Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742.[Spaltenumbruch]
Cap Caprice d' un cheval, Bosheit und Zorn eines Pferds, Capricetto, Ein gantz kurtzer Einfall, eine Capricioso, Auf zufällige Art, ohne vor- Caprioles, Heissen auf Tantz-Böden, son- Cap aufspringet, sich auflehnet, auf-bäumet. Man soll sich aber der Capriolen in der Composition ei- nes Tantzes nicht anders bedienen, als wie die Goldschmiede mit den Edelgesteinen thun bey Verferti- gung eines Schmuckes, das ist, man muß deren nur wenige an- bringen. Das Caprioliren ist ein Werck für Manns-Personen, als bey welchen weit stärckere Force, als bey dem weiblichen Geschlech- te, gefunden wird; denn dieses zarte Geschlecht zieret und machet nichts mehr angenehm, als das Douceur, zumal wenn dieses mit einer niedlichen Taille und galan- ten Mine begleitet wird. Die Ca- priolen werden eingetheilet in eigentliche Caprioles und Entre- chats. Beyde Gattungen aber sind nur darinnen von einander unterschieden, daß man die Ca- priolen mit den Beinen in der Luft battiret und gegen einander schläget, bey den Entrechats aber mit einem Fusse um den andern wechselsweise vor und hinten cou- piret. Alle Arten der Capriolen pflegen die Tantzmeister in 4 Clas- sen abzutheilen, als 1) in gleiche, 2) in Seiten- 3) in Vörder- und 4) in Rück-Capriolen und Entre- chats. Bey allen diesen Arten wird das Tempo entweder auf beyden Beinen genommen, wenn man sich durch Beugen und Heben mit beyden Füssen starck in die Lufft schwinget, und daselbst eini- ge Schritte formiret, ehe man wieder auf die Erde fället; oder auf einem Beine allein, wenn der eine Fuß schon in der Luft ist, und der andere indessen durch Beugen und starckes Strecken den Leib in die Lufft wirft, und nach einigen Luft-Schritten der springende Fuß ehe,
[Spaltenumbruch]
Cap Caprice d’ un cheval, Bosheit und Zorn eines Pferds, Capricetto, Ein gantz kurtzer Einfall, eine Capricioſo, Auf zufaͤllige Art, ohne vor- Caprioles, Heiſſen auf Tantz-Boͤden, ſon- Cap aufſpringet, ſich auflehnet, auf-baͤumet. Man ſoll ſich aber der Capriolen in der Compoſition ei- nes Tantzes nicht anders bedienen, als wie die Goldſchmiede mit den Edelgeſteinen thun bey Verferti- gung eines Schmuckes, das iſt, man muß deren nur wenige an- bringen. Das Caprioliren iſt ein Werck fuͤr Manns-Perſonen, als bey welchen weit ſtaͤrckere Force, als bey dem weiblichen Geſchlech- te, gefunden wird; denn dieſes zarte Geſchlecht zieret und machet nichts mehr angenehm, als das Douceur, zumal wenn dieſes mit einer niedlichen Taille und galan- ten Mine begleitet wird. Die Ca- priolen werden eingetheilet in eigentliche Caprioles und Entre- chats. Beyde Gattungen aber ſind nur darinnen von einander unterſchieden, daß man die Ca- priolen mit den Beinen in der Luft battiret und gegen einander ſchlaͤget, bey den Entrechats aber mit einem Fuſſe um den andern wechſelsweiſe vor und hinten cou- piret. Alle Arten der Capriolen pflegen die Tantzmeiſter in 4 Claſ- ſen abzutheilen, als 1) in gleiche, 2) in Seiten- 3) in Voͤrder- und 4) in Ruͤck-Capriolen und Entre- chats. Bey allen dieſen Arten wird das Tempo entweder auf beyden Beinen genommen, wenn man ſich durch Beugen und Heben mit beyden Fuͤſſen ſtarck in die Lufft ſchwinget, und daſelbſt eini- ge Schritte formiret, ehe man wieder auf die Erde faͤllet; oder auf einem Beine allein, wenn der eine Fuß ſchon in der Luft iſt, und der andere indeſſen durch Beugen und ſtarckes Strecken den Leib in die Lufft wirft, und nach einigen Luft-Schritten der ſpringende Fuß ehe,
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Cap
Cap
Caprice d’ un cheval,
Bosheit und Zorn eines Pferds,
iſt ein ſo ſchaͤdliches, als allgemei-
nes Laſter, welches der Abrich-
tung, Uibung und Gebrauch,
durchgehends hinderlich, gefaͤhr-
lich und ſchaͤdlich iſt, und bey et-
lichen Pferden ſo hefftig entbrannt,
daß wann ſie unter einander zu-
ſammen gerathen, ſie weder ſchla-
gen noch abwehren achten wollen,
und ohne groſſe Muͤh und Arbeit,
auch verurſachten Schaden nicht
von einander zu bringen ſind, und
wenn es ihnen ja gewehret wor-
den, ſie wenigſtens gegen einan-
der aufſteigen und mit begierigen
Geberden zeigen, was ſie nicht
vollbringen koͤnnen.
