Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742.[Spaltenumbruch] Rot gleich kommt, ausser daß es einwenig länger seyn mögte als das Rothkehligen. Jnsgemein zehlet man deren zweyerley, den Garten-Röthling oder das Gar- Stadt-Rothschwäntzlein ist etwas Rot Städten und grossen Schlössern,in Häusern, und setzet sein Nest auf eine Thüre oder auf einen Balcken hin, allwo es, ob selbiges gleich nirgends angehefftet, den- noch fest stehen bleibet. Das weißköpffigte oder Garten-Roth- schwäntzlein aber brütet zwar nicht anders als auf hohen Bäumen, hat aber nur darum der hohen Bäume nöthig, weil auf jungen Bäumen kein Loch zu finden ist, wenn es aber ein Loch findet, gilt es ihm gleich, ob selbiges weit oben am Baum, oder weit unten ist, und wenn grosse Bäume nahe bey Mauren stehen, machet selbiges auch sein Nest in die Mauer Lö- cher oder unter die Dächer. Sie bringen mehrentheils vier bis fünf Junge aus. Das in Städten wohnende nähret sich mehr mit Fliegen und Mücken, als mit Würmen, und nimmt, was es fris- set, sowol als das andere, so auf den Bäumen Würme suchet, mit Verschlucken zu sich. Es lässet sich selten auf der Erde antreffen, sondern suchet seine Speise, wenn es nicht den Jungen zu Gefallen ebenfalls Würme von den Bäu- men holet, nur auf den Dächern, allwo es auch vermuthlich von den moosigten Ziegeln etwas genies- set. Das Garten-Rothschwäntz- lein aber suchet seine Nahrung gar öffters bey dem Aufenthalt der Nachtigallen. Von beyden bleibet keines das gantze Jahr durch bey uns. Das schwartz- brüstige lässet sich bald mitten im Mertzen auf den Dächern hören, und gehet um Michaelis hinweg; das Garten-Rothschwäntzlein aber kommt erst mitten im April, wenig Tage vor der Nachtigall, und dieses übertrifft an Lieblich- keit R r r 3
[Spaltenumbruch] Rot gleich kommt, auſſer daß es einwenig laͤnger ſeyn moͤgte als das Rothkehligen. Jnsgemein zehlet man deren zweyerley, den Garten-Roͤthling oder das Gar- Stadt-Rothſchwaͤntzlein iſt etwas Rot Staͤdten und groſſen Schloͤſſern,in Haͤuſern, und ſetzet ſein Neſt auf eine Thuͤre oder auf einen Balcken hin, allwo es, ob ſelbiges gleich nirgends angehefftet, den- noch feſt ſtehen bleibet. Das weißkoͤpffigte oder Garten-Roth- ſchwaͤntzlein aber bruͤtet zwar nicht anders als auf hohen Baͤumen, hat aber nur darum der hohen Baͤume noͤthig, weil auf jungen Baͤumen kein Loch zu finden iſt, wenn es aber ein Loch findet, gilt es ihm gleich, ob ſelbiges weit oben am Baum, oder weit unten iſt, und wenn groſſe Baͤume nahe bey Mauren ſtehen, machet ſelbiges auch ſein Neſt in die Mauer Loͤ- cher oder unter die Daͤcher. Sie bringen mehrentheils vier bis fuͤnf Junge aus. Das in Staͤdten wohnende naͤhret ſich mehr mit Fliegen und Muͤcken, als mit Wuͤrmen, und nimmt, was es friſ- ſet, ſowol als das andere, ſo auf den Baͤumen Wuͤrme ſuchet, mit Verſchlucken zu ſich. Es laͤſſet ſich ſelten auf der Erde antreffen, ſondern ſuchet ſeine Speiſe, wenn es nicht den Jungen zu Gefallen ebenfalls Wuͤrme von den Baͤu- men holet, nur auf den Daͤchern, allwo es auch vermuthlich von den mooſigten Ziegeln etwas genieſ- ſet. Das Garten-Rothſchwaͤntz- lein aber ſuchet ſeine Nahrung gar oͤffters bey dem Aufenthalt der Nachtigallen. Von beyden bleibet keines das gantze Jahr durch bey uns. Das ſchwartz- bruͤſtige laͤſſet ſich bald mitten im Mertzen auf den Daͤchern hoͤren, und gehet um Michaelis hinweg; das Garten-Rothſchwaͤntzlein aber kommt erſt mitten im April, wenig Tage vor der Nachtigall, und dieſes uͤbertrifft an Lieblich- keit R r r 3
