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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822.

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Theile seyn, sondern es muss zugleich geistige
Beziehungen derselben geben. Und so verhält
es sich auch. Die Windungen der mittlern und
hintern Lappen des grossen Gehirns sind vor-
züglich für den Gesichtssinn gebildet; die der
vordern Lappen beziehen sich auf den Geruchs-
sinn, doch mehr bey denjenigen Thieren, die
Riechfortsätze besitzen, als beym Menschen und
den Affen; die Seitentheile des kleinen Gehirns
sind besonders des Gehörssinns wegen vorhan-
den. Allein es ist nicht so sehr Schärfe dieser
Sinne, als das Vermögen, alle Modifikationen und
alle Abstufungen dieser Modifikationen der Sin-
nesgegenstände wahrzunehmen, die empfangenen
Eindrücke aufzubewahren, sie mit einander zu
verknüpfen und zu reproduciren, wofür gewisse
Hirnorgane der höhern Thiere mehr Masse und
Ausbildung haben. Wir müssen überhaupt, um
über die Funktionen der Hirnorgane mit Erfolg
Untersuchungen anstellen zu können, eine nie-
dere und höhere Sphäre des sensitiven Lebens
unterscheiden. Die Organe der niedern Sphäre
beziehen sich blos auf das Auffassen der Sinnes-
eindrücke, die der höhern aber auf die Modali-
tät, Aufbewahrung und Verknüpfung derselben.
Diese höhere Sphäre steht nicht mit der abso-
luten Grösse der Nerven in nothwendiger Ver-
bindung; sonst würden manche Fische, deren
Sehenerven sowohl absolut, als in Vergleichung

mit

Theile seyn, sondern es muſs zugleich geistige
Beziehungen derselben geben. Und so verhält
es sich auch. Die Windungen der mittlern und
hintern Lappen des groſsen Gehirns sind vor-
züglich für den Gesichtssinn gebildet; die der
vordern Lappen beziehen sich auf den Geruchs-
sinn, doch mehr bey denjenigen Thieren, die
Riechfortsätze besitzen, als beym Menschen und
den Affen; die Seitentheile des kleinen Gehirns
sind besonders des Gehörssinns wegen vorhan-
den. Allein es ist nicht so sehr Schärfe dieser
Sinne, als das Vermögen, alle Modifikationen und
alle Abstufungen dieser Modifikationen der Sin-
nesgegenstände wahrzunehmen, die empfangenen
Eindrücke aufzubewahren, sie mit einander zu
verknüpfen und zu reproduciren, wofür gewisse
Hirnorgane der höhern Thiere mehr Masse und
Ausbildung haben. Wir müssen überhaupt, um
über die Funktionen der Hirnorgane mit Erfolg
Untersuchungen anstellen zu können, eine nie-
dere und höhere Sphäre des sensitiven Lebens
unterscheiden. Die Organe der niedern Sphäre
beziehen sich blos auf das Auffassen der Sinnes-
eindrücke, die der höhern aber auf die Modali-
tät, Aufbewahrung und Verknüpfung derselben.
Diese höhere Sphäre steht nicht mit der abso-
luten Gröſse der Nerven in nothwendiger Ver-
bindung; sonst würden manche Fische, deren
Sehenerven sowohl absolut, als in Vergleichung

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[141/0157] Theile seyn, sondern es muſs zugleich geistige Beziehungen derselben geben. Und so verhält es sich auch. Die Windungen der mittlern und hintern Lappen des groſsen Gehirns sind vor- züglich für den Gesichtssinn gebildet; die der vordern Lappen beziehen sich auf den Geruchs- sinn, doch mehr bey denjenigen Thieren, die Riechfortsätze besitzen, als beym Menschen und den Affen; die Seitentheile des kleinen Gehirns sind besonders des Gehörssinns wegen vorhan- den. Allein es ist nicht so sehr Schärfe dieser Sinne, als das Vermögen, alle Modifikationen und alle Abstufungen dieser Modifikationen der Sin- nesgegenstände wahrzunehmen, die empfangenen Eindrücke aufzubewahren, sie mit einander zu verknüpfen und zu reproduciren, wofür gewisse Hirnorgane der höhern Thiere mehr Masse und Ausbildung haben. Wir müssen überhaupt, um über die Funktionen der Hirnorgane mit Erfolg Untersuchungen anstellen zu können, eine nie- dere und höhere Sphäre des sensitiven Lebens unterscheiden. Die Organe der niedern Sphäre beziehen sich blos auf das Auffassen der Sinnes- eindrücke, die der höhern aber auf die Modali- tät, Aufbewahrung und Verknüpfung derselben. Diese höhere Sphäre steht nicht mit der abso- luten Gröſse der Nerven in nothwendiger Ver- bindung; sonst würden manche Fische, deren Sehenerven sowohl absolut, als in Vergleichung mit

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/157>, abgerufen am 21.11.2024.