Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742.[Spaltenumbruch] Zai Hand und Stimme liebkosen, et-was zu essen geben, und dieses kan man etliche Tage continuiren und fortsetzen. Wenn man nun ein Pferd hierzu bringt, so ist das erste Fundament vernünfftig und wohl gelegt, und wenn das Mund- stück und Stangen einem jungen Pferde dienlich ist, wirds desto lieber von ihm angenommen, bleibt vom Kopff desto steter und aufrechter: Hingegen wann ihme das scharffe Mundstück zuwider, wird es unruhig, und stellt sich zu allen ungeberdig, hänget den Kopff, und liegt schwer in der Faust, so eine nicht geringe Un- tugend ist. Also gehört, ein Pferd recht und gut zu zäumen, Kunst und Erfahrung darzu, es ist auch die Beschaffenheit des Mauls, ob es seicht oder tieff, ob die Leffzen dick oder dünne, ob das Kinn zart oder hart, ob die Zunge dick oder schmal, lang oder kurtz sey, und mehr andere Umstände zu betrach- ten, und sowol das Mundstück, als auch die Stangen und Kinn- ketten darnach einzurichten, daß die Stangen nicht zu lang noch zu kurtz, das Gebiß weder zu enge, noch zu weit, und die Kinnketten weder zu klein noch zu plump und schwer sey, damit die Einstim- mung eines mit dem andern alles leichter und behäglicher mache. Zains, les chevaux Zains, Nennen die Frantzosen, die dun- Zau Zani, Geck, Nennen die Frantzosen ein Zaumführung zu Pferde, Geschieht mit der lincken Hand bet,
[Spaltenumbruch] Zai Hand und Stimme liebkoſen, et-was zu eſſen geben, und dieſes kan man etliche Tage continuiren und fortſetzen. Wenn man nun ein Pferd hierzu bringt, ſo iſt das erſte Fundament vernuͤnfftig und wohl gelegt, und wenn das Mund- ſtuͤck und Stangen einem jungen Pferde dienlich iſt, wirds deſto lieber von ihm angenommen, bleibt vom Kopff deſto ſteter und aufrechter: Hingegen wann ihme das ſcharffe Mundſtuͤck zuwider, wird es unruhig, und ſtellt ſich zu allen ungeberdig, haͤnget den Kopff, und liegt ſchwer in der Fauſt, ſo eine nicht geringe Un- tugend iſt. Alſo gehoͤrt, ein Pferd recht und gut zu zaͤumen, Kunſt und Erfahrung darzu, es iſt auch die Beſchaffenheit des Mauls, ob es ſeicht oder tieff, ob die Leffzen dick oder duͤnne, ob das Kinn zart oder hart, ob die Zunge dick oder ſchmal, lang oder kurtz ſey, und mehr andere Umſtaͤnde zu betrach- ten, und ſowol das Mundſtuͤck, als auch die Stangen und Kinn- ketten darnach einzurichten, daß die Stangen nicht zu lang noch zu kurtz, das Gebiß weder zu enge, noch zu weit, und die Kinnketten weder zu klein noch zu plump und ſchwer ſey, damit die Einſtim- mung eines mit dem andern alles leichter und behaͤglicher mache. Zains, les chevaux Zains, Nennen die Frantzoſen, die dun- Zau Zani, Geck, Nennen die Frantzoſen ein Zaumfuͤhrung zu Pferde, Geſchieht mit der lincken Hand bet,
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Zai
Zau
Hand und Stimme liebkoſen, et-
was zu eſſen geben, und dieſes
kan man etliche Tage continuiren
und fortſetzen. Wenn man nun