Capricetto,
Ein gantz kurtzer Einfall, eine
kleine Fantaſie.
Capricioſo,
Auf zufaͤllige Art, ohne vor-
laͤuffiges Darauf dencken.
Caprioles,
Heiſſen auf Tantz-Boͤden, ſon-
derlich kuͤnſtliche Spruͤnge, da der
Leib des Tantzenden in rechtem
Tempo, und in wohl obſervirter
Cadentz ſich in die Lufft erhebet,
und mit den Fuͤſſen Creutzweis,
vor- oder hinter, oder auch ſeit-
werts eine friſirte oder battirte Ca-
priole geſchnitten wird. Es koͤmmt
her von Capreolis, den kleinen Zie-
gen, welche directo corpore of-
termals allerhand artige und poſ-
ſierliche Spruͤnge machen. Ande-
re aber ſchreiben Cabrioles, und
leiten es von cabrer her, weil
cabrer un cheval ſo viel heiſſet, als
equum in poſteriores pedes rectum
ſtatuere, machen, daß ein Pferd
aufſpringet, ſich auflehnet, auf-
baͤumet. Man ſoll ſich aber der
Capriolen in der Compoſition ei-
nes Tantzes nicht anders bedienen,
als wie die Goldſchmiede mit den
Edelgeſteinen thun bey Verferti-
gung eines Schmuckes, das iſt,
man muß deren nur wenige an-
bringen. Das Caprioliren iſt ein
Werck fuͤr Manns-Perſonen, als
bey welchen weit ſtaͤrckere Force,
als bey dem weiblichen Geſchlech-
te, gefunden wird; denn dieſes
zarte Geſchlecht zieret und machet
nichts mehr angenehm, als das
Douceur, zumal wenn dieſes mit
einer niedlichen Taille und galan-
ten Mine begleitet wird. Die Ca-
priolen werden eingetheilet in
eigentliche Caprioles und Entre-
chats. Beyde Gattungen aber
ſind nur darinnen von einander
unterſchieden, daß man die Ca-
priolen mit den Beinen in der
Luft battiret und gegen einander
ſchlaͤget, bey den Entrechats aber
mit einem Fuſſe um den andern
wechſelsweiſe vor und hinten cou-
piret. Alle Arten der Capriolen
pflegen die Tantzmeiſter in 4 Claſ-
ſen abzutheilen, als 1) in gleiche,
2) in Seiten- 3) in Voͤrder- und
4) in Ruͤck-Capriolen und Entre-
chats. Bey allen dieſen Arten
wird das Tempo entweder auf
beyden Beinen genommen, wenn
man ſich durch Beugen und Heben
mit beyden Fuͤſſen ſtarck in die
Lufft ſchwinget, und daſelbſt eini-
ge Schritte formiret, ehe man
wieder auf die Erde faͤllet; oder
auf einem Beine allein, wenn der
eine Fuß ſchon in der Luft iſt, und
der andere indeſſen durch Beugen
und ſtarckes Strecken den Leib in
die Lufft wirft, und nach einigen
Luft-Schritten der ſpringende Fuß
ehe,
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