Zunge anstellt, weil durch die hierbey statt findende Spannung der letztern ihre Reitzbarkeit sehr vermindert wird.
So giebt es denn von der Gegenwart des Geschmackssinns im Allgemeinen keine andere organische Kennzeichen, als die Gegenwart einer am Eingange des Nahrungscanals befind- lichen, von einer hier abgesonderten Flüssigkeit leicht zu durchdringenden, schwammigen Fläche, unter welcher sich Nervenzweige endigen, die analogen Ursprungs wie die Zungennerven des Menschen sind; Aehnlichkeit jener Flüssigkeit mit dem Speichel in Rücksicht auf die auflö- sende Kraft und die indifferente Mischung der- selben, und unmittelbare Berührung der zu schmeckenden Substanz mit der nervenreichen Fläche nach vorhergegangener Befeuchtung der Substanz mit dem speichelartigen Saft. Diese Merkmale sind aber freylich so unzureichend und die Aeusserungen der Thiere sowohl im natürlichen Zustande, als bey Versuchen, denen man sie unterworfen hat, oft so zweydeutig, dass in vielen Fällen nicht mehr als blosse Vermuthungen über die Verbreitung des Ge- schmackssinns in den verschiedenen Classen und Familien des Thierreichs möglich sind. Am wenigsten lässt sich über das Verhältniss des Speichels zum Geschmackssinn bey den
Thie-
Q 4
Zunge anstellt, weil durch die hierbey statt findende Spannung der letztern ihre Reitzbarkeit sehr vermindert wird.
So giebt es denn von der Gegenwart des Geschmackssinns im Allgemeinen keine andere organische Kennzeichen, als die Gegenwart einer am Eingange des Nahrungscanals befind- lichen, von einer hier abgesonderten Flüssigkeit leicht zu durchdringenden, schwammigen Fläche, unter welcher sich Nervenzweige endigen, die analogen Ursprungs wie die Zungennerven des Menschen sind; Aehnlichkeit jener Flüssigkeit mit dem Speichel in Rücksicht auf die auflö- sende Kraft und die indifferente Mischung der- selben, und unmittelbare Berührung der zu schmeckenden Substanz mit der nervenreichen Fläche nach vorhergegangener Befeuchtung der Substanz mit dem speichelartigen Saft. Diese Merkmale sind aber freylich so unzureichend und die Aeuſserungen der Thiere sowohl im natürlichen Zustande, als bey Versuchen, denen man sie unterworfen hat, oft so zweydeutig, daſs in vielen Fällen nicht mehr als bloſse Vermuthungen über die Verbreitung des Ge- schmackssinns in den verschiedenen Classen und Familien des Thierreichs möglich sind. Am wenigsten läſst sich über das Verhältniſs des Speichels zum Geschmackssinn bey den
Thie-
Q 4
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Zunge anstellt, weil durch die hierbey statt
findende Spannung der letztern ihre Reitzbarkeit
sehr vermindert wird.
So giebt es denn von der Gegenwart des
Geschmackssinns im Allgemeinen keine andere
organische Kennzeichen, als die Gegenwart
einer am Eingange des Nahrungscanals befind-
lichen, von einer hier abgesonderten Flüssigkeit
leicht zu durchdringenden, schwammigen Fläche,
unter welcher sich Nervenzweige endigen, die
analogen Ursprungs wie die Zungennerven des
Menschen sind; Aehnlichkeit jener Flüssigkeit
mit dem Speichel in Rücksicht auf die auflö-
sende Kraft und die indifferente Mischung der-
selben, und unmittelbare Berührung der zu
schmeckenden Substanz mit der nervenreichen
Fläche nach vorhergegangener Befeuchtung der
Substanz mit dem speichelartigen Saft. Diese
Merkmale sind aber freylich so unzureichend
und die Aeuſserungen der Thiere sowohl im
natürlichen Zustande, als bey Versuchen, denen
man sie unterworfen hat, oft so zweydeutig,
daſs in vielen Fällen nicht mehr als bloſse
Vermuthungen über die Verbreitung des Ge-
schmackssinns in den verschiedenen Classen
und Familien des Thierreichs möglich sind.
Am wenigsten läſst sich über das Verhältniſs
des Speichels zum Geschmackssinn bey den
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/259>, abgerufen am 21.11.2024.
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