eine Folge
sehr mannigfaltiger Handlungen bewerkstelligen?

Die Beantwortung dieser Fragen beruhet auf
folgenden Punkten.

Das Erwachen des Triebes setzt immer eine
körperliche Veränderung voraus, die nicht unmit-
telbar durch einen Reitz bewirkt seyn, sondern
nur in der fortdauernden und auf eine eigene Art
modifizirten Thätigkeit des ursprünglichen Bil-
dungstriebs, der einzigen unter den Lebenskräf-
ten, die, gleich dem Instinkt, bey ihren Wir-
kungen Zweckmässigkeit und einen Schein von
Spontaneität zeigt, ihren Grund haben kann.
Diese Abstammung des Instinkts von dem Bil-
dungstrieb ergiebt sich auch noch aus andern
Gründen. Die Kunsttriebe finden sich am ausge-
zeichnetsten bey den geschlechtslosen Insekten.
Sie hören bey vielen Thieren nach der Begattung
auf, da sie vorher sehr rege waren. Sie sind
alle Stellvertreter des Bildungstriebes. Der In-
stinkt ist ferner ohne allen Zweifel Wirkung des
nehmlichen Princips, worin die Heilkraft der Na-
tur ihren Grund hat. Diese äussert sich selbst
in manchen Fällen als reiner Instinkt. Sie erregt

in

trennt sind? Woher weiſs das Männchen gleich
beym ersten Anblick des Weibchens, daſs dieses
der Gegenstand seines Sehnens ist? Wer lehrte
beyde durch eine körperliche Vereinigung ihr Seh-
nen stillen, und diese Paarung durch eine Folge
sehr mannigfaltiger Handlungen bewerkstelligen?

Die Beantwortung dieser Fragen beruhet auf
folgenden Punkten.

Das Erwachen des Triebes setzt immer eine
körperliche Veränderung voraus, die nicht unmit-
telbar durch einen Reitz bewirkt seyn, sondern
nur in der fortdauernden und auf eine eigene Art
modifizirten Thätigkeit des ursprünglichen Bil-
dungstriebs, der einzigen unter den Lebenskräf-
ten, die, gleich dem Instinkt, bey ihren Wir-
kungen Zweckmäſsigkeit und einen Schein von
Spontaneität zeigt, ihren Grund haben kann.
Diese Abstammung des Instinkts von dem Bil-
dungstrieb ergiebt sich auch noch aus andern
Gründen. Die Kunsttriebe finden sich am ausge-
zeichnetsten bey den geschlechtslosen Insekten.
Sie hören bey vielen Thieren nach der Begattung
auf, da sie vorher sehr rege waren. Sie sind
alle Stellvertreter des Bildungstriebes. Der In-
stinkt ist ferner ohne allen Zweifel Wirkung des
nehmlichen Princips, worin die Heilkraft der Na-
tur ihren Grund hat. Diese äuſsert sich selbst
in manchen Fällen als reiner Instinkt. Sie erregt

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[443/0455] trennt sind? Woher weiſs das Männchen gleich beym ersten Anblick des Weibchens, daſs dieses der Gegenstand seines Sehnens ist? Wer lehrte beyde durch eine körperliche Vereinigung ihr Seh- nen stillen, und diese Paarung durch eine Folge sehr mannigfaltiger Handlungen bewerkstelligen? Die Beantwortung dieser Fragen beruhet auf folgenden Punkten. Das Erwachen des Triebes setzt immer eine körperliche Veränderung voraus, die nicht unmit- telbar durch einen Reitz bewirkt seyn, sondern nur in der fortdauernden und auf eine eigene Art modifizirten Thätigkeit des ursprünglichen Bil- dungstriebs, der einzigen unter den Lebenskräf- ten, die, gleich dem Instinkt, bey ihren Wir- kungen Zweckmäſsigkeit und einen Schein von Spontaneität zeigt, ihren Grund haben kann. Diese Abstammung des Instinkts von dem Bil- dungstrieb ergiebt sich auch noch aus andern Gründen. Die Kunsttriebe finden sich am ausge- zeichnetsten bey den geschlechtslosen Insekten. Sie hören bey vielen Thieren nach der Begattung auf, da sie vorher sehr rege waren. Sie sind alle Stellvertreter des Bildungstriebes. Der In- stinkt ist ferner ohne allen Zweifel Wirkung des nehmlichen Princips, worin die Heilkraft der Na- tur ihren Grund hat. Diese äuſsert sich selbst in manchen Fällen als reiner Instinkt. Sie erregt in

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818, S. 443. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818/455>, abgerufen am 28.11.2024.