Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822.

Bild:
<< vorherige Seite

vollkommenere oder unvollkommenere Organi-
sation der Sehewerkzeuge entsprechen. Eine
Gradation in der Ausbildung dieser Theile be-
merken wir allerdings auch, und die Beziehung,
worin die Bildung zur Funktion steht, ist beym
Gesichtssinn auf den meisten der niedrigern
Stufen sehr einleuchtend, da es sich bey den
übrigen Sinnen nicht so verhält.

Die Grundbedingung des Sehens im Allge-
meinen ist Zutritt des Lichts zu den äussern
Enden von Nerven, die Empfänglichkeit für die
Einwirkung des Lichts besitzen. Wo die Haut-
nerven diese Empfänglichkeit haben und die
Oberhaut durchsichtig genug ist, wird die ganze
Oberfläche des Körpers Gesichtsorgan seyn. Auf
solche Art sind vielleicht die Zoophyten zum
Sehen organisirt, doch aber nur zu dem un-
vollkommensten Sehen, das sich blos auf die
Unterscheidung von Licht und Farben erstrecken
kann.

Wahrnehmung von Gegenständen kann nur
durch eine durchsichtige Fläche geschehen, deren
inwendige Seite mit einer Nervenausbreitung
bedeckt ist, auf welcher letztern jeder einzelne
Punkt entweder nur von Einem der sämmtlichen
Strahlen, die jeder Punkt eines erleuchteten
Gegenstandes nach allen Seiten aussendet, oder
von einer Vereinigung aller dieser Strahlen ge-

trof-

vollkommenere oder unvollkommenere Organi-
sation der Sehewerkzeuge entsprechen. Eine
Gradation in der Ausbildung dieser Theile be-
merken wir allerdings auch, und die Beziehung,
worin die Bildung zur Funktion steht, ist beym
Gesichtssinn auf den meisten der niedrigern
Stufen sehr einleuchtend, da es sich bey den
übrigen Sinnen nicht so verhält.

Die Grundbedingung des Sehens im Allge-
meinen ist Zutritt des Lichts zu den äuſsern
Enden von Nerven, die Empfänglichkeit für die
Einwirkung des Lichts besitzen. Wo die Haut-
nerven diese Empfänglichkeit haben und die
Oberhaut durchsichtig genug ist, wird die ganze
Oberfläche des Körpers Gesichtsorgan seyn. Auf
solche Art sind vielleicht die Zoophyten zum
Sehen organisirt, doch aber nur zu dem un-
vollkommensten Sehen, das sich blos auf die
Unterscheidung von Licht und Farben erstrecken
kann.

Wahrnehmung von Gegenständen kann nur
durch eine durchsichtige Fläche geschehen, deren
inwendige Seite mit einer Nervenausbreitung
bedeckt ist, auf welcher letztern jeder einzelne
Punkt entweder nur von Einem der sämmtlichen
Strahlen, die jeder Punkt eines erleuchteten
Gegenstandes nach allen Seiten aussendet, oder
von einer Vereinigung aller dieser Strahlen ge-

trof-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0446" n="428"/>
vollkommenere oder unvollkommenere Organi-<lb/>
sation der Sehewerkzeuge entsprechen. Eine<lb/>
Gradation in der Ausbildung dieser Theile be-<lb/>
merken wir allerdings auch, und die Beziehung,<lb/>
worin die Bildung zur Funktion steht, ist beym<lb/>
Gesichtssinn auf den meisten der niedrigern<lb/>
Stufen sehr einleuchtend, da es sich bey den<lb/>
übrigen Sinnen nicht so verhält.</p><lb/>
              <p>Die Grundbedingung des Sehens im Allge-<lb/>
meinen ist Zutritt des Lichts zu den äu&#x017F;sern<lb/>
Enden von Nerven, die Empfänglichkeit für die<lb/>
Einwirkung des Lichts besitzen. Wo die Haut-<lb/>
nerven diese Empfänglichkeit haben und die<lb/>
Oberhaut durchsichtig genug ist, wird die ganze<lb/>
Oberfläche des Körpers Gesichtsorgan seyn. Auf<lb/>
solche Art sind vielleicht die Zoophyten zum<lb/>
Sehen organisirt, doch aber nur zu dem un-<lb/>
vollkommensten Sehen, das sich blos auf die<lb/>
Unterscheidung von Licht und Farben erstrecken<lb/>
kann.</p><lb/>
              <p>Wahrnehmung von Gegenständen kann nur<lb/>
durch eine durchsichtige Fläche geschehen, deren<lb/>
inwendige Seite mit einer Nervenausbreitung<lb/>
bedeckt ist, auf welcher letztern jeder einzelne<lb/>
Punkt entweder nur von Einem der sämmtlichen<lb/>
Strahlen, die jeder Punkt eines erleuchteten<lb/>
Gegenstandes nach allen Seiten aussendet, oder<lb/>
von einer Vereinigung aller dieser Strahlen ge-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">trof-</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[428/0446] vollkommenere oder unvollkommenere Organi- sation der Sehewerkzeuge entsprechen. Eine Gradation in der Ausbildung dieser Theile be- merken wir allerdings auch, und die Beziehung, worin die Bildung zur Funktion steht, ist beym Gesichtssinn auf den meisten der niedrigern Stufen sehr einleuchtend, da es sich bey den übrigen Sinnen nicht so verhält. Die Grundbedingung des Sehens im Allge- meinen ist Zutritt des Lichts zu den äuſsern Enden von Nerven, die Empfänglichkeit für die Einwirkung des Lichts besitzen. Wo die Haut- nerven diese Empfänglichkeit haben und die Oberhaut durchsichtig genug ist, wird die ganze Oberfläche des Körpers Gesichtsorgan seyn. Auf solche Art sind vielleicht die Zoophyten zum Sehen organisirt, doch aber nur zu dem un- vollkommensten Sehen, das sich blos auf die Unterscheidung von Licht und Farben erstrecken kann. Wahrnehmung von Gegenständen kann nur durch eine durchsichtige Fläche geschehen, deren inwendige Seite mit einer Nervenausbreitung bedeckt ist, auf welcher letztern jeder einzelne Punkt entweder nur von Einem der sämmtlichen Strahlen, die jeder Punkt eines erleuchteten Gegenstandes nach allen Seiten aussendet, oder von einer Vereinigung aller dieser Strahlen ge- trof-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/446
Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 428. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/446>, abgerufen am 22.11.2024.