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Rot
Rot
gleich kommt, auſſer daß es ein
wenig laͤnger ſeyn moͤgte als das
Rothkehligen. Jnsgemein zehlet
man deren zweyerley, den
Garten-Roͤthling oder das Gar-
ten-Rothſchwaͤntzlein, ſo in hoh-
len Baͤumen bruͤtet, iſt auf dem
Kopffe weiß; die uͤbrige Farbe,
ſowol an dem Ruͤcken, als an den
Fluͤgeln, iſt lichtbraun, faſt wie
bey einer Nachtigall, ſo doch et-
was mehr auf blaulicht ſich zu-
neiget; die Kehle iſt ſchwartz, und
die Bruſt roth; unten, wo der
Schwantz anfaͤngt, iſt es ein
wenig dunckel-weiß; der Schwantz
ſelbſt iſt Ziegel-roth, und das
Schnaͤbelein ſchwartz. Die Sie-
ke oder das Weiblein iſt vor dem
Maͤnnlein gar leicht zu erkennen,
weil es von allen ſeinen Farben
nicht eine einige, als allein den
Ziegel-rothen Schwantz hat, im
uͤbrigen iſt es am obern und un-
tern Leib licht-grau, und faſt
Aſchen-Farbe. Das
Stadt-Rothſchwaͤntzlein iſt etwas
groͤſſer, und nicht nur an dem
gantzen Kopff ſchwartz, ſondern
ſolche Schwaͤrtze gehet auch an
der Bruſt, und an dem Ruͤcken
ziemlich weit hinter. Die uͤbrige
Farbe ſowol am Ruͤcken als am
Bauch iſt ſehr dunckel-grau, und
hat gar nichts ſo helles als das
andere, der Schwantz aber iſt roth,
und das Schnaͤblein von gleicher
Geſtalt. Das Weiblein iſt ſo
gar an der Farbe dem Garten-
Rothſchwaͤntzlein-Weiblein gleich,
daß ſchwer zu unterſcheiden, zu
welcher Art es gehoͤre, es ſey
denn, daß man von beyden eines
in der Hand habe, und ſie gegen
einander halte, ſo ſiehet man wohl,
daß dieſes ſchwaͤrtzlichter iſt. Das
Stadt-Rothſchwaͤntzlein niſtet in
Staͤdten und groſſen Schloͤſſern,
in Haͤuſern, und ſetzet ſein Neſt
auf eine Thuͤre oder auf einen
Balcken hin, allwo es, ob ſelbiges
gleich nirgends angehefftet, den-
noch feſt ſtehen bleibet. Das
weißkoͤpffigte oder Garten-Roth-
ſchwaͤntzlein aber bruͤtet zwar nicht
anders als auf hohen Baͤumen,
hat aber nur darum der hohen
Baͤume noͤthig, weil auf jungen
Baͤumen kein Loch zu finden iſt,
wenn es aber ein Loch findet, gilt
es ihm gleich, ob ſelbiges weit oben
am Baum, oder weit unten iſt,
und wenn groſſe Baͤume nahe bey
Mauren ſtehen, machet ſelbiges
auch ſein Neſt in die Mauer Loͤ-
cher oder unter die Daͤcher. Sie
bringen mehrentheils vier bis fuͤnf
Junge aus. Das in Staͤdten
wohnende naͤhret ſich mehr mit
Fliegen und Muͤcken, als mit
Wuͤrmen, und nimmt, was es friſ-
ſet, ſowol als das andere, ſo auf
den Baͤumen Wuͤrme ſuchet, mit
Verſchlucken zu ſich. Es laͤſſet
ſich ſelten auf der Erde antreffen,
ſondern ſuchet ſeine Speiſe, wenn
es nicht den Jungen zu Gefallen
ebenfalls Wuͤrme von den Baͤu-
men holet, nur auf den Daͤchern,
allwo es auch vermuthlich von den
mooſigten Ziegeln etwas genieſ-
ſet. Das Garten-Rothſchwaͤntz-
lein aber ſuchet ſeine Nahrung
gar oͤffters bey dem Aufenthalt
der Nachtigallen. Von beyden
bleibet keines das gantze Jahr
durch bey uns. Das ſchwartz-
bruͤſtige laͤſſet ſich bald mitten im
Mertzen auf den Daͤchern hoͤren,
und gehet um Michaelis hinweg;
das Garten-Rothſchwaͤntzlein
aber kommt erſt mitten im April,
wenig Tage vor der Nachtigall,
und dieſes uͤbertrifft an Lieblich-
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