ein Pferd hierzu bringt, ſo iſt das
erſte Fundament vernuͤnfftig und
wohl gelegt, und wenn das Mund-
ſtuͤck und Stangen einem jungen
Pferde dienlich iſt, wirds deſto
lieber von ihm angenommen,
bleibt vom Kopff deſto ſteter und
aufrechter: Hingegen wann ihme
das ſcharffe Mundſtuͤck zuwider,
wird es unruhig, und ſtellt ſich zu
allen ungeberdig, haͤnget den
Kopff, und liegt ſchwer in der
Fauſt, ſo eine nicht geringe Un-
tugend iſt. Alſo gehoͤrt, ein Pferd
recht und gut zu zaͤumen, Kunſt
und Erfahrung darzu, es iſt auch
die Beſchaffenheit des Mauls, ob
es ſeicht oder tieff, ob die Leffzen
dick oder duͤnne, ob das Kinn zart
oder hart, ob die Zunge dick oder
ſchmal, lang oder kurtz ſey, und
mehr andere Umſtaͤnde zu betrach-
ten, und ſowol das Mundſtuͤck,
als auch die Stangen und Kinn-
ketten darnach einzurichten, daß
die Stangen nicht zu lang noch zu
kurtz, das Gebiß weder zu enge,
noch zu weit, und die Kinnketten
weder zu klein noch zu plump und
ſchwer ſey, damit die Einſtim-
mung eines mit dem andern alles
leichter und behaͤglicher mache.
Zains, les chevaux Zains,
Nennen die Frantzoſen, die dun-
ckeln, einfaͤrbigen, widerſpenſti-
gen, untreuen, zornigen, ſcheuen,
wilden und ungluͤckhafften Pferde,
welche auſſer eines Temperaments
und Vermiſchung der weiſſen Zei-
chen zu ſcheuen ſind, in welchen
entweder die Cholera oder Melan-
cholia gar zu uͤbermaͤßig herrſchet.
Zani, Geck,
Nennen die Frantzoſen ein
Pferd, welches luſtigen Humeurs
iſt, gerne mit dem Maul ſpielet,
und (wie ein Hund) anfaſſet, was
man ihm vorhaͤlt, dergleichen
Pferde ſind leicht zu dreſſiren.
Abſonderlich iſt die Engliſche
Kunſt ihnen beyzubringen.
Zaumfuͤhrung zu Pferde,
Geſchieht mit der lincken Hand
dergeſtalt, daß der Gold-Finger
allewege zwiſchen beyden Zuͤgeln
ſey, und daß der kleine Finger
unter ſich, und der Daum uͤber
ſich ſtehe, damit man beyde Zuͤgel
alſo wohl und feſt halten, und in
voͤlliger Hand fuͤhren mag; denn
ſolche Fuͤhrung des Zaums zwin-
get ein Pferd zu willigem Gehor-
ſam, und beſtehet in ſechſerley
Arten, als (1) vorwerts, mit dem
gantzen Arm dem Pferde Lufft zu
machen, und fortzuhelffen; (2)
aufwerts, wenn ſich der halbe
Arm etwas vor begeben muß,
welches eine Huͤlffe zum avanciren
oder pariren iſt: wo ſie aber mit
Staͤrcke geſchiehet, ſo iſt es eine
Straffe, damit man dem Pferde
das Niederdrucken verwehren kan;
(3) ruͤckwerts, iſt eine Huͤlffe zum
Auf halten und Zuruͤckgehen; (4)
abwerts, iſt es eine Huͤlffe ſolchen
Pferden, welche die Koͤpffe hoch
und weit hinaus ſtrecken, dieſelbe
dadurch herunter in die gute Po-
ſitur zu bringen; (5) auswerts,
dienet es zur Wendung, wohin
ſich die Fauſt beweget; (6) ein-
werts, dieſe Bewegung dependi-
ret von den vorhergehenden, weil
eine ohne die andere nicht geſche-
hen kan, dahero dieſe ſubtile
Zaumfuͤhrung einen ſolchen Effect
in ſich hat, indem ſich die Fauſt
im Vorwertshalten zugleich erhe-
bet,
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