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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822.

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wichtigern Gründen bestreiten, als beweisen. Der
Abstand zwischen dem Menschen und den Affen
ist in Rücksicht auf die höhern Geisteskräfte
wahrlich weit grösser, als etwas grössere und
zahlreichere Windungen und Blätter des grossen
und kleinen Gehirns ausfüllen können; hingegen
steht der Affe gewiss nicht so hoch in Betreff
der Geisteskräfte überhaupt über den untersten
der Säugthiere, als bey jener Meinung der Fall
seyn müsste. Der Affe hat schwerlich im All-
gemeinen mehr Intelligenz als der Fuchs; der
Delphin hat noch weniger, und doch besitzt so-
wohl der Affe als der Delphin mehr Masse der
Hirnwindungen und der Seitentheile des kleinen
Gehirns in Verhältniss zum verlängerten Mark,
und weit zahlreichere Hirnwindungen, als der
Fuchs. Die Thatsachen, die sich für die obige
Meinung anführen lassen, sind aber auch noch
anderer Deutungen fähig. Es wäre z. B. mög-
lich, dass der Mensch darum so viel grössere
und zahlreichere Hirnwindungen hätte, weil er
bey seiner höchst zusammengesetzten Organisa-
tion doch ein verhältnissmässig starkes, und da-
bey immer reges Zeugungsvermögen besitzt.

Doch diess ist eine blosse Möglichkeit und
soll auch nur für eine solche gelten. Ist sie
wirklich gegründet, so kann doch jenes physi-
sche Verhältniss nicht das einzige der erwähnten

Theile

wichtigern Gründen bestreiten, als beweisen. Der
Abstand zwischen dem Menschen und den Affen
ist in Rücksicht auf die höhern Geisteskräfte
wahrlich weit gröſser, als etwas gröſsere und
zahlreichere Windungen und Blätter des groſsen
und kleinen Gehirns ausfüllen können; hingegen
steht der Affe gewiſs nicht so hoch in Betreff
der Geisteskräfte überhaupt über den untersten
der Säugthiere, als bey jener Meinung der Fall
seyn müſste. Der Affe hat schwerlich im All-
gemeinen mehr Intelligenz als der Fuchs; der
Delphin hat noch weniger, und doch besitzt so-
wohl der Affe als der Delphin mehr Masse der
Hirnwindungen und der Seitentheile des kleinen
Gehirns in Verhältniſs zum verlängerten Mark,
und weit zahlreichere Hirnwindungen, als der
Fuchs. Die Thatsachen, die sich für die obige
Meinung anführen lassen, sind aber auch noch
anderer Deutungen fähig. Es wäre z. B. mög-
lich, daſs der Mensch darum so viel gröſsere
und zahlreichere Hirnwindungen hätte, weil er
bey seiner höchst zusammengesetzten Organisa-
tion doch ein verhältniſsmäſsig starkes, und da-
bey immer reges Zeugungsvermögen besitzt.

Doch dieſs ist eine bloſse Möglichkeit und
soll auch nur für eine solche gelten. Ist sie
wirklich gegründet, so kann doch jenes physi-
sche Verhältniſs nicht das einzige der erwähnten

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[140/0156] wichtigern Gründen bestreiten, als beweisen. Der Abstand zwischen dem Menschen und den Affen ist in Rücksicht auf die höhern Geisteskräfte wahrlich weit gröſser, als etwas gröſsere und zahlreichere Windungen und Blätter des groſsen und kleinen Gehirns ausfüllen können; hingegen steht der Affe gewiſs nicht so hoch in Betreff der Geisteskräfte überhaupt über den untersten der Säugthiere, als bey jener Meinung der Fall seyn müſste. Der Affe hat schwerlich im All- gemeinen mehr Intelligenz als der Fuchs; der Delphin hat noch weniger, und doch besitzt so- wohl der Affe als der Delphin mehr Masse der Hirnwindungen und der Seitentheile des kleinen Gehirns in Verhältniſs zum verlängerten Mark, und weit zahlreichere Hirnwindungen, als der Fuchs. Die Thatsachen, die sich für die obige Meinung anführen lassen, sind aber auch noch anderer Deutungen fähig. Es wäre z. B. mög- lich, daſs der Mensch darum so viel gröſsere und zahlreichere Hirnwindungen hätte, weil er bey seiner höchst zusammengesetzten Organisa- tion doch ein verhältniſsmäſsig starkes, und da- bey immer reges Zeugungsvermögen besitzt. Doch dieſs ist eine bloſse Möglichkeit und soll auch nur für eine solche gelten. Ist sie wirklich gegründet, so kann doch jenes physi- sche Verhältniſs nicht das einzige der erwähnten Theile

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/156>, abgerufen am 21.11.2